Twitter-Übernahme

Google und Disney steigen aus / Salesforce bleibt als einziger Käufer übrig

Das Interesse an Twitter ist anscheinend nicht so groß wie gedacht
Twitter
Das Interesse an Twitter ist anscheinend nicht so groß wie gedacht
Das Interesse an einer Übernahme von Twitter ist offenbar nicht so groß wie noch vor wenigen Tagen vermutet. Weder Disney noch Google wollen ein Angebot für den Kurznachrichtendienst abgeben, berichtet Reuters. Auch Apple habe sich aus den Verhandlungen verabschiedet. Bleibt nur noch Salesforce übrig. Das Unternehmen kann Twitter dringend gebrauchen.
Teilen
Die Nachrichten hatten sich in den vergangenen Tagen und Wochen überschlagen. Zahlreiche Tech-Unternehmen hätten Interesse an einem Kauf von Twitter signalisiert, hieß es. Google, Disney, Apple, Microsoft und Salesforce waren die aussichtsreichsten und meistgenanntesten Kandidaten. Doch lediglich Salesforce, Anbieter cloudbasierter Customer-Relationship-Management-(CRM-)Software, scheint mit einer möglichen Übernahme des 140-Zeichen-Dienstes Ernst zu machen. Google und Co hätten sich laut Reuters zurückgezogen.
Salesforce-Chef Marc Benioff habe Medienberichten zufolge bereits ein Team für die Übernahme von Twitter zusammengestellt. Laut "Wall Street Journal" (Paid) sagte er bei einem privaten Essen mit anderen IT-Vorstandsvorsitzenden, dass Twitter "ein ungeschliffener Diamant" sei, aus dem er "ein großartiges Unternehmen" machen wolle. Öffentlich hatte Salesforce bislang noch nicht Stellung zu einem möglichen Twitter-Kauf bezogen.

Sollte es jedoch dazu kommen, müsste Benioff viel Geld in die Hand nehmen, denn Twitter bewertet sich derzeit mit etwa 30 Milliarden US-Dollar. Das sei der Mindestpreis, den die Eigner erwarten, obwohl der Börsenwert von Twitter derzeit "nur" bei 17 Milliarden Dollar liegt. An der Börse ist Twitter ohnehin längst kein Star mehr. Investoren sind beunruhigt, weil das Wachstum ins Stocken geriet und die Werbekunden lieber zu Platzhirschen wir Facebook und Google gehen - zudem machen dem Dienst Newcomer wie Snapchat viele Werbekunden streitig.

Salesforce kann Twitter dringend gebrauchen. Denn mit seiner künstlichen Intelligenz "Einstein" prescht Salesforce derzeit in einen erfolgsversprechenden Markt, in dem auch namhafte Wettbewerber wie Google, Apple und IBM experimentieren. Das Problem: "Künstliche Intelligenz ohne Daten ist wie ein Motor ohne Benzin", schreibt das "Handelsblatt". Die Salesforce-KI "Einstein" ist Bestandteil der neuen Cloud-Plattform für das Management von Kundenbeziehungen. Es durchsucht die gesammelten Daten eines Unternehmens aus allen Quellen, auch Social Media. Aus diesem Grund ist Twitter so relevant für den Tech-Konzern.
Salesforce hatte in diesem Jahr bereits eine große Niederlage einstecken müssen. Die Unternehmensführung hatte versucht, das Karriere-Netzwerk Linkedin zu kaufen. Doch Microsoft schnappte sich den Dienst mit einem Kaufpreis von etwa 26,2 Millirden US-Dollar. Im Juni kaufte Salesforce stattdessen für 2,8 Milliarden Dollar Demandware - die Firma bietet E-Commerce-Shopsysteme in der Cloud an.

Noch bis zum 27. Oktober haben Interessenten Zeit, ein Angebot für Twitter abzugeben. Dann nämlich präsentiert Twitter seinen nächsten Quartalsbericht - spätestens dann soll eine Lösung vorgestellt werden. Im vergangenen Quartal kletterten Twitters Erlöse verglichen mit dem Vorjahreswert um 20 Prozent auf 602 Millionen Dollar (etwa 548 Millionen Euro). Damit wurden die Prognosen der Analysten aber dennoch deutlich verfehlt. Bereits zum achten Mal in Folge verlor das Wachstum an Schwung. Im zweiten Quartal schwächte sich das Umsatzwachstum des Dienstes weiter ab, zudem gab das Unternehmen im Juli nach US-Börsenschluss einen verhaltenen Geschäftsausblick ab. Twitter stellte Erlöse zwischen 590 und 610 Millionen Dollar in Aussicht und lag damit weit unter den Erwartungen. ron



stats