Deutsche Unternehmen halten sich bei Start-up-Käufen zurück.
In den USA vergeht gefühlt kaum ein Tag, an dem kein Tech-Start-up von einem größeren Unternehmen geschluckt wird. Doch während in den Vereinigten Staaten der Zukauf von jungen Unternehmen weit verbreitet ist, halten sich deutsche Firmen auffällig zurück - und verschenken dadurch Innovationspotenzial. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Untersuchung von
Germantech Digital.
Demnach haben gerade einmal 166 deutsche Start-ups im Untersuchungszeitraum von 2012 bis 2016 den Besitzer gewechselt. Zum Vergleich: In den USA waren es 4654 (siehe Infografik unten). Deutsche Unternehmen kaufen zudem dreimal weniger Start-ups als Unternehmen aus Großbritannien - und das, obwohl das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 42 Prozent höher ist. "Wenn es um Akquisitionen und Exits geht, ist Deutschland im Vergleich zu den USA ein Entwicklungsland", schlussfolgern die Studienmacher.
Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 287 deutsche Start-ups gekauft. Doch nur ein Bruchteil (90 Start-ups) gingen auch an ein deutsches Unternehmen. Wie die Studienmacher vorrechnen, haben in den vier Jahren insgesamt gerade einmal 43 hiesige Corporates, also etablierte Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern, überhaupt nennenswerte Start-up-Akquisitionen durchgeführt, heißt es. Am aktivsten zeigte sich hierbei der Tech-Gigant SAP, der sogar das EU-weite Übernahme-Ranking anführt.
Besonders investitionsfreudig zeigte sich auch beispielsweise die Deutsche Börse, die 2015 das Start-up 360T Trading für 725 Millionen Euro übernahm. Auch Adidas schluckte vor zwei Jahren die Lauf-App Runtastic für eine relativ hohe Summe von 220 Millionen Euro. Pro Sieben Sat 1 übernahm ebenfalls vor zwei Jahren das Vergleichsportal Verivox für 210 Millionen Euro. Doch insgesamt, so die Studienmacher, sind die deutschen Unternehmen dennoch viel zu zaghaft.
Nach den Gründen für die Zurückhaltung gefragt, antworten die Unternehmen vor allem mit Problemen, die durch die unterschiedlichen Arbeitsweisen bei etablierten Dickschiffen und agilen Start-ups enstehen würden. Außerdem würden sich die hiesigen Corporates am Verlust der Entscheidungsfreiheiten stören, die mit der Übernahme von Start-ups oftmals einhergingen. Auch technische Hürden im IT-Bereich, Diskussionen zum Datenschutz sowie der Verlust des Führungsteams des Start-ups nach der Akquisition wird von Corporates gefürchtet.
ron Infografik:
Infografik: Warum deutsche Firmen keine Start-ups kaufen.