Botnetzwerke sollen es künftig deutlich schwerer haben.
Vor wenigen Monaten hatte das Interactive Advertising Bureau (IAB) das
Skript Ads.txt ins Leben gerufen. Die Branche steckt große Hoffnungen in das Tool: Es soll nämlich den systematischen Klickbetrug, auch Adfraud genannt, bei Programmatic Advertising den Garaus machen. Mit AppNexus wird nun einer der weltweit größten Technologieanbieter das Skript konsequent berücksichtigen.
Beim programmatischen Einkauf vertrauen Werbungtreibende in der Regel darauf, dass die Ad-Impressions des Verkäufers auch tatsächlich auf der entsprechenden Website stattfinden. Botnetzwerke hatten sich bislang aber nicht selten ein Schlupfloch zu Eigen gemacht und die automatisierten Anfragen auf eigene Websites umgelenkt. Mit dem Ergebnis, dass die Werbung des Advertisers auf einer Fake-Website landete, möglicherweise sogar auf einer markenschädlichen.
Diese Betrugsmasche wird auch Domain Spoofing genannt und stellt die Digitalbranche aktuell vor große Probleme. Zuletzt sorgte die britische Financial Times für Aufsehen, die vor einer Woche den Verkauf ihrer
Video-Ad-Impressions stoppen ließ, nachdem bekannt wurde, dass zahlreiche Impressions lediglich so getan haben, als stammten sie vom Online-Auftritt der Zeitung. Betroffen waren unter anderem Adtech-Anbieter wie Oath, SpotX und das dänische Unternehmen Adform.
Um solche Betrügereien zukünftig auszuschließen, wurde Ads.txt entwickelt. Mithilfe dieses Skripts ist eindeutig zu erkennen, wo genau die im automatisierten Prozess angebotene Impression erzeugt worden ist und welche Vermarktungs-Plattform durch den Publisher autorisiert wurde.
AppNexus wird nun als einer der ersten großen Technologieanbieter das Skript durchgängig berücksichtigen. Ab 24. Januar 2018 kann über die DSPs von AppNexus Werbeinventar ausschließlich über Quellen bezogen werden, die vom jeweiligen Publisher als Verkäufer autorisiert wurden. Ist Ads.txt nicht hinterlegt, kauft der Adtech-Anbieter das Inventar trotzdem weiterhin ein.
AppNexus ist einer der ersten Unterstützer der IAB-Initiative zur Verwendung von Ads.txt. Ab Ende Januar werden die aktuelle DSP (Console for Buyers) sowie die neue Einkaufsplattform "AppNexus Programmable Plattform" (APP), die sich zurzeit in geschlossener Beta-Version befindet, Ads.txt durchgehend berücksichtigen. Inventareinkäufe über Quellen, die nicht direkt in der Ads.txt des Publishers autorisiert sind, werden somit ausgeschlossen.
Media-Impact-Digitalchef Carsten Schwecke
"Wir sind die Diskussionen um Brand Safety und Adfraud leid"
Carsten Schwecke, Chief Digital Officer von Media Impact, zufolge handelt es sich bei Brand Safety und Adfraud vorwiegend um "strategische Druckpunkte" der Werbungtreibenden, mit denen im Nachhinein erneute Preisverhandlungen gerechtfertigt werden sollen. ...
"Damit das Programmatic-Ökosystem effizient funktionieren kann, müssen sich Käufer und Verkäufer vertrauen können", begründet das Unternehmen diesen Schritt
in einem Blogbeitrag. Gegenüber HORIZONT Online teilt es mit, dass es Vertrauen und Transparenz im programmatischen Handel mit Werbeplätzen fördern wolle. "Aus diesem Grunde ist das Unternehmen federführend im Kampf gegen Ad Fraud, Hate Speech und Fake News."
Beim Einsatz von Ads.txt haben viele Publisher aber noch großen Aufholbedarf. Keiner weiß das hierzulande vermutlich besser als der Adtech-Experte Jan Winkler, der nun mit einem Service namens
adstxtlab.com dagegensteuern möchte. Der Dienst soll bei der vergleichsweise recht mühsamen Implementierung des Skripts unterstützen.
In einem aktuellen Report, den Winkler mit seiner schwedischen Firma Adstxtlab erstellt hat und der HORIZONT Online vorliegt, skizziert der Fachmann die Lage in Deutschland: Nur 2,5 Prozent der 59.000 untersuchten .de-Websites haben demnach Ads.txt integriert. Damit landet Deutschland weit abgeschlagen hinter den Spitzenreitern Schweden (8,9 Prozent), Litauen (7,1) und Lettland (6,5). Der führende Vermarktungspartner der hiesigen Publisher ist Google - der Searchriese ist zu 85 Prozent als autorisierter Seller eingetragen. Danach folgen SmartRTB, OpenX und AppNexus.
ron