Apples HomePod ist jetzt auch für deutsche Käufer erhältlich. Ob der smarte Lautsprecher aus Cupertino allerdings ernsthaft das Duopol von Amazon und Google ins Wanken bringen kann, darf bezweifelt werden. Dafür ist der Preis zu hoch und Siri nicht schlau genug. Für eine spitze Zielgruppe ist das Gerät allerdings optimal. Eine Analyse.
Seit dieser Woche gibt es ihn also auch in Deutschland zu kaufen, den HomePod von Apple. Elf Monate, nachdem Google seinen Home-Lautsprecher hierzulande auf den Markt gebracht hat und ganze anderthalb Jahre nach dem Deutschlandstart von Amazon Echo. Wir erinnern uns: In Sachen Sprachsoftware war Apple mit der Einführung von Siri einst Pionier, mit dem hauseigenen Smart-Speaker hingegen ist der iPhone-Konzern nur noch Nachzügler.
Die Frage, die die Tech-Branche gerade umtreibt, ist deshalb folgende: Kann Apple das Doupol aus Google und Amazon noch knacken? Immerhin haben die beiden Konkurrenten einen großen Vorsprung, legen ein Mordstempo vor und sind bereits mit mehreren Produktgenerationen und -variationen im Markt präsent. Der wertvollsten Marke der Welt, die darüber hinaus auch schon angefangen hat,
die Werbetrommel für ihren HomePod zu rühren, würde man eine erfolgreiche Aufholjagd freilich zutrauen, allerdings lassen erste Marktzahlen aus den USA nichts Gutes erahnen.
Demnach habe der Konzern aus Cupertino seit Markteinführung in den USA im Februar bis Mai gerade einmal 600.000 Geräte verkaufen können. Zum Vergleich: Die Echo-Geräte gingen im gleichen Zeitraum vier Millionen Mal über die Ladentheke, die von Google 2,4 Millionen Mal. Und wenn sogar der chinesische Technologiegigant Alibaba für seinen smarten Lautsprecher in den USA mehr Käufer fand als Apple, deutet vieles darauf hin, dass der HomePod bei den Verbrauchern Akzeptanzprobleme hat.
Ausschlaggebend dürfte in erster Linie wohl der Preis sein, denn der Apple-Lautsprecher kommt keineswegs als Schnäppchen daher. In Deutschland müssen Käufer 349 Euro berappen. Auch hier der Vergleich: Google Home ist für 149 Euro zu haben, Amazon Echo (2. Generation) für 100 Euro. Ist der HomePod also nur ein Gadget für Apple-Fanboys? Nicht unbedingt.
Für den deutschen Markt lässt sich zunächst sagen, dass die Bereitschaft für die Anschaffung eines smarten Lautsprechers grundsätzlich vorhanden ist. Etwa jeder dritte Haushalt kann sich vorstellen, Alexa und Co in die eigenen vier Wände zu stellen, ergab eine Befragung von Deloitte im Frühjahr. Jeder achte Haushalt hat eine solche Box bereits zuhause stehen - Tendenz steigend. "Von einem Boom zu sprechen, wäre noch verfrüht, aber die Verbreitung von Smart Home-Komponenten nimmt zu", urteilt Deloitte-Manager Gunther Wagner.
Eine ganz andere Zahl könnte für Apple allerdings viel interessanter sein.
Eine Befragung unter Smart-Speaker-Besitzern hat nämlich ergeben, dass die Musikwiedergabe offenbar das Killer-Feature aller intelligenten Lautsprecher ist. 74 Prozent der Nutzer wollen mit ihren Geräten vor allem Songs, Podcasts oder Hörbücher abspielen. Keine andere Funktion ist beliebter - weder die Wetterabfrage noch die Timer-Funktion. Hier wird Apple ansetzen und die Nutzer für sich gewinnen wollen.
Der HomePod ist nicht ohne Grund speziell für Musik-Liebhaber entwickelt worden. Ein Tieftöner sorgt beispielsweise für satte, saubere Bässe, eine eigens entwickelte Anordnung von sieben Hochtönern soll reine Hochfrequenz-Akustik liefern und als Stereopaar können die Geräte außerdem einen noch raumfüllenderen Klang erzeugen. Hinzu kommt, dass eine automatische Raumerkennung die Position des Lautsprechers erfasst und den Ton je nach Aufstellungsort für ein gutes Klang-Erlebnis anpasst. Ein Traum für jeden Musik-Fan.
Apple muss allerdings aufpassen, nicht auch noch die Musik-Fans abzuschrecken. Denn wer nicht Teil des Apple-Universums ist, also beispielsweise ein Android-Smartphone besitzt, hat es schwer. Musik bezieht der HomePod nämlich nur über den hauseigenen Streamingdienst Apple Music, aus der Cloud-Mediathek oder per AirPlay vom iPhone, iPad oder Mac. Podcasts können nur abgespielt werden, wenn sie bei iTunes gelistet sind.
Andere Anbieter wie Spotify und Deezer lässt Apple (noch) nicht in sein Lautsprecher-Ökosystem. Auf dem HomePod selbst lassen sich auch keine Apps installieren, auch Audioanschlüsse und eine Bluetooth-Verbindung gibt es nicht. Einziger Umweg: Musik lässt sich von Drittanbietern auf den Lautsprecher übertragen, wenn man in der jeweiligen App AirPlay auswählen kann. Für Musik-Liebhaber, die mit Apple nicht viel anfangen können, wird der HomePod wahrscheinlich kein Produkt der ersten Wahl sein.
Verwender, die zudem Wert auf eine gute Spracherkennung und User Experience legen, kommen beim HomePod ebenfalls nicht so recht auf ihre Kosten. Erste Medienberichte deuten darauf hin, dass die digitalen Assistenten Alexa und der Google Assistant deutlich besser abschneiden und somit intelligenter sind als Siri. Die Pionier-Sprachsoftware aus dem Hause Apple hat sich offenbar abhängen lassen.
Wissenschaftler der US-Firma Loup Ventures haben kürzlich versucht, die Intelligenz von Siri und Co in Zahlen auszudrücken.
Das Ergebnis ihrer Untersuchung: Siri konnte gerade einmal 52,3 Prozent von 782 unterschiedlichen Fragen korrekt beantworten. Die Konkurrenz machte eine signifikant bessere Figur: Amazons Alexa erreichte 64 Prozent und auch Microsofts Cortana erzielte mit 57 Prozent ein besseres Ergebnis. Als eindeutiger Sieger stellte sich allerdings der Google Assistant heraus, der den beachtlichen Wert von 81 Prozent erreichte.
Fazit: Der HomePod ist zum Marktstart in Deutschland bislang nur ein Gerät für Apple-Fans oder Musik-Liebhaber. Der hohe Preis und das geschlossene Apple-System (Beschränkung auf den hauseigenen Streamingdienst) schreckt zu viele potenzielle Nutzer ab und spricht in dieser Entwicklungsphase nur eine kleine Zielgruppe an. Wenn Apple seine Sprachsoftware nicht verbessert und sich nicht weiteren Diensten wie Spotify und Co öffnet, droht dem Smart-Speaker ein leiser Abgang.
ron