Mark Grether, CEO von Sizmek
Die 145 Millionen Euro schwere Übernahme des Technologie-Dienstleisters Rocket Fuel durch Sizmek im September war eine der größten Adtech-Zukäufe der vergangenen Monate: Im Interview mit HORIZONT Online erklärt der deutsche Sizmek-CEO Mark Grether, wie sein Unternehmen nun ein globales Gegengewicht zu Google, Facebook und Co aufbauen will und warum er als deutscher Adtech-Experte in den USA eine Ausnahmeerscheinung ist.
Herr Grether, vor wenigen Wochen ging die Übernahme von Rocket Fuel durch Sizmek offiziell über die Bühne. Wie weit vorangeschritten ist die Integration des Unternehmens aktuell? Formell ist alles unter Dach und Fach, alle nötigen Papiere sind unterzeichnet. Die Rocket Fuel Marke wird vom Markt genommen und zukünftig werden wir als größte, global agierende, unabhängige Demand Side Platform unter den Namen Sizmek operieren. Wir sind gerade dabei, die Rocket-Fuel-Mitarbeiter in unser Team zu integrieren und die Produkte zu verschmelzen. Außerdem haben wir das Management neu aufgestellt und uns auch mit externen Profis verstärkt.
Adtech-Deal
Sizmek schließt Übernahme von Rocket Fuel offiziell ab
Der Mega-Übernahme von Rocket Fuel durch den Technologie-Dienstleister Sizmek wurde im Juni bekannt, nun ist er abgeschlossen. Wie Sizmek mitteilt, ging der 145 Millionen-US-Dollar-Deal gestern offiziell über die Bühne. Die Marke Rocket Fuel soll komplett verschwinden. ...
Mit wem zum Beispiel? Besonders stolz bin ich beispielsweise, dass Neil Coleman von Snap vor wenigen Wochen zu uns gewechselt ist. Er verantwortet künftig als General Manager das nord- und südamerikanische Geschäft und wird uns dabei helfen, das Geschäft in diesen Märkten weiter voranzutreiben.
Was ändert sich durch die Übernahme von Rocket Fuel eigentlich konkret für Ihre Kunden? Wir können unseren Kunden aus einer Hand alle Tools für ein optimales Kampagnenmanagement und eine programmatische Kampagnenauslieferung anbieten – und dieses global. Ausgangslage für alle unsere Angebote ist und bleibt natürlich unser Adserver, der tiefe Einblicke in die Daten bezüglich der Kampagnenperformance gibt. Heißt: Wir sehen jede Conversion, jede Click-Through-Rate und vieles mehr. Zudem nutzen wir Daten über das Werbemittel und das Werbeumfeld zur Kampagnenoptimierung. Durch den Zukauf von Rocket Fuel können wir nun eine Data Management Plattform integrieren, die uns zusätzlich Daten über die Konsumenten bereitstellt, sodass wir ein vollständiges Bild erhalten. Obendrauf legen wir noch eine Künstliche Intelligenz (KI), eine Kernkompetenz von Rocket Fuel, die wir mit all diesen Daten füttern.
Am Ende werden nur wenige globale Player überleben.
Mark Grether
Klingt nach sehr viel Daten. Wie genau werden diese Daten und die KI dann fürs Marketing verwendet? Anwenden können wir diese Daten und die Künstliche Intelligenz sowohl zur Werbemitteloptimierung als auch zur Werbemittelauslieferung mit Hilfe der Demand Side Plattform (DSP) von Rocket Fuel, die für ihre herausragende Performance im Markt bekannt ist.
In den vergangenen Monaten hat es zahlreiche teure Adtech-Übernahmen gegeben. Wie beobachten Sie den Markt derzeit? Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Konsolidierung im Adtech-Markt immer weiter voranschreitet. Sizmek selbst treibt diese Entwicklung wesentlich voran. Ich denke, dass wir in den nächsten Monaten im Markt noch weitere Übernahmen sehen werden. Regionale Player, die es nicht schaffen, die kritische Größe zu erreichen, um eine globale Präsenz aufzubauen, werden vom Markt verschwinden. Am Ende werden nur wenige globale Player, zu denen sicherlich Google und Sizmek gehören werden, überleben. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass der Trend im Adtech-Markt in Richtung Full-Stack-Anbieter geht, dass also letztlich das komplette Angebot immer häufiger aus einer Hand kommen wird, so wie bei uns. Die Kunden fordern immer mehr Simplizität, Transparenz und globale Lösungen. Einzellösungen haben zunehmend schwerer zu bestehen.
Sie selbst haben mit Sizmek ja die Ambition, ein unabhängiges Gegengewicht zu Google aufbauen zu wollen. Können Sie denn gegen den Tech-Titan bestehen? Es sind vor allem unsere Kunden, die uns in der Google-Sphäre positionieren – in erster Linie deshalb, weil sie sich eben ein solches unabhängiges Gegengewicht wünschen. Die Kunden haben erkannt, dass Google kein Technologie-Unternehmen ist, sondern ein Mediahaus. Ihre Adtech wird genutzt, um mehr Werbedollars zu ihren Medien zu lenken, und sie dort intransparent zu monetarisieren. Ich denke, dass wir durchaus als unabhängiger, globaler Technologie-Anbieter mithalten können. Erstens deshalb, weil wir nicht zuletzt durch die Rocket-Fuel-Übernahme stetig unsere Marktanteile erweitern. Zweitens, weil wir beginnen, unsere Datenquellen nach und nach mit Künstlicher Intelligenz anzureichern. Und drittens, weil wir unsere Angebote über neue Channels beispielsweise Connected TV anbieten werden.
Wer ist Mark Grether
Mark Grether ist seit September diesen Jahres der CEO von Sizmek. Als Mitbegründer und globaler Chief Operating Officer der GroupM-Tochter Xaxis sammelte Mark Grether zuvor Agentur-Erfahrung. In Deutschland war Grether als Marketing-Professor an der Fachhochschule Worms tätig.
Sie selbst, Herr Grether, sind ja als Deutscher CEO im globalen Adtech-Markt eher eine Ausnahmeerscheinung. Wie kommt das eigentlich? Gute Frage
(lacht). Ich bin tatsächlich der einzige deutsche CEO im amerikanischen Adtech-Markt. Woran das liegt, habe ich mir bisher nicht überlegt. Ich vermute mal, dass die Deutschen in den vergangenen Jahren viel zu stark damit beschäftigt waren, das kleine gallische Dorf Deutschland zu beschützen. Erst neuerdings hat man erkannt, dass das Internet keine Grenzen kennt und man von Anfang an global denken muss. Erfreulicherweise fängt man in Übersee an, die Deutschen vor allem für ihre strategische Weitsicht, Gründlichkeit und Arbeitsmentalität zu schätzen. Fähigkeiten, die wichtig sind, wenn man komplexe Themen wie Adtech durchdringen möchte.
Interview: Giuseppe Rondinella