Einmal im Monat erklären Constantin Buer und Vincent Kittmann von Podstars by OMR die wichtigsten Entwicklungen im Podcast-Business und ordnen sie ein. In dieser Ausgabe des "PodTalk" geht es um richtig dicke Podcast-Deals, um Exklusivität von Shows und um schlechte Format-Bewertungen.
(wer nicht lesen möchte, kann sich den "PodTalk" hier anhören) PodTalk6
Alle Wege führen zu einem dicken Deal
Viele Podcastfans im deutschsprachigen Raum nennen insbesondere drei Formate, wenn sie nach ihren persönlichen Favoriten gefragt werden: Evergreen "Fest und Flauschig", um mit Olli Schulz und Jan Böhmermann einfach mal abzuschalten, "Zeit Verbrechen", um sich mit Sabine Rückert und Andreas Sentker vor dem Einschlafen noch mal richtig schön zu gruseln und natürlich den Podcast für Berufsjugendliche "Alle Wege führen nach Ruhm" mit TV-Star Joko Winterscheidt und Fotograf Paul Ripke.
Letzterer Podcast feiert gerade die Premiere der vierten Staffel, das Podstars-Logo wurde mit einer großen roten Sieben getauscht und Fans des Formats dürfte insbesondere aufgefallen sein, dass eine weitere Brand erhebliche Präsenz in der Show bekommt - und das ist o2. Nun klingt alles erstmal nach einem recht gewöhnlichen Deal für eine native Integration von Werbebotschaften, gewohnt sympathisch wird o2 in den Podcast integriert.
Jedoch unterscheidet sich die Einbindung bei genauerem Hinhören von den vertrauten Platzierungen, denn sowohl die Social Media-Kanäle von AWFNR, als auch die der beiden Protagonisten werden in hoher Frequenz mit Botschaften wie "mehr O in deinem Leben" bespielt. Aus reiner Podcast-Werbung wird eine Art persönlicher Media-Deal, die Gesichter von Joko und Paul und die Marke AWFNR werden mit der Marke o2 verbunden.
In der Branche ist zu erkennen, dass immer mehr Brands diese vorhandenen Reichweiten bei Promi-Podcasts nutzen möchten. Auch andere Formate wie Herrengedeck haben ihre reichweitenstarken Instagram-Kanäle angeboten, um den Podcast für Werbetreibende noch attraktiver zu machen und zusätzliche Flächen zu offerieren. Es gilt also einzusehen: Podcaster sind schon lange auch Influencer und entsprechend werden eben auch nicht nur Podcasts, sondern auch Persönlichkeiten vermarktet.
Spotify tischt weiter auf – Herrengedeck und Gemischtes Hack jetzt exklusiv
Das mit den Personalities haben logischerweise auch die Kollegen von Spotify erkannt. Bereits ausgestattet mit den reichweitenstärksten deutschsprachigen Formaten geht die Akquise von Premiumformaten weiter voran. Neueste Familienmitglieder: Herrengedeck und Gemischtes Hack. Diese beiden Prestige-Produkte der hiesigen Podcastlandschaft laufen nun exklusiv auf der Streamingplattform und sagen den anderen frei verfügbaren Anbietern wie Apple Podcasts oder Deezer erstmal auf Wiedersehen.
Damit endet vorerst auch das florierende Vermarktungsgeschäft bei den Herrengedeck-Mädels, die mit einer soliden sechsstelligen Reichweite pro Folge sicherlich in der Champions League der deutschsprachigen Formate spielen. Für welche Summen die Formate ihre Ungebundenheit aufgeben, lässt sich nur vermuten. Übrigens: nicht nur die ganz großen Formate werden aktuell von Spotify beobachtet, auch der Podcast "The Mindful Sessions" wurde vom Streamingdienst exklusiv übernommen.
Bewertungsbashing lässt Podcaster in den USA verzweifeln
Drittes Thema unserer Kolumne soll ein kurioser Fall aus den USA sein, der die englischsprachige Podcastlandschaft hat aufhören lassen. Dort wurden mehrere Formate mit 1-Stern-Bewertungen, insbesondere auf Apple Podcast und CastBox, derart schlecht gemacht, dass die Produzenten die Formate teilweise einstellen mussten. Der Grund für die offensichtlich koordinierte und groß angelegte Sabotage ist den Machern bis heute völlig schleierhaft. Da die Bewertungen ohne ausformulierte Kritik oder Rezension auf die Podcasts niedergingen, wird vermutet, dass eine Art Tool zur automatisierten Bewertung der Formate genutzt wird.
Unabhängig vom oben beschriebenen Vorfall stellt sich immer wieder die Frage, welchen Einfluss die Bewertungen auf den Plattformen überhaupt auf den Erfolg von Podcasts haben - unserer Erfahrung nach ist dieser eher gering. Auf den meisten modernen Podcast-Plattformen werden übrigens heute gar keine Bewertungsmöglichkeiten mehr angeboten, sondern der Erfolg wird eher über Chartpositionen oder redaktionelle Features definiert oder beeinflusst. Das Problem der "Fake-Bewertungen", an die man sich im E-Commerce-Bereich wohl schon gewöhnen musste, scheint sich also auch auf den Podcast-Bereich auszuweiten.