Studie

Warum sich der Adtech-Markt sehr schnell konsolidiert

Vor allem reiche Chinesen sind an Adtech-Anbietern derzeit so interessiert wie nie. Hier kommt etwa ein chinesisches Konsortium zur Übernahme von Media.net mit dem Heli angeflogen.
Media.net
Vor allem reiche Chinesen sind an Adtech-Anbietern derzeit so interessiert wie nie. Hier kommt etwa ein chinesisches Konsortium zur Übernahme von Media.net mit dem Heli angeflogen.
Im Adtech-Markt herrscht derzeit ordentlich Wirbel. Fast täglich gibt es Meldungen zu Übernahmen oder Insolvenzen entsprechender Anbieter. Was bedeutet das für den Adtech-Markt und welche Trends lassen sich aus den Lebenszyklen der Unternehmen ablesen? Diesen Fragen ist der Technologie-Anbieter OpenX in einer Studie nachgegangen.
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Zunächst: Die Anzahl der Neugründungen von Adtech-Unternehmen ist seit 2013 abnehmend (siehe Tabelle unten). Den Höchstand verzeichnete der Markt im Jahr 2012 mit 272 Neugründungen. 2015 waren es nur noch 66. In den vergangenen 15 Jahren gab es lediglich im Jahr 2002 noch weniger Neugründungen (59). Die Adtech-Branche scheint sich also offensichtlich sehr schnell zu konsolidieren. Florian Heinemann, Chef des VC-Unternehmens Project A, hatte diese Entwicklung im Interview mit HORIZONT Online im September bereits angekündigt.
Anzahl der Adtech-Neugründungen
OpenX
Anzahl der Adtech-Neugründungen
Hinzu kommt, dass gleichzeitig die Anzahl der Exits massiv ansteigt (siehe Tabelle unten). Die gängigsten Exits seien Unternehmenskäufe (82 Prozent): Zalando hatte beispielsweise 2015 den Anbieter Metrigo gekauft, die RTL Mediengruppe übernahm im Frühjahr Smartclip. Und zu guter Letzt sorgte das Adtech-Unternehmen Media.net im Sommer für Schlagzeilen, als ein chinesisches Konsortium 900 Millionen US-Dollar auf den Tisch legte und damit eigenen Angaben zufolge einen der größten Adtech-Deal aller Zeiten abschloss. Ohnehin scheinen sich chinesische Firmen derzeit enorm für Technologie-Anbieter zu interessieren.

Börsengänge machen übrigens nur etwa 5 Prozent aller Exits aus. Zuletzt ging etwa der Demand-Side-Platform-Anbieter "The Trade Desk" an die Börse. Doch abgesehen von einigen wenigen Erfolgsgeschichten waren die vergangenen Jahre für Adtech-Anbieter recht holprig, wie die "Online Marketing Rockstars" im August bereits analysierten. Ambitionierte Technologie-Firmen wie Marin Software, Rocket Fuel, Rubicon Project, Tremor Video, Tubemogul oder Yume hätten seit ihrem IPO teilweise stark an Wert verloren.
Anzahl der Exits pro Jahr
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Anzahl der Exits pro Jahr
"Die Tatsache, dass die Anzahl der Neugründungen 2012 den Höchststand erreicht haben, aber die Exits nach wie vor steigend sind, deutet darauf hin, dass wir auch in den nächsten Jahren eine weitere Marktbereinigung in diesem Bereich sehen werden", sagt Archie Sharma, Director Corporate Strategy bei OpenX, und kündigt für das restliche Jahr sowie für 2017 und 2018 viele weitere Akquisitionen an.

Doch wer überlebt am Ende? Welche Adtech-Anbieter können sich im Markt durchsetzen und welche müssen die Koffer packen? Aus der OpenX-Auswertung lässt sich herauslesen, dass vor allem die durchschnittliche Lebensdauer eines Unternehmens bei dieser Frage eine zentrale Rolle spielt. Im Schnitt wird ein Adtech-Unternehmen sechs Jahre alt, ehe es von einem anderen Unternehmen aufgekauft wird oder pleite geht (siehe Tabelle unten). Weniger als 5 Prozent aller Adtech-Anbieter sind älter als zehn Jahre. OpenX-Managerin Sharma schlussfolgert: "Ausgehend von dieser Analyse lässt sich zusammenfassen, dass eine Vielzahl von Adtech-Unternehmen, die genau diese langfristige Stabilität nicht aus eigener Kraft erreichen können, vom Markt verschwinden."
Exits nach Alter der Unternehmen
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Exits nach Alter der Unternehmen

Größe wird also zunehmend wichtiger, wenn es darum geht, am Markt überlebensfähig zu sein. Der durchschnittliche Umsatz für Adtech-Unternehmen, die älter als zehn Jahre alt sind, liege immerhin bei mehr als 100 Millionen US-Dollar im Jahr. Und das erreiche man nur, so Sharma, wenn regelmäßig in das Unternehmen investiert werde. Den Grund dafür liefert sie gleich mit: "Es besteht eine eindeutige Verbindung zwischen durchschnittlichen Investitionen in das Unternehmen und dem Umsatz des Unternehmens auf die komplette Lebensdauer bezogen."


Doch es gibt einen Wehrmutstropfen - zumindest für europäische Adtech-Anbieter. Sie hätten nämlich enorm damit zu kämpfen, entsprechende Skaleneffekte zu erreichen. Der US-Markt sei einfach viel größer, heißt es. Ohnehin seien in Übersee die wichtigsten Investoren zu finden, sagt Adtech-Experte Heinemann, die man aber ohne US-Geschäft kaum von sich überzeugen könne. "Zudem ist man als Adtech-Provider  darauf angewiesen, eine enge Arbeitsbeziehung zur Produktmanagement-Ebene bei Playern wie Google, Facebook, App Nexus etc. zu haben. Die nehmen einen nur ernst, wenn man auch vor Ort präsent ist", so Heinemann. ron




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