Edgar Scholler präsentiert sein Start-up Getaway bei "Die Höhle der Löwen".
"Wie bei GTA - nur legal und versichert." So stellt sich Edgar Scholler die Mobilität der Zukunft vor. Mit seinem Start-up Getaway will er privates Carsharing in Deutschland etablieren. Auch, wenn er bei den Juroren der Vox-Sendung "Die Höhle der Löwen" nicht punkten konnte: Scholler hat mit seinem Geschäftsmodell gute Chancen auf Erfolg. Der größte Wettbewerber kommt indes aus Frankreich.
Autos sind bekanntlich des Deutschen liebstes Kind. Doch wirklich effektiv werden die Blechbüchsen nicht genutzt. Im Gegenteil: Die 45 Millionen in Deutschland angemeldeten Fahrzeuge stehen durchschnittlich 23 Stunden am Tag still und blockieren oftmals auch dringend benötigten Parkraum in den Innenstädten. Dass sich dahinter ein enormes Marktpotenzial verbirgt, will nun Edgar Scholler mit seinem Start-up Getaway beweisen.
Das 2015 in Berlin gegründete Unternehmen setzt auf eine Flotte aus Privatfahrzeugen, die von angemeldeten Nutzern per App geöffnet werden kann. Getaway-Nutzer können so spontan in ein Privatauto steigen und losfahren. Abgerechnet wird die zurückgelegte Distanz. "Getaway funktioniert quasi wie das Computerspiel GTA – nur legal und versichert", so der 31-jährige Scholler gegenüber HORIZONT Online. Positiver Nebeneffekt für den Vermieter: Er verdient sich nebenbei etwas dazu. Von bis zu 800 Euro im Monat ist die Rede.
Jeder Vermieter kann den Preis pro Kilometer selbst festlegen. Getaway behält einen Teil davon als Provision. Sobald das geliehene Auto wieder am Abholort zurückgegeben wurde, steht es in der App wieder für den nächsten Nutzer zur Verfügung.
Getaway funktioniert quasi wie das Computerspiel GTA – nur legal und versichert.
Edgar Scholler, Gründer von Getaway
Das Prinzip ist nicht neu. Schon andere Anbieter wie Drivy, CarUnity oder Tamyca haben versucht, privates Carsharing auf deutschen Straßen zu etablieren, sind aber, so Scholler, teils noch zu kompliziert. Termine ausmachen, Schlüssel übergeben, Übergabeprotokolle anfertigen: In der auf Convenience getrimmten Welt der Tech-Start-ups ist das eher hinderlich als förderlich - vor allem, wenn es wie hier um die spontane Autovermietung geht. Alles soll möglichst schnell und bequem ablaufen.
Scholler, selbst leidenschaftlicher Autofahrer, sieht sich mit Getaway vor allem wegen seiner Technologie auf der Überholspur. Die App soll das Anmieten von Privatautos so schnell (1-Klick-Autofreigabe) und einfach (Schlüsselloser Autozugang, Telematik) wie möglich gestalten. Zudem haben nur verifizierte und versicherte Automieter Zugang zur Flotte, die im Ernstfall geortet werden kann. Dieselbe Technologie kommt auch in den Fuhrparks der Deutschen Bahn und der Bundeswehr zum Einsatz.
Drivy-Nutzer haben mittlerweile damit begonnen, ebenfalls Telematik-Einheiten für eine schlüsselfreie Autovermietung in ihre Wagen einzubauen. Der Anbieter aus Frankreich gilt als größter Konkurrent für Getaway. Das 2010 gegründete Unternehmen bezeichnet sich selbst mit mehr als einer Million Mieter und 40.000 Mietwagen in Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und Belgien als Marktführer.
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Auch hierzulande sei Drivy seit dem Start in Deutschland im November 2014 mit 140.000 Nutzern und 5.000 Autos der führende Marktplatz für privates Carsharing. Getaway zählt bislang 600 registrierte Autobesitzer und über 3000 App-Kunden. Für Schollers Start-up arbeiten derzeit zehn Mitarbeiter im Kernteam, hinzu kommen noch ein paar Freelancer.
Die Nachfrage nach solch einem Service schient zumindest vorhanden. In Deutschland würde jeder zweite Autobesitzer seine Blechbüchse gegen Geld verleihen, ging im vergangenen Jahr aus einer Ford-Studie hervor. Europaweit sind es gar 55 Prozent. Insbesondere für viele jüngere Menschen sei es zunehmend selbstverständlich zu teilen. So geben 70 Prozent der Befragten in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen an, dass sie ihr eigenes Auto verleihen würde.
Sein Glück versuchen will Getaway nicht nur in Berlin, wo der Dienst seit dem Frühjahr online ist, sondern vor allem in Kleinstädten wie Schollers Heimatstadt Magdeburg, Wiesbaden und dem Münchner Stadtrand. Dort sind die großen Carsharing-Anbieter in der Regel nicht aktiv, weil es sich für sie nicht lohnt. Flinkster, das Angebot der Deutschen Bahn, ist zwar in Kleinstädten aktiv, unterhält allerdings eine vergleichsweise kleine Flotte.
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Die beiden Platzhirsche Car2Go (Daimler) und DriveNow (BMW) würden ohnehin Schollers Vision von einem Straßenbild mit weniger Autos entgegenwirken. "Wir sorgen für eine unmittelbare Entlastung des Straßenverkehrs", betont er und verweist darauf, dass Getaway selbst keine Fahrzeuge besitzt. "Anders als Marktbegleiter mit eigener Flotte, die zunächst für eine Mehrbelastung durch zusätzliche Autos sorgen."
Um Marketing macht sich Scholler derweil noch keine große Gedanken. Paid Media kommt für den Gründer erst einmal nicht infrage, das Geschäft soll lieber organisch wachsen. Der Auftritt bei der für gewöhnlich recht quotenstarken Sendung "Die Höhle der Löwen" dürfte ohnehin ihr Übriges getan haben und für einen ordentlichen Anstieg bei den Anmeldungen sorgen. Auch wenn die Juroren nicht investierten, bleibt für Scholler so zumindest die kostenlose Werbung.
ron