Einmal im Monat erklären Constantin Buer und Vincent Kittmann von Podstars by OMR die wichtigsten Entwicklungen im Podcast-Business und ordnen sie ein. In dieser Ausgabe wird der chinesische Audiomarkt beleuchtet, es geht um stundenlange Podcast-Werbung und um die Zukunft der Podcast-Vermarktung beim Branchenriesen Spotify.
(wer nicht lesen möchte, kann sich den "PodTalk" hier anhören) PodTalk #10
Noch nie gehört von Lizhi und Ximalaya? So tickt der chinesische Podcastmarkt
Wir beschäftigen uns in dieser Kolumne ja hinreichend mit den deutsch- und englischsprachigen Podcastmärkten und deren Entwicklungen. Zum Start des neuen Jahres wollen wir allerdings auch mal den Blick über die Grenzen hinaus wagen und schauen, was sich eigentlich in China tut. Insbesondere zwei Player haben sich in der dortigen Audiowelt breit gemacht und versorgen die Konsumenten täglich mit Millionen von Stunden Content: Ximalaya und Lizhi. Ersteres Unternehmen gibt an, dass die dazugehörige App XimalayaFM bereits über 540 Millionen Mal aus den App-Stores geladen wurde, es gäbe außerdem über 40 Millionen täglich aktive Nutzer. Lizhi, bei chinesischen Hörern besser bekannt für seine Audio-App LycheeFM, wurde bereits mit über 80 Millionen Dollar gefundet und fand große Investoren in bekannten Riesen wie beispielsweise Xiaomi.
Die Autoren
Constantin Buer und Vincent Kittmann leiten den Podcast-Vermarkter Podstars by OMR. Vermarktet werden unter anderem der OMR-Podcast, Fußball MML, Fiete Gastro und Hotel Matze. Basketballfans dürfte Kittmann bekannt vorkommen: Er war bis 2016 als Profi-Spieler aktiv.
Doch wie funktioniert der chinesische Podcastmarkt eigentlich? Unterschiede gibt es, wohin die Ohren hören - sowohl auf Seite der Anbieter als auch auf der der Konsumenten und natürlich auch in der Refinanzierung. Hierzulande bestimmen bekannterweise die großen amerikanischen und europäischen Player Apple, Amazon (Audible) und Spotify die Audio-Landschaft, in China sind es überwiegend Plattformen, die user generated Audio-Inhalte zur Verfügung stellen. Mit klassischen Podcasts mischen sich Internetradios, Beiträge und andere Online-Audio-Inhalte. Lizhi bietet unter anderem die Möglichkeit direkt in der App Audio-Content zu erstellen. Insgesamt ist die Podcast-Branche in China eher eine Mischung aus Hörbüchern, Meditations-Apps, Spotify und klassischen Podcast-Inhalten. Die Plattformen könnten eher als eine Art “Audio-YouTube” verstanden werden; alle Funktionen laufen sowohl für Publisher als auch für Konsumenten zusammen.
Es ist übrigens gar nicht so leicht, valide Daten für den Podcastmarkt in China zu recherchieren, da sich die unterschiedlichsten Nutzergruppen auf den Audio-Apps tummeln. Zahlen aus dem Jahr 2018 sprechen von circa 425 Millionen aktiven Podcasthörern - gemeint sind hier ausschließlich Podcasts. Die Audio-Sharing Plattform Ximalaya gibt an, dass der durchschnittliche Nutzer circa 150 Minuten täglich in der App verbringt - ein unglaublich hoher Wert. Angeblich ist die Podcast-Industrie in China 23 Mal größer als in den USA. Wer das nicht glauben kann, dem sei
dieser Artikel von supchina.com mit - wie sollte es anders sein - dazugehörigem Podcast empfohlen. Wer mehr darüber erfahren will, wie sich die chinesische Podcast-Landschaft entwickelt, wie die großen Player dort funktionieren und finanzieren, sollte sich
dieses Hot Pod-Interview auf den Seiten des Niemanlab zu Gemüte führen.
Eine Stunde lang Podcast-Werbung - so funktionieren Branded Podcasts
Seit der letzten Ausgabe der Kolumne haben wir viele Nachrichten zum Thema Branded Podcast bekommen. Die Entwicklung dieser speziellen Teil-Branche und gleichzeitig fast revolutionären Form von Content Marketing schreitet momentan zügig voran - jede Woche bekommen wir neue Anfragen von Advertisern, die eben nicht nur auf bestehende Podcast-Reichweiten aufspringen, sondern eigene Audio-Inhalte mit echtem Mehrwert für den Hörer kreieren wollen. Branded Podcasts gibt es auf dem deutschen Markt in den unterschiedlichsten Ausprägungen: ein Format über die Zukunft des Elektroantriebs von Audi, ein Gesundheitspodcast der Techniker Krankenkasse oder ein Comedy-Format von einem Unternehmen, das eigentlich Lutschtabletten gegen Heiserkeit und Halskratzen macht, sind mittlerweile schon keine Besonderheiten mehr. Doch wie bringt man Hörer dazu, sich freiwillig stundenlang Werbung zu konsumieren?
Für die Entstehung eines Branded Podcasts benötigt man weit mehr als ein kurzes Brainstorming und ein paar Testaufnahmen - Podcasts haben sich in Deutschland mittlerweile so sehr in den verschiedensten Nischen und Themenbereichen eingeschlichen, dass ein ausgefeiltes Konzept, passende Podcast-Hosts und die richtige Distributionsstrategie in jedem Fall nötig sind, um am Markt zu bestehen. Für uns heißt das nach einem Kickoff-Workshop mit dem Kunden meistens: zwei Tage einschließen und Ideen erarbeiten. Was passt zum Kunden? Wer ist die Zielgruppe? Wie hoch ist das Potenzial? Wer erfahren will, wie andere das Thema angehen, der schaut mal bei
Pacific Content vorbei.
Jetzt wird’s spannend bei Spotify - Targetierung in der Podcast-Vermarktung startet
Spoiler-Alert: die Vermarktung von Podcasts mit Werbeeinbindungen abhängig von demographischen Daten, Wohnort und anderen Daten bleibt vorerst den USA vorbehalten. Trotzdem spannend: Natürlich sieht der schwedische Streaming-Dienst die neuen Funktionen mittelfristig auch für den deutschen Markt vor, der für Spotify aufgrund der Prestige-Podcasts “Fest und Flauschig” und “Gemischtes Hack” und deren außergewöhnlich hohen Reichweiten eine große Rolle spielt. Insgesamt legt der
Podcast-Konsum auf Spotify deutlich zu, für Spotify also ein logischer Schritt in Richtung eines Full-Service-Podcast-Providers. Das System könnte den Podcast-Werbemarkt merklich verändern.
Erste Anlaufstelle für Brands, die Podcast-Reichweiten nutzen wollen, ist Spotify selbst, Daten kommen für die Advertiser aus erster Hand. Auch in Sachen Skalierbarkeit bringt der Streaming-Dienst so neuen Schwung in den von nativen Host-Read-Ads geprägten Podcastmarkt. Ob diese zu Lasten der Authentizität geht, werden wir beobachten. Zu erwarten sind deutlich weniger persönliche Werbeeinblendungen, die zudem natürlich automatisiert in den Podcast-Content eingesetzt werden. Zu einem möglichen Deutschland-Start der neuen Vermarktungsmöglichkeiten machte Spotify noch keine Angaben.