Instagram stellte gestern ein
neues Feature namens Stories vor, das doch sehr stark an das Konkurrenzprodukt Snapchat erinnert, sogar vom Namen her. Nutzer können bei der Facebook-Tochter nun Fotos zu einer Slideshow zusammenstellen, diese mit Filtern versehen und dem ganzen auch noch eine Halbwertszeit von 24 Stunden geben. Die gelbe App mit dem Geist lässt grüßen. Doch für Instagram macht dieser Schritt sehr viel Sinn. Hier sind drei Punkte, warum Instagram mit dieser Neuerung alles richtig macht.
1. Klonen statt kaufen
Diese Frage entwickelte sich im Silicon Valley zuletzt fast schon zu einer Art Running Gag: Wann kauft Facebook endlich Snapchat? Eine Frage, die sich angesichts des Mega-Hypes und der stark zunehmenden Nutzerschaft von Snapchat die gesamte Tech-Welt gestellt hatte - zuletzt sehr häufig auf der VidCon im kalifornischen Anaheim. Mark Zuckerberg war 2013 mit einem Übernahmeangebot bei Snapchat-CEO Evan Spiegel abgeblitzt und versuchte daraufhin mehrmals, seinen Konkurrenten zu klonen - bislang aber mit mäßigem Erfolg: Der erste Versuch, Snapchat mit Slingshot eine eigene App für verschwindende Inhalte entgegenzusetzen, ging in die Hose - das Produkt wurde wieder eingestellt. Dann entwickelte Facebook noch die App Poke, in der Nachrichten nach einiger Zeit automatisch gelöscht wurden. Doch auch diese Anwendung floppte. Facebooks Strategie, das Modell von Snapchat in externe Apps auszugliedern, ist gescheitert. Nun integriert Mark Zuckerberg das Modell jedoch in eine bereits etablierte App. Ein Super-Klon mit einer Masse von aktiven Nutzern im Rücken, der wahrscheinlich mehr Erfolg haben könnte, als die Flops der Vergangenheit.
Snap Insta
2. Das Problem mit der Like-Tyrannei
Instagram hatte in den vergangenen Jahren ein großes Problem: Interne Untersuchungen sollen gezeigt haben, dass mehr als die Hälfte der Nutzer ihre Fotos und Videos wieder löschten, wenn diese nicht innerhalb kurzer Zeit viele Likes und Comments aufwiesen. Die Nutzer fühlten sich also einem großen Performance-Druck ausgesetzt. Ein Druck, von dem Twitter- und Facebooknutzer übrigens auch berichten. Bei Snapchat ist das anders: Da die Nutzer ihre Inhalte oftmals nur an ausgewählte Kontakte verschicken und öffentliche Storys ohnehin nicht gelikt werden können, fühlen sie sich auf der gelben App freier. Die Jagd auf Likes gibt es auf Snapchat schlicht und einfach nicht. Genau das bietet nun auch Instagram über die Stories-Funktion. "Wir brauchen einen Ort, an dem die Nutzer die Freiheit haben, alles zu posten, was sie wollen, ohne die Angst zu verspüren, ob das jemandem gefällt oder nicht", hatte Instagram-CEO Kevin Systrom gegenüber dem
"Wall Street Journal" gesagt und damit eingeräumt, dass Snapchat einen entscheidenden Vorteil hat. Systrom macht übrigens keinen Hehl daraus, dass sich Instagram bei der neuen Funktion von
Snapchat hat inspirieren lassen. Eine Haltung, die man im Silicon Valley nicht gerade häufig sieht.
3. Der Periscope-Meerkat-Effekt
Im Kampf gegen den aufstrebenden Konkurrenten Snapchat hat Instagram ein Ass im Ärmel: die Anzahl der Nutzer. Die liegt nämlich bei der Facebook-Tochter derzeit bei mehr als 500 Millionen aktiven Usern im Monat und ist damit fast dreimal höher als bei Snapchat. Wenn jetzt der größere Player die gleichen Funktionen anbietet wie der kleinere, dann hat in der Regel Letzterer das Nachsehen. Bestes Beispiel dafür war der Konkurrenzkampf der Live-Streaming-Plattformen Meerkat und Periscope im vergangenen Jahr. Twitter reagierte 2015 auf den sehr erfolgreichen Anbieter Meerkat mit einer eigenen Plattform und stattete diese sogar noch mit weiteren nützlichen Funktionen aus, etwa dem Abspeichern von Live-Streams. Mit dem Ergebnis, dass heute kaum mehr jemand über Meerkat spricht. Das bedeutet zwar nicht, dass in wenigen Monaten keiner mehr über Snapchat sprechen wird, jedoch wird Instagram sicherlich mit seinem neuen Feature einen ähnlichen Erfolg verbuchen können.
ron