Marko Nußbaum, TheAppGuys
Smarter Lautsprecher

Warum Google Home nicht so schlau ist wie erwartet

Als am 8. August die deutsche Version von Google Home, dem allwissenden Lautsprecher von Google, erschien, war die Vorfreude der Fans riesengroß. Die Ernüchterung folgte jedoch kurz nach dem Auspacken, meint Marko Nußbaum, Geschäftsführer der App-Entwickler TheAppGuys, in seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online. So schlau wie erwartet sei das Gerät nämlich nicht.
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Google Home positioniert sich als Gegenspieler zu Amazon Echo und hat in etwa denselben Funktionsumfang wie dessen vermeintlich künstliche Intelligenz, die auf den Namen Alexa hört. Echo ist schon einige Zeit auf dem Markt und ein voller Erfolg. Zumindest wenn man den Bewertungen auf Amazons eigener Produktseite glaubt: Über 3500 Rezensionen gibt es dort und über 1000 beantwortete Fragen. Die Bewertung der Kunden lautet 4,3 von 5. Also fast so gut, wie geschnittenes Low-Carb-Brot (4,5 von 5).


Maschinelles Lernen, insbesondere Big Data bzw. Deep Learning-Ansätze haben phänomenale Fortschritte gemacht in den letzten Jahren. Das Schachspiel ist schon lange geknackt. Auch im Go muss sich der Mensch der Maschine unterwerfen. Und sogar bei Jeopardy überflügelte Deep Blue die besten Spieler aus Fleisch und Blut. Warum haben Google Home und Alexa dann so erschreckend wenig Antworten auf simple Fragen? Auf die Frage "Hey Google, welche Parteien treten zur Bundestagswahl an?" antwortet das Gerät in einem Video-Test auf Youtube: "Tut mir leid, dass ich darauf keine Antwort habe, ich lerne noch". So, so, da stellt man sich also für 150 € einen künstlichen Schüler ins Wohnzimmer. Wobei die meisten echten Schüler vermutlich wenigstens ein paar Parteien aufzählen könnten.

Der gewöhnliche Internetnutzer erwartet von einem intelligenten Assistant zu recht, dass dieser zumindest die Aufgaben per Spracheingabe erledigt, die jede Suchmaschine nebenher schafft. Bei einfachen Rechenaufgaben und der Wettervorhersage klappt das auch oft genug. Beim Wechselkurs Euro zu Dollar sieht es schon weniger rosig aus. Immerhin kann man über beide Geräte ein Taxi bestellen. Mit Spracheingabe! Wissen Sie, womit das noch geht? Mit dem Telefon.

Übrigens: Die Taxifahrten werden nicht von Google oder Amazon selbst angeboten, sondern von einem Partner. Angefangen hatte dieser mit Taxivermittlung per Smartphone-App. Und in ähnlicher Weise dürfte die Funktion auch auf den Schlausprechern gelandet sein: Die Gegenstücke zur App heißen "Skill" (Alexa) oder "Action" (Google Home). Immerhin bieten beide Plattformen einen Distributionskanal für die Sprach-Apps an. Da müsste das Herz der Digitalagenturen und Unternehmer eigentlich direkt höherschlagen. Wäre da nicht ein kleines Problemchen: Die Monetarisierung wurde von beiden Playern sträflich vernachlässigt. Sie haben richtig gelesen, weder für Skills noch für Actions können Sie im Store Geld verlangen.

Gut, bleibt das Pendant zum In-App-Purchase. Damit wird bekanntermaßen ohnehin mehr Umsatz gemacht. Also gibt es bei Google folgerichtig ein Framework dafür namens "Transactions". In der Testphase. Und auch nur auf Android. Das ist immerhin schon mehr, als Amazon von sich behaupten kann. Praktisch bedeutet das: Um die Monetarisierung kümmert sich der Anbieter von Skill & Action besser selbst und baut die entsprechenden Systeme von Grund auf neu. Oder verzichtet darauf. Geld verdienen ist ja auch nicht so wichtig.

So ganz wird man derzeit das Gefühl nicht los, dass der Einsatz der Systeme als digitale Vertriebsplattform keine Priorität genießt. Das mag eventuell daran liegen, dass es für die Verbreitung der Plattform viel besser zu sein scheint, wenn erst mal alles gratis ist. Für den langfristigen Nutzen ist es das sicherlich nicht. Qualität hat ihren Preis, das gilt schon für Apps und das wird sich auch bei Skills und Actions nicht ändern. Die Motivation gerade für kleinere und mittlere Unternehmen in eine eigene Sprachanwendung zu investieren geht gegen null, wenn die Möglichkeiten zur Monetarisierung mit derlei Hürden versehen sind.

Auf der anderen Seite sind die Drittanbieter-Apps gern gesehene Gäste auch in der Kommunikation der beiden Platzhirsche. So werben beispielsweise beide Anbieter mit zahlreichen Drittanbieter-Diensten wie Spotify und Philips Hue.

Sicher, es handelt sich um eine neue Kategorie von Produkt. Spracheingabe war bis vor Kurzem ein Gimmick für Science-Fiction Filme. Ein Lacher aus dem 1986 erschienen Film Star Trek IV rührte daher, dass der zur Erde zurückgekehrte Weltraumheld in eine Computer-Maus spricht, statt sie auf dem Tisch herumzuschieben. 30 Jahre später kann sich jeder für ein paar Euro ein Gerät kaufen, das per Spracheingabe Fragen beantwortet, ganz so wie im Film. Aber: Im Film ist die Antwort der künstlichen Intelligenz in der Regel eben nicht "das habe ich nicht verstanden" oder gar "ich weiß nicht, wie ich da helfen kann".

Im aktuellen Stand reicht die Funktionalität aus, um eine Andeutung dessen zu geben, was uns in der nahen Zukunft erwartet. Damit aus den beiden Sprachkästchen ein alltagstaugliches Produkt wird, müssen die Anbieter jedoch nachlegen.

Zum einen muss die zum Einsatz kommende Künstliche Intelligenz verbessert werden, so dass zumindest auf einen Großteil der Alltagsfragen eine sinnvolle Antwort gegeben wird. Alles andere ist für die Benutzer auf Dauer frustrierend. Dies passiert auch sicherlich schon, nicht umsonst stöhnen Datenschützer darüber, dass die Anbieter die Nutzeranfragen auf ihren Servern speichern.

Zum anderen müssen beide Plattformen die Möglichkeit schaffen, mit einfachen Mitteln sichere Geld-Transaktionen zu ermöglichen. Nur so wird langfristig die Motivation für ein breites Spektrum an Unternehmen geschaffen, die Plattform um selbst entwickelte Skills bzw. Actions zu erweitern.

Apple war der erste große Player, der mit dem System Siri die Arena der Sprachassistenten für Smartphones betreten hat. Die Erfahrungen daraus dürften sich auch im HomePod niederschlagen, das in den Startlöchern stehende Konkurrenz-Produkt zu Alexa und Google Home. Es wäre schon verwunderlich, wenn nicht auch Apple Pay seinen Weg auf das Gerät findet. Höchste Zeit also für Google und Amazon zu handeln.




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