Tor oder nicht? Das prüft Goalcontrol
Im Sport werden immer mehr Daten erfasst und technische Hilfsmittel eingesetzt. Sie verändern das Spiel und die Form, wie es die Zuschauer zu Hause am Fernseher erleben. HORIZONT Online stellt fünf Sportdata-Hypes vor, die bei Wettkämpfen und Matches zum Einsatz kommen.
Watson mischt beim Tennis mit
IBMs Supercomputer Watson stellte seine künstliche Intelligenz in diesem Jahr in den Dienst der US Open. Das Programm half dabei, Highlight-Szenen aus den Spielen auszuwählen. Was früher Menschen einzeln sichten mussten, macht der Computer automatisch. Watson erkennt die Jubelgesten der Spieler auf den Videobildern und den Beifall im Audiofeed. Das Ballen der Faust von Roger Federer oder sein Gesichtsausdruck signalisieren ihm, dass gerade etwas Wichtiges passiert ist. Kombiniert mit den Daten zur Spielsituation, errechnet der Computer dann das "overall excitement". Nachdem so die Highlights identifiziert wurden, wird ein entsprechendes Video generiert, das anschließend auf den digitalen Plattformen verbreitet werden kann.
Der Sensor im Shirt
Beachvolleyball: Der Sensor misst unter anderem die Sprunghöhe
Die Münchner Firma Kinexon liefert mit ihrem Trackingsystem hochgenaue Positionsdaten, die Broadcaster in ihr Programm einfließen lassen können. 14 Gramm leichte Sensoren in den Trikots der Sportler erfassen ihre Bewegungen. Der Fortschritt in der Funktechnologie macht den Einsatz mittlerweile in immer mehr Sportarten möglich. So geschehen bei der Beachvolleyball-WM in Wien und den World Tour Finals in Hamburg, im nächsten Jahr soll die ganze Major Series abgedeckt werden. Gemessen werden zum Beispiel die Höhe und Anzahl der Sprünge, verbrauchte Kalorien oder die zurückgelegte Distanz. Doch auch im Mountainbike oder beim Motocross-Spektakel X Fighters lieferte die Technik schon Datenfutter für die Übertragungen. Die Fernsehzuschauer bekommen die Echtzeit-Statistiken grafisch aufbereitet zu sehen, an die Spieler gehen leistungsdiagnostische Reportings.
Packende Einblicke durch Packing
Durch Packing weiß der Zuschauer, wie viele Gegner ein Spieler überspielt
Packing ermittelt die Spielstärke von Fußballern, indem gemessen wird, wie viele Gegenspieler mit einem Pass überspielt werden. Entwickelt haben die Methode die Fußballprofis Stefan Reinartz und Jens Hegeler mit ihrer Firma Impect. Im Sommer 2016 erfasste der Packing-Trend die Fernsehwelt. ARD-Experte Mehmet Scholl griff bei seinen Analysen der EM-Spiele auf den neuen Kennwert zurück, vielleicht etwas zu viel, wie so mancher Zuschauer fand. Doch Packing hat sich trotzdem etabliert. RTL setzt die Daten bei den deutschen Qualispielen für redaktionelle Inhalte ein, auch Bild und Express arbeiten mit ihnen und sogar der US-Sender FOX Sports nutzte sie diesen Sommer bei seinen Confed-Cup-Übertragungen.
Die Torlinientechnik prüft
Goalcontrol: War es ein Tor oder war es keins?
Die Frage, ob der Ball jetzt im Tor war oder nicht, bewegt spätestens seit Wembley 1966 die Gemüter der Fußballfans. Auch beim DFB-Pokalfinale 2014 wurde ein Tor von Mats Hummels fälschlicherweise nicht anerkannt. Um solche Szenen zu vermeiden, wird seit einigen Jahren die Torlinientechnik im Fußball eingesetzt. Es gibt mehrere Anbieter, die Bundesliga setzt seit 2015 auf das Angebot von Hawk-Eye. Das System von GoalControl aus Eschweiler war hingegen bei der WM 2014 im Einsatz und wird in der französischen Ligue 1 verwendet. Das Adlerauge kennt der Sportfan schon länger aus dem Tennis, wo es bei mehreren Grand-Slam-Turnieren die Referees unterstützt. Das Anfordern des Videobeweises durch die Spieler und das gebannte Warten auf die grafische Auflösung, ob der Ball wirklich die Linie berührt hat, ist längst Teil des Spiels geworden. Und hat sich als eigener dramaturgischer Moment etabliert.
Unterstützung vom Videoassistenten
Der Videoassistent hilft Schiedsrichtern, die richtige Entscheidung zu treffen
Foul ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Das war lange eine der eisernen Grundregeln im Fußball. Seit dieser Saison kann in bestimmten Situationen der Videoassistent den Schiedsrichter überstimmen, denn die Fußball-Bundesliga erprobt den Videobeweis. Dem war eine jahrelange Diskussion über das Für und Wider vorausgegangen. Die Fans müssen sich also daran gewöhnen, dass der Schiedsrichter auf dem Feld ab und an ein Viereck mit den Händen formt und das Spiel bis zu einer finalen Entscheidung durch den Videoassistenten pausiert. Das sind 23 Bundesliga-Schiedsrichter, die abwechselnd in einem Kölner Studio sitzen und die strittigen Szenen anhand der Kamerabilder bewerten. Für die technische Umsetzung ist auch hier der Anbieter Hawk-Eye zuständig. Die ersten Saisonspiele zeigen, dass trotz allem Auslegungsspielraum bleibt und es somit auch weiter Raum für hitzige Debatten geben wird.
Tom Sprenger