Marcel Hollerbach, Productsup
Daten sind der wesentliche Erfolgstreiber im E-Commerce. Höchste Zeit also, dass Unternehmen ihre Daten endlich auf Agilität trimmen, fordert Marcel Hollerbach. Wie das geht, analysiert der CMO des Produktdaten-Spezialisten Productsup in seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online - und zwar mithilfe eines  5-Punkte-Plans.
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Drei Billionen Euro zu verschenken? Diese Summer verschleudern US-amerikanische Unternehmen Jahr für Jahr aufgrund von schlecht aufbereiteter Daten, fand der Harvard Business Review heraus. Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als die Staatsverschuldung des krisengebeutelten Italiens, das aktuell mit 2,3 Billionen Euro in den Miesen steht.

Mantrahaft predigen Management-Gurus, endlich die dicken Mauern der Abteilungssilos niederzureißen und agile Teams zu bilden. Doch die Daten bleiben in ihren Walled Gardens gefangen. Solange Händler und E-Commerce-Unternehmen ihre Datenbestände nach Marktplätzen und Kanälen ordnen, werden sie die Grenzen der globalen Player nie überwinden und damit auch nie übergreifend ihre Systeme optimieren können.


Fatal, weil im Zeitalter von Multichannel die Möglichkeiten exponentiell steigen, statische Datenbestände halten mit diesem Tempo nicht mit, Unternehmen verlieren den Anschluss und vergeuden Umsatzpotenziale. Deshalb: Wir brauchen eine neue Kultur der Daten-Agilität in Deutschland.

1.

Komplette Bestandsaufnahme

Die digitale Transformation ist in aller Munde. Tatsächlich wissen 58 Prozent der deutschen Führungskräfte aber nicht, wo sie bei der Umsetzung anfangen sollen. Das ergab eine Umfrage des Münchner Softaware-Entwicklers Celonis. Dabei hat über die Hälfte der Unternehmen erkannt, dass vor allem der Einsatz neuer Technologien und die Anpassung der IT-Systeme elementar sind, um dauerhaft agiler zu werden, so die Ergebnisse einer Studie der HypoVereinsbank zur gleichen Thematik.
Der erste Schritt hin zu Veränderung und dauerhafter Daten-Agilität ist die Prüfung des Status Quo.
Marcel Hollerbach, Productsup
Der erste Schritt hin zu Veränderung und dauerhafter Daten-Agilität ist deshalb die Prüfung des Status Quo. Das ist zwar ähnlich spaßig wie das Aufräumen eines vollgestellten Kellerabteils, muss aber unbedingt sein, um die Ausgangslage realistisch bewerten zu können. Je nachdem, welches Konzept das Unternehmen im Umgang mit seinen Daten bisher verfolgte – wenn es denn eines gab – kann sich die Beschaffenheit als ganz unterschiedlich herausstellen.

Deshalb lohnt es sich, zu aller erst die Antworten auf diese drei Fragen zu klären: Welche Daten habe ich überhaupt? Wo liegen sie? Und wie sind sie aufbereitet? Vielfach agieren Unternehmen hier noch mit vorformatierten Excel-Tabellen und statisch angelegten Datenbanken. Doch damit hat jedes Unternehmen einen eigenen Walled Garden pro Kanal um sich errichtet, der es ihm nahezu unmöglich macht, agil auf neue Entwicklungen im Markt zu reagieren.

Das bedeutet, dass die notwendige Flexibilität nicht gegeben ist, wenn neue E-Commerce-Trends absehbar sind – wie etwa Instagram Shopping. Dabei wird das Thema Social Commerce immer wichtiger, wie erste Zahlen aus den USA belegen: Statista zufolge liegt der Anteil derjenigen, die zumindest gelegentlich über Instagram, Pinterest und Co. einkaufen, in der beliebten Zielgruppe der Generation Y bei 42 Prozent – Tendenz steigend.
Der einzige Ort, an dem sämtliche unternehmensrelevanten Daten langfristig gut aufgehoben sind, ist die Cloud.
Marcel Hollerbach, Productsup


2.

Ab in die Cloud

Der einzige Ort, an dem sämtliche unternehmensrelevanten Daten langfristig gut aufgehoben sind, ist die Cloud. Hier sind sie dezentral gespeichert und können jedem zugänglich gemacht werden, der damit arbeiten muss – egal ob Sales, Marketing oder Kundenservice. Anbieter gibt es inzwischen viele. Welcher der Richtige ist, hängt allerdings stark von dem Zweck ab, für den das Unternehmen ihn nutzen will.

Am besten ist es, sich nicht nur auf eine Cloud zu verlassen, sondern für die unterschiedlichen Anforderungen auch unterschiedliche Lösungen zu wählen, also eine sogenannte Multi-Cloud zu implementieren. Bisher haben dies nur 11 Prozent der deutschen Unternehmen geschafft, so die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Colocation-Rechenzentren-Anbieters Interxion. Welche enorme Wichtigkeit eine derartige Umstellung hat, haben jedoch die meisten bereits erkannt: Knapp 70 Prozent der Befragten gaben an, über kurz oder lang eine passende Multi-Cloud-Strategie einsetzen zu wollen.

Bei der Auswahl sollten die Kosten allerdings nur ein und nicht entscheidende Aspekt sein. Wichtiger ist es, vertrauenswürdige Partner zu finden, die dem Unternehmen die Datenspeicherung und -nutzung langfristig erleichtern. Fakt ist nämlich auch, dass die Überführung in ein dynamisches System nicht nur eine neue Agilität ermöglicht, sondern auf Dauer für mehr Sichtbarkeit und damit auch für bessere Ergebnisse sorgt. Für diejenigen, die am Ball bleiben, werden sich die neu anfallenden Kosten also bald nach der Umstellung amortisieren.


3.

Datenpool öffnen

Nicht nur die Händler selbst haben durch ihre statisch gespeicherten Daten einen Walled Garden um sich herum errichtet. Auch die einzelnen Plattformen wie Google, Amazon und Facebook haben dies – mehr oder weniger bewusst –  getan, indem sie strikte Regeln dafür aufgestellt haben, in welcher Form die benötigten Daten angeliefert werden sollen. Keine passenden Daten bedeutet eingeschränkte Sichtbarkeit in den Kanälen. Deshalb gilt es hier, durch optimal aufbereitete Produktinformationen, für die beste Performance des eigenen Sortiments zu sorgen.

Liegen alle relevanten Daten in einer entsprechenden Cloud, müssen die Unternehmen sie nicht mehr selbst für jeden einzelnen Kanal aufbereiten. Das war bisher nicht nur extrem zeitaufwendig, sondern barg auch ein großes Fehlerrisiko. Nur weil die Form in dem einen Monat passte, bedeutet das nämlich nicht, dass das auch in den Folgemonaten der Fall sein muss. Die Anforderungen von Google und Co. befinden sich in einem stetigen Wandel – von der Tatsache, dass für Werbung auf Instagram nicht dieselben Voraussetzungen wie für Instagram Shopping gelten, ganz zu schweigen. Ein dynamisches System nimmt den Händlern nicht nur die Arbeit ab, selbst den Überblick behalten zu müssen, sondern macht den Intermediären die Daten zugänglich und bereitet sie automatisch in der gewünschten Form auf.

4.

Daten transformieren

Abgesehen von den zu bespielenden Kanälen hatte auch die IT bisher eine Gatekeeper-Funktion inne. Egal, ob es sich bei den Datensätzen um Produktinformationen, Verkaufszahlen oder Geschäftskontakte handelte, im ersten Schritt musste die IT eine Infrastruktur schaffen, um die Daten für die Mitarbeiter überhaupt verwendbar zu machen. Das Problem dabei: Herkömmliche Excel-Tabellen und Datenbanken sind meist sehr statisch aufgebaut.

Das bedeutet: Nachdem sie einmal programmiert wurden, lassen sie sich kaum noch auf individuelle Bedürfnisse anpassen. Und so kann es sein, dass manche Tabellenspalten mit der Zeit überflüssig werden, wohingegen ein anderer Faktor an Wichtigkeit gewinnt. Alte Systeme können dies nicht berücksichtigen. Erst mithilfe dynamischer Cloud-Systeme können die Strukturen agil auf wandelnde Ansprüche angepasst werden – und das ganz ohne Programmierungskenntnisse.

Das macht die Datennutzung und -verwaltung für alle Mitarbeiter maximal unkompliziert und sorgt dafür, dass auch die IT-Abteilungen ihre Ressourcen für komplexere Arbeitsbereiche aufsparen können und sich nicht mehr mit „Kleinkram“ wie der Erstellung von Excel-Dateien aufhalten müssen. Die Daten-Transformation ist somit eine Win-Win-Situation für alle.

5.

Kontinuierlich optimieren

Auch wenn die Überführung der Daten aus den alten, statischen Silos in die neue, dynamische Struktur abgeschlossen ist, darf man sich auf keinen Fall darauf ausruhen. Produktinformationen, Kontaktdaten und Co. müssen ständig gepflegt und aktualisiert werden. Das ist bei dem neuen System nicht anders als in den althergebrachten Excel-Tabellen und Datenbanken auch. Die Nutzung einer Cloud hat jedoch den großen Vorteil, dass viele Leute gleichzeitig darauf zugreifen und die Unternehmensdaten so gemeinsam up-to-date halten können.

Ebenso gilt: Man lernt nie aus. Deshalb ist es wichtig, die Performance seiner Datensätze stets im Auge zu behalten und auf etwaige Verbesserungen hin zu prüfen. Ein Beispiel wäre hier der Handel über Amazon: Wer über den E-Commerce-Riesen verkauft, der merkt schnell, ob die Kombination seiner Produktinformationen funktioniert oder ob eine andere Konstellation von Daten wie Marke, Farbe und Produktbezeichnung besseren Absatz erzielt.

Fazit:

Aller Anfang ist schwer. Das ist bei der Umstellung hin zu einer neuen Daten-Agilität nicht anders. Fakt ist jedoch: Der Markt wächst und wächst – und er dreht sich immer schneller. Ständig werden neue Technologien und Kanäle gelauncht, die es zu nutzen gilt. Laut Statista sind die Umsätze im zweiten Quartal 2019 im Vergleich zum gleichen Zeitraum vor drei Jahren um fast fünf Milliarden Euro gestiegen. Wer von diesem immer größer werdenden Kuchen ein Stück abhaben will, ist gezwungen, sich anzupassen – völlig unabhängig von Branche, Größe oder Umsatzzahlen. Denn wer den Wandel verschläft, der wird früher oder später von der Konkurrenz abgehängt. Ist der erste Schritt jedoch gemacht, wird es für Händler deutlich leichter, mit dem wachsenden Tempo mitzuhalten und in Zukunft auf neue Trends aufzuspringen.




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