VR-Experte Maik Herrmann

"Niemand will ständig mit dem Smartphone seine Umgebung abscannen"

Maik Herrmann hat die Leitung der BVDW-Initiative zu VR und AR übernommen
BVDW
Maik Herrmann hat die Leitung der BVDW-Initiative zu VR und AR übernommen
"Weder Virtual noch Augmented Reality sind bislang im Massenmarkt angekommen.“ Das sagt Maik Herrmann, Client Service Director bei Publicis Pixelpark. Gleichzeitig ist er für den BVDW angetreten, das zu ändern. Als frisch gekürter Leiter der Initiative Virtual und Augmented Reality im Bundesverband Digitale Wirtschaft will Herrmann dafür sorgen, dass Unternehmen sich schon jetzt auf den Durchbruch der immersiven Technologien vorbereiten und sich mit den Auswirkungen auf ihre Geschäftsmodelle befassen.
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Neben den Bereichen Smart Home, Connected Mobility, Digital Commerce und Digitale Industrie/Fertigung ist die Initiative zu VR und AR die jüngste Ergänzung im BVDW-Forum Digitale Transformation/IoT. Ziel ist es, ein Netzwerk für all jene zu schaffen, die mit der Technologie arbeiten, Kooperationen zu ermöglichen und valide Marktzahlen herauszugeben. Zudem beschäftigt sich das Gremium mit Grundlagenforschung und gibt Praxistipps. Eine Spinne über den Screen laufen zu lassen, ist in der virtuellen Realität eher keine gute Idee, sagt Herrmann im Interview mit HORIZONT Online.

Herr Herrmann, Sie haben den Vorsitz der neuen BVDW-Initiative Virtual und Augmented Reality übernommen. Wie würden Sie den Status Quo der Themen im Markt beschreiben? Hier muss man stark differenzieren. Zum einen ist das Thema Virtual-/Augmented Reality gerade in der Industrie alles andere als neu, hier wird es auch gelebt. Das zeigen unter anderem Cases von Audi, Rolls Royce oder Bombardier, die sehr viel mit der Technologie arbeiten. Aber: Weder VR noch AR sind bislang im Massenmarkt angekommen. Selbst in der Games-Branche, wo viele Studios Inhalte produzieren, gibt es keinen signifikanten Durchbruch, da die Device-Abdeckung in den Privathaushalten noch deutlich zu gering ist. Hier steht der große Durchbruch definitiv noch bevor.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Es gibt derzeit einfach noch viel zu wenig gute Devices. Welcher Konsument investiert einen 4-stelligen Betrag für eine VR-Ausstattung, die noch dazu eine vergleichsweise niedrige Auflösung hat? Und wer will ständiig mit dem Smartphone seine Umgebung abscannen, um AR-Inhalte zu konsumieren? Zum Form- und Preisfaktor in der Hardware-Industrie kommt, dass natürlich auch Content fehlt. Hier muss die gesamte Wirtschaft noch liefern, damit VR und AR nicht wieder in ein Schattendasein abdriftet.

Sowohl Google als auch Apple intensivieren mit AR Core beziehungsweise AR Kit ihre Bemühungen im Bereich Augmented Reality. Hat das das Potenzial, den Markt schnell nach vorne zu bringen? Auch hier kommt es letztlich auf die Inhalte an. Ich glaube grundsätzlich, dass AR über kurz oder lang VR überholen wird, weil es eine viel größere Durchschlagskraft besitzt und es viel mehr Einsatzmöglichkeiten dafür gibt. Gleichzeitig bleibt VR ein unheimlich gutes Tool für Storytelling, weil man unabhängig von physikalischen Rahmenbedingungen komplett neue Welten erschaffen kann, vorausgesetzt, den Nutzern wird nicht schlecht. Meine Prognose: Es wird noch circa fünf Jahre dauern, bis sich die Technologie wirklich im Massenmarkt etabliert hat. Wir haben also noch Zeit, zu lernen und auszuprobieren.

Hat der BVDW deshalb jetzt die eigene Initiative gegründet? Ja, es ist die richtige Zeit dafür. Uns geht es erst einmal darum, die Menschen zusammenzubringen, die schon mit VR und AR zu tun haben. Wir kümmern uns um Marktkennzahlen und initiieren Projekte, in denen industrieübergreifende Kooperationen möglich werden, und wir versuchen, alle Cases, die es im Markt gibt, auf einer Plattform darzustellen. Gleichzeitig beschäftigen wir uns mit Grundlagenforschung, mit Aufklärung und geben Praxistipps, unter anderem auch beim zweiten VR-Day am 07. Dezember in Berlin. Eine Spinne über den Screen laufen zu lassen, ist beispielsweise auch in der virtuellen Realität keine gute Idee, wenn der Nutzer Ende 60 ist und eine Phobie gegen Spinnen hat. kan



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