Salesforce-Manager Bernd Wagner

"Third Party war Big Data"

Bernd Wagner, Senior Vice President Salesforce DACH
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Bernd Wagner, Senior Vice President Salesforce DACH
First-Party-Strategien werden dazu führen, dass die Ansprache von Bestandskunden besser wird. Ein Gespräch mit Bernd Wagner, Marketing Cloud Experte bei Salesforce, über die veränderte Erwartungshaltung der Kunden, neue Trends im Cloud-Geschäft und das Aktivierungspotenzial von Print Mailing.
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 Seit ein paar Wochen werden First-Party-Data-Strategien sehr intensiv diskutiert. Ist die Branche darauf schon richtig eingestellt oder werden die entscheidenden Schritte erst vollzogen, wenn jetzt Google endgültig den Riegel vorschiebt?
Wir sind mitten in einem Jahr, in dem sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Werbebotschaften ändern. GDPR (Anmerk. d. Red.: General Data Protection Regulation / Datenschutz Grundverordnung) war nur ein erster Schritt. Jetzt werden nach und nach die Rechte der Konsumenten in der Frage, welche Daten erhoben und benutzt werden dürfen, weiter verstärkt. Das treibt die Unternehmen dazu, sich selber ihre Datenbasis aufzubauen, eigenständig zu verwalten und so mehr über ihre Kunden zu lernen. Eine Gruppe an Early Adoptern sieht das als Chance und hat sehr früh damit begonnen, ihre Lösungen und Technologien daraufhin auszurichten. Aber die breite Masse hat lange Zeit abgewartet und sich darauf verlassen, dass die Industrie schon eine alternative Lösung finden wird. 


Setzt da allmählich ein Umdenken ein?
Ja. Wir haben viele Kunden, die gerade über Customer Data Plattformen, CDP, diskutieren und überlegen, wie sie eine nachhaltige Datenstrategie auf Basis eigener First-Party-Assets aufbauen und das, was an Kundendaten schon vorhanden ist, nutzen können. 

Werden die First-Party-Strategien so gut greifen, wie man es bisher mit der Verwendung der Third-Party-Cookies in der Werbung gewöhnt war oder wird man Einschränkungen hinnehmen müssen?
Man hat nicht mehr die Reichweite. Third-Party-Cookies war Big Data. Da ging es mehr um Masse als um Präzision. Mit einer First-Party-Daten-Strategie komme ich aus einer anderen Richtung. Da geht es um Fragen wie? Wo kann ich mehr über die Kunden erfahren? Wo kann ich mehr über ihre Interessen lernen? Und wie kann ich diese Erkenntnisse in Echtzeit nutzen? Viele Kaufprozesse laufen heute über mehrere Kanäle ab. Die Kunden erwarten, dass ihre Customer Experience schnell und konsistent ist. Mit den Performance-Parametern aus den First-Party-Daten hat man die Chance, diese zu erfüllen. 
Third-Party-Cookies war Big Data. Da ging es mehr um Masse als um Präzision. Mit einer First-Party-Daten-Strategie komme ich aus einer anderen Richtung.
Bernd Wagner
Bedeutet das, dass die Neukundenansprache komplizierter wird, aber die Bestandskundenansprache präziser?
Das geht vielleicht einen Schritt zu weit. Aber die Bestandskundenansprache wird auf jeden Fall besser. Sie muss aber auch besser werden. Aber der Präzisionsansatz gilt auch für das Finden von Neukunden – über Lookalikes, Walled Gardens, Loyalitätsprogramme, Social Media oder Events. 

Welche Bewegungen lösen diese Entwicklungen im Cloud-Geschäft aus?
CDP sind ein großes Thema, wobei der Begriff für jeden eine andere Bedeutung hat. Aus unserer Sicht gibt es hier zwei Bereiche. Der eine ist Insights-orientiert – hier werden Daten gesammelt, analysiert und ausgewertet. Der andere sind Engagement-CDPs. Da geht es um Echtzeit-Personalisierung über unterschiedliche Kanäle. So sollte beispielsweise der E-Mail-Content erst bei der Öffnung personalisiert werden. Aus unserer Sicht sind beide Themen gleich wichtig und müssen in einer technologischen Lösung enthalten sein. 

Betrifft das B2C und B2B gleichermaßen? 
Die B2B-Käufer haben sogar eine leicht höhere Erwartungshaltung. Die sagen sich: "Die müssen mich doch kennen. Die wissen doch, was ich bei ihnen gekauft und vorher bezahlt habe." Und weil es beim Volumen oft um interessante Größenordnungen geht, erwarten sie auch eine sofortige Reaktion. 

Salesforce hat kürzlich bekannt gegeben, dass in Kooperation mit der Deutschen Post das Print Mailing in die Cloud integriert wurde. Welche Rolle soll dieses analoge Medium in der Ansprache übernehmen?
Das Print Mailing ist ein interessanter Aktivierungskanal und hat auch entsprechend gute Responseraten. Die Integration ist für einen Marketer hoch interessant. Er kann jetzt in unserem Journey Builder vorher festlegen, dass beispielsweise Kunden, die auf eine E-Mail nicht reagiert haben, automatisch über eine Print-Kommunikation angesprochen werden. Vielleicht ist für sie der E-Mail-Kanal stumpf geworden und ich kann so mit ihnen wieder ins Engagement kommen. Über einen QR-Code auf dem Print-Mailing kann ich sie dann beispielsweise später wieder identifizieren und den Erfolg meiner Kampagne messen. Print Mailing ist ein Kanal, der funktioniert, und für uns ist es die Möglichkeit, ihn in die Journey vollkommen bruchfrei einzubinden. Dabei werden Bilder, Ansprache und Angebote genauso personalisiert, wie man das aus einer E-Mail kennt – und das völlig automatisiert, wie bei einer digitalen Ansprache. 
Sind für Salesforce noch andere Offline-Medien für eine Integration in die Cloud interessant? 
Die App von der Deutschen Post bietet schon sehr viele Möglichkeiten. Ich kann mich für Briefe, Postkarten oder Flyer in unterschiedlichen Qualitäten entscheiden und alles mit Bildern und Grafiken personalisieren. Das andere Offline-Medium, das immer im Fokus ist, ist der Retail-Kanal. Da, wo Menschen in ein Ladengeschäft gehen, die ich nicht unbedingt identifizieren kann, wird das Thema Loyalty wichtiger. Der Retail-Kanal ist definitiv auch wichtig, um ein konsistentes Markenerlebnis hinzukriegen. 

Muss sich damit auch die werbliche Ansprache ändern? 
Künftig wird es stark um die Frage gehen: Ist das Werbung oder Service? Wir müssen es schaffen, dass Marketing wie ein Service wahrgenommen wird und nicht als Werbebotschaft. Und wir müssen mit den Kunden in einen interaktiven Dialog kommen, mit den relevanten Themen im richtigen Timing, am richtigen Kontaktpunkt. Das sagen wir zwar seit vielen Jahren. Aber die Möglichkeiten, das wirklich umzusetzen, werden immer besser. 




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