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Chatbot soll Vorurteile gegenüber Flüchtlingen ausräumen

Chatbots erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
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Chatbots erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
An Weihnachten treffen in den Familien Menschen zusammen, die zur Flüchtlingspolitik und der AfD nicht immer einer Meinung sind. Da kann es schon mal recht unangenehm werden, wenn der Onkel sich am Esstisch rassistisch oder rechtspopulistisch äußert. Eine Gruppe deutscher Aktivisten will nun mit einem Chatbot spontane Argumentationshilfe leisten.
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Der Chatbot namens "SOSWeihnachten", der heute ins Leben gerufen wurde, ist über den Facebook-Messenger aufrufbar und soll Vorurteile gegenüber Flüchtlingen mit Fakten entkräften. Das automatisierte Programm liefert auf Anfrage passende Fakten zur Asylpolitik, Kriminalität, dem Sozialstaat, deutschen Werten und deutscher Kultur, aber auch zu Medien und Parteien, mit denen sich rund 50 typische Vorurteile entkräften lassen. Zur Begrüßung heißt es: "Du weißt nicht, wie du mit deinen Verwandten über AfD und Rassismus reden sollst? Keine Sorge, ich helfe."


Wenn sich der Onkel also wieder mal aufregt: "Wir können doch nicht die ganze Welt aufnehmen!", schlägt der Chatbot folgende Argumentationshilfe vor: "Die meisten Flüchtlinge wollen gar nicht nach Europa, sondern nahe ihrer Heimat bleiben, weil sie auf baldige Rückkehr hoffen. Außerdem ist eine Flucht teuer und gefährlich - legale Wege nach Europa gibt es kaum. Von Januar bis Ende November 2016 überquerten etwa 350.000 Schutzsuchende das Mittelmeer, viele davon Kinder." Man könnte ja zurückfragen, wohin der Onkel fliehen würde, wenn in Deutschland Krieg herrscht, schlägt der Chatbot zudem vor (siehe unten).

"In 50 Jahren sind Muslime die Mehrheit in unserem Land." Wenn dieser, in AfD-Kreisen häufig gehörte, Satz beim Weihnachtsessen fällt, hat der Chatbot ein paar Zahlen der "Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland" parat: "In Deutschland werden bis 2070 etwa 10 Prozent der Menschen muslimischen Glaubens sein. Schon heute sind die meisten Menschen in Deutschland (36 Prozent) konfessionslos." Man könne ja zurückfragen, warum es denn ein Problem sei, wenn mehr Muslime in unserem Land leben.

Initiator dieses Chatbots ist eine deutsche Aktivistengruppe, der der weltweite Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien Sorge bereitet. "Es ist wichtig, sich auch unbequemen Gesprächen über Politik und Rassismus zu stellen", erklärt eine der Initiatorinnen des Projekts in einer Mitteilung. Vorbild für diese Aktion sei ein ähnliches Projekt der US-Organisation "Showing Up for Racial Justice", die nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten Menschen über SMS an Thanksgiving beigestanden hat. Mit Blick auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr und den weltweiten Rechtsruck erklären die deutschen Aktivisten: "Wir wollen keinen Streit in den Familien anzetteln. Wir wollen sachliche Diskussionen, mit denen wir AfD-Sympathisanten unter den Menschen, die uns nahe stehen, vielleicht zum Umdenken bewegen können."

Die Daten liegen den Initatoren zufolge beim Bot-Anbieter Chatfuel. Die Aktivisten können zwar einsehen, wer den Bot benutzt, betonen aber, die Daten weder zu speichern noch zu veröffentlichen. Ob der Bot nach den Feiertagen bestehen bleibt, ist noch unklar. Er werde nach den Feiertagen ausgewertet und dann geprüft, ob eine dauerhafte Argumentationshilfe sinnvoll ist. ron
Das ist der Facebook-Chatbot
Screenshot
Das ist der Facebook-Chatbot
Der Chatbot kommt mit einigen Antwortvorschlägen daher.
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Der Chatbot kommt mit einigen Antwortvorschlägen daher.




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