Johannes Lenz, Starcom Germany
Snapchat, Whatsapp und Facebook

Warum Messenger die Zukunft der digitalen Markenkommunikation sind

Messenger verändern derzeit massiv die Marketing-Kommunikation: Mit ihnen entstehen neue Möglichkeiten, mit Zielgruppen zu kommunizieren. Johannes Lenz, Corporate Blogger bei Starcom Germany, erklärt, warum die Zukunft der Markenkommunikation in der Messenger-Kommunikation liegt.
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Es gibt nicht viel, das Alt und Jung derzeit während ihrer mobilen Internetnutzung lieber machen, als private Nachrichten zu verfassen, Audiobotschaften zu übermitteln oder Videogespräche mit einer klar definierten Zahl an Teilnehmern zu führen. Hierfür werden immer häufiger sogenannte Mobile-Messaging-Apps verwendet, die zum Teil auch via Desktop genutzt werden können. Die bekanntesten und populärsten sind weltweit zurzeit WhatsApp, Facebook Messenger oder Snapchat.

Die weltweite Beliebtheit lässt sich sehr gut an der nachfolgenden Grafik ablesen. Weltweit haben die vier führenden Messaging-Apps gemessen an der Zahl ihrer Nutzer die vier führenden Social-Networks-Apps längst hinter sich gelassen. In Deutschland kommunizieren über 50 Prozent der deutschen Internetnutzer regelmäßig aktiv auf WhatsApp.
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Attraktivität der Messengers für Marken

Für die Anziehungskraft auf Unternehmen gibt es verschiedene Gründe. An erster Stelle steht, dass das Engagement der Nutzer auf Messenger-Apps um ein Vielfaches höher ist als auf herkömmlichen Mobile-Apps. Neben einer international – bereits beeindruckenden – Rate von regelmäßig wiederkehrenden Nutzern, ist auch die Empfehlungsbereitschaft von Nutzern auf WhatsApp durchaus von Interesse für Marken. Einer der ersten WhatsApp-Cases in Deutschland zeigte, das über 70 Prozent der 4.400 befragten WhatsApp-Abonnenten den entsprechenden Newsdienst schon einmal weiterempfohlen hatten.

Die "One-to-one"-Kommunikation mit Nutzern verspricht für Marken eine Nähe und Direktheit zu potenziellen Kunden, die so vorher nicht existierte. Bisher standen Social Networks wie Facebook, Twitter & Co. für eine "One-to-many"-Kommunikation, in der der Einzelne einer von vielen ist.

Schließlich zeigt die aktuelle Entwicklung, dass sich die führenden Messaging-Apps zunehmend kommerzialisieren, was vor allem auf den Druck der asiatischen Messenger LINE sowie WeChat zurückzuführen ist. Speziell in den Bereichen Werbung und Conversational Commerce (Komfort, Personalisierung und Entscheidungshilfe beim Kauf) entwickeln sich die Messengers rasant weiter. Erste Firmen testen sogenannte "Sponsored Messages" im Facebook Messenger. Andere Unternehmen versuchen sich mit "Chatbots" (textbasierte Dialogsysteme mit Ein- und Ausgabemaske) in der automatisierten Kommunikation mit Kunden.

WhatsApp wird immer häufiger als Newsletter-Ergänzung verwendet. Gerade Medienunternehmen und Verlage nutzen den Messenger als zusätzlichen Kanal, um ihre News direkt an Leser und Kunden auszuspielen. Dies geschieht inzwischen in der Regel automatisiert unter Zuhilfenahme von virtuellen Dashboards, die von Drittanbietern offeriert werden. Ein zweiter Bereich, in dem WhatsApp aktuell getestet wird, ist der Conversational Commerce. Die Pre-Sales-Maßnahme ist beratender Natur und soll als Alleinstellungsmerkmal die Bindung eines Kunden zu einer Marke verstärken. Der eigentliche Kaufprozess wird im Online-Shop des Retailers (Händlers) abgeschlossen.

Was Snapchat betrifft, ist man hier noch relativ am Anfang. Werbung wird hier bisher nur in größeren – für Europa länderübergreifenden – Kampagnen ausgespielt. Ein Werbeformat, die sogenannten Branded Lenses, bietet Unternehmen die Option, Snaps von Nutzern mit eigens dafür kreierten Masken zu verändern. Bisher wird dieses Werbeformat auf dem Messenger, der sich vor allem in der Generation Z (Jahrgänge ca. 1995 bis 2010) und unter Millennials / Generation Y (Jahrgänge ca. 1980 bis 1995) großer Popularität erfreut, nur für einige große bzw. globale Kampagnen genutzt. Zudem ist eine solche Kampagne derzeit noch recht kostenintensiv.
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Darauf sollten Marken achten

Mobile-Messaging-Apps bergen für Marken ein großes Potenzial, wie die vorherigen Abschnitte gezeigt haben. Marketingverantwortliche sollten im Vorfeld eines Messenger-Engagements im Rahmen ihrer Social-Media-Strategie prüfen, ob es zu Restriktionen für den Markenauftritt kommen kann.

WhatsApp, mit einer Nutzerschaft von über 1 Milliarden Menschen weltgrößter Messenger, weist nach wie vor in seinen AGB daraufhin, dass mit der Nutzung des Dienstes keinerlei Spam oder kommerzielle Ziele verfolgt werden dürfen: "You agree not to collect or harvest any personally identifiable information, including phone number, from the Service, nor to use the communication systems provided by the Service for any commercial solicitation or spam purposes. You agree not to spam, or solicit for commercial purposes, any User of the Service."

Damit sind im Prinzip alle zuvor genannten Marketingbeispiele nicht im Einklang mit den AGB von WhatsApp. Das Problem daran ist, das WhatsApp diese als Spam identifizieren kann – die Betonung liegt auf "kann" –, was bei Anwendung zur Folge hätte, dass keine Nachrichten mehr an Kunden, Fans usw. durch die Drittanbieter versendet werden können.
In Deutschland gab es bisher einige Fälle dieser Art, die die Marken allerdings nicht davon abhielten, gemeinsam mit den Dienstleistern nach einer Lösung zu suchen, um ein weiteres Engagement zu gewährleisten. Im Hinblick auf datenschutzrechtliche Bedenken hat WhatsApp kürzlich die "Ende-zu-Ende-Verschlüsselung" eingeführt. Die Verschlüsselungsfunktion ist immer dann aktiv, wenn beide Gesprächspartner die aktuelle App-Version installiert haben. Zu ihrer sicherheitstechnischen Einschätzung hat sich Heise Security nach einem ersten Test positiv geäußert: "Alles in allem ist die Einführung von belastbarer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für über eine Milliarde Whats-App-Nutzer, die nichts weiter tun müssen, als ein App-Update zu installieren, ein echter Gewinn in Sachen Privatsphäre."

Bei der rechtlichen Bewertung von WhatsApp als Marketinginstrument kommt Rechtsanwalt Thomas Schwenke zu folgendem Fazit: "Wie schon beim Sharing-Button zeigt sich WhatsApp auch beim Direktmarketing rechtlich als unproblematisch. Das gilt zumindest solange, wie Sie die Nutzer auf der Anmeldeseite über die Inhalte der kommenden Nachrichten und die Opt-out-Möglichkeit aufklären. Dabei sollten sich Ihre Nachrichten selbstverständlich an den Rahmen der Einwilligung halten. Ansonsten handelt sich bei diesen um SPAM, der genauso wie E-Mail-SPAM abmahnbar ist."

Bei der geschäftlichen Verwendung von WhatsApp gilt die Pflicht, ein Impressum anzugeben. Dies wird in den meisten Fällen durch die Dienstleister gewährleistet. In Sachen Snapchat wird es dagegen schon schwieriger. Jeder, der es geschäftlich nutzt, unterliegt der Impressumspflicht (§ 5 TMG, 54 Abs. 2 RfStV). Allerdings, so Schwenke, führt die Flüchtigkeit der Inhalte nicht dazu, "dass sich so etwas wie eine zentrale Anlaufstelle für Nutzer bildet. D. h., solange Snapchat keine Profile einführt, liegt meines Erachtens keine Impressumspflicht vor."

Was den Facebook Messenger betrifft, so gibt es hier bisher kaum rechtliche Bewertungen oder sogar Urteile. Allerdings wird Unternehmen wie auch Verbrauchern nahegelegt, keine sensiblen oder sogar personenbezogenen Daten darüber zu kommunizieren.

Blick in die Zukunft: Messengers als virtuelle und persönliche Begleiter

Die Vorstellung der Unternehmen, die die führenden Messaging-Apps betreiben, scheint klar: Sie wissen um die heute schon große Bedeutung von mobilen Endgeräten für die Internetnutzung. Sie wissen aber auch um die sich vollziehende Verlagerung der Online-Kommunikation in den "One-to-one"-Bereich. Dieser Trend wird auch in den nächsten Jahren anhalten.

Damit werden die Messenger zu eigenen Ökosystemen ausgebaut, die weit über das hinausgehen, was sie ursprünglich einmal waren: schlanke Apps, die den schnellen Dialog per Textnachricht ermöglichen. Künftig werden Messengers wohl virtuelle Begleiter sein, über die ein Großteil der persönlichen Kommunikation abgewickelt wird. Ob es sich dabei um den Kauf von Kleidung, das Überweisen von Geld oder die Abwicklung von Versicherungsgeschäften handelt: All das wird vermutlich nicht mehr nur offline oder auf den Webseiten und Apps der jeweiligen Anbieter realisiert, sondern auch auf Messaging-Apps. Letztlich stellt sich dabei aber wie so oft die Frage nach der Sicherheit. Diese muss gewährleistet sein, wenn es um sensible Informationen (Personen- oder Finanzdaten) geht.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Social-Media-Kompass des BVDW. Mit freundlicher Genehmigung des Verbands und des Autors veröffentlicht HORIZONT Online den Beitrag an dieser Stelle.



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