Carl-Jochen Reinhardt, Fork Unstable Media
Tech-Konferenz Collision

Warum Tech immer noch ein People Business ist

Seit Montag findet in New Orleans zum fünften Mal die Collision statt, laut Forbes "the fastest growing tech conference in America". Carl-Jochen Reinhardt, Account Director von Fork Unstable Media, schildert für HORIZONT seine Eindrücke von der Tech-Konferenz, die ab dem kommenden Jahr in Toronto stattfinden wird. 
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Der erste Tag der Collision ist vorüber. Man geht mit einer großen Auswahl an Eindrücken zurück aufs Hotelzimmer. Kryptowährungen sind nicht nur bei den zahllosen Fintech Startups ein Thema, die Blockchain lässt keinen los. Nur die beiden Buchstaben "AI" sind überall noch stärker vertreten. 


Die Paneldiskussion ist das vorherrschende Format der Konferenz. Häufig steht und fällt die Qualität daher mit dem Moderator der Diskussion, denn die meisten Talks und Diskussionen gehen gerade einmal 20 Minuten lang. Nicht viel Zeit, um in die Tiefe zu gehen und den Kern einer Sache ausgiebig zu besprechen. Auf der Bühne geht es also in die Breite und erst abseits davon in die Tiefe. 

Ob bewusst oder unbewusst – es war ein schönes Statement, dass der erste Vortrag der Hauptbühne nach der offiziellen Eröffnung der Konferenz – "Reputation, trust and safety online" – vor allem ein Appell für mehr Datensicherheit war. Europa sei Amerika hier weit voraus, so Karuna Nain von Facebook. Ein Fluch für jeden, der sich in Deutschland gerade mit der DSGVO auseinandersetzen muss. 

Gerade Kinder gehen sehr unbedarft mit den unendlichen technischen Möglichkeiten, die wir heute haben, um. Es muss daher unser Grundanliegen sein, unsere Systeme und Software so zu gestalten, dass Datensicherheit per Default gegeben ist. "Data security by Design" muss das Mantra sein, so die einhellige Meinung der Diskussion.

Blockchain beyond cryptocurrency

Brian Behlendorf von Hyperledger und Robert Hackett vom Fortune Magazine versuchen einen Einblick zu geben, was eigentlich diese Blockchain ist, wenn es gerade nicht um Kryptowährungen geht. "Es geht um Vertrauen", besagt die Erklärung für den technischen Laien. Überall, wo ich Vertrauen technisch umsetzen will, brauche ich eine Blockchain-Implementierung. 

The magic of Innovation

Jedes Unternehmen will innovativ sein. Aber wie kommt man dahin, auf Abruf innovativ zu sein? Kommunikation, Limitierungen und Ausprobieren sind für Richard Marks die Antworten. Innerhalb von Sony trifft man sich einmal im Jahr zu einer Art internen Technologie-Messe. Die Ingenieure der verschiedenen Sparten des Konzerns stellen dabei vor, woran sie gerade arbeiten. Das schafft Kommunikation und innovativen Austausch. 

Ebenso wichtig sei eine Limitierung. Etwas, das innovative Ideen für eine Lösung oder ein Produkt erzwingt. In der Produktion mag das eine vergleichsweise simple Limitierung sein, wie z.B. "Dieses Produkt darf höchsten 5$ kosten." Schon zwingt dich etwas, deinen bisherigen Ansatz infrage zu stellen. "Muss das wirklich so, oder so gemacht werden?" Das treibt dich an, so Marks. 

Wichtiger noch als das sei aber das Ausprobieren der Ideen. Es sind immer die Dinge, an die du nicht gedacht hast, die ein Produkt erfolgreich machen, und im konkreten Fall bei PlayStation einen Spielspaß ausmachen. Den gleichen Vortrag hätte man sich eigentlich von Nintendo gewünscht.

Changing the way the world shops

Die Zukunft des Einkaufens liegt im Internet. Soweit so gut. Und irgendwie auch nichts wirklich Neues. Allerdings zeigt Jeremy King, CTO des weltweit größten privaten Arbeitgebers Walmart, dass die große Angst vor dem Wegfall von Arbeitsplätzen bei konstantem technologischen Wachstum und Einsatz von AI-Robotern zumindest teilweise unbegründet ist. Denn obwohl Walmart durch die Einführung von Regal-scannenden Robotern, die sowohl Fehlplatzierungen der Ware als auch Inventarstände reporten, stark auf eine Entlastung der menschlichen Arbeitskräfte baut, sind seitdem mehr als 18.000 neue Mitarbeiter eingestellt worden. 

Eine weitere technologische Neuerung von Walmart sind die Store-Pickup-Stationen in bereits über 1.000 Märkten. Vorher im Netz bestellte Waren können dort zu einer Wunschzeit ganz bequem und ohne nervige Wartezeiten an der Kasse abgeholt werden. Die Resonanz der Kundschaft ist absolut positiv und der entsprechende Plan, diese Abdeckung zu verdoppeln, steht bereits fest verankert in den Zielen für 2019.

The theory and application of computational intelligence

Jeder, der in den letzten 15 Jahren einen Studiengang gewählt hat, der mathematische Schwerpunkte oder mathematische hatte, ist an der Software Mathematica sicher nicht vorbeigekommen. Und noch bevor Alexa, Siri und der Google Assistant angefangen haben, unsere Wünsche zu verstehen, konnte man bei Wolfram Alpha bereits in natürlicher Sprache Problemstellungen eingeben. Beides kommt aus der Feder von Stephen Wolfram. Beides das gleiche Produkt und die gleiche Programmiersprache. Unter Nerds muss man sich den Vortrag ebenso ansehen wie andere Leute Al Gore. 

Leider stößt man wieder auf das Problem, dass man in 20 Minuten eben nicht sehr in die Tiefe gehen kann. So wird der Vortrag eher zu einer Produktdemonstration von Wolfram. Wenn auch eine sehr beeindruckende. Gesammelte Informationen liegen nicht nur in Google vor. Auch in Wolfram kann ich z.B. Temperaturkurven beliebiger Orte abfragen.

The secret to technical leadership

Was ist eigentlich die Aufgabe eines Chief Technology Officer (CTO)? Immer mehr Unternehmen, die selbst augenscheinlich keine direkte Technikabteilung haben, oder bei denen Technologie vielleicht nicht zum Markenkern gehört, schaffen eine solche Stelle. Abschließend und allgemeingültig konnte man die Frage nicht beantworten, aber zumindest für Rebecca Parsons (CTO, ThoughtWorks) und Joe Korngiebel (CTO, Workday) sind ihre Aufgaben klar. "It's people's buisness", so Parson. Jeder Bereich jedes Unternehmens wird immer technischer und braucht Entwickler und Leute, die eine Vision haben und umsetzen. Das ist noch nicht in jedem Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Es geht viel um Kommunikation, das Aufbauen von gegenseitigem Verständnis und das Abbauen von Missverständnissen.

Collision 2019 in Toronto

Die Vorletzten Worte hat Justin Trudeau. In einer kleinen Videobotschaft richtet sich der kanadische Premierminister an die Besucher der Collision. Vom 20 bis 23. Mai 2019 wird die Collision das erste mal für mindestens drei Jahre zu Gast in Toronto sein. Damit stellt die Tech-Szene kurzfristig ein ganzes Prozent der Stadtbevölkerung. 




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