CES, SXSW, OMR, Dmexco, MWC, OMR, TOA, SLUSH: Welche Konferenzen lohnen sich für Marken und Marketers wirklich? Benjamin Werner, Head of Group Marketing bei Fischer-Appelt, berät Kunden bei ihrer Eventstrategie und besuchte dafür im vergangenen Jahr große und wichtige Tech-Konferenzen. Für HORIZONT Online hat er aufgeschrieben, welche Veranstaltungen sich für Marketer wirklich lohnen.
Tech-Konferenzen haben als Branchen- und Disziplin-übergreifende Business-Plattformen eine beachtliche Relevanz erreicht. Hier launchen große Unternehmen ihre Produktinnovationen, Marketers nutzen sie für ihre Content-Strategie und CEOs, CTOs und CMOs suchen die Bühnen zur Stärkung der eigenen Personal Brand.
Nicht zu vergessen: Es wird gelernt, genetworkt und (ab)geworben. Aktuell erleben wir eine Renaissance des Physischen im Marketing, was auch in Debatten um vermeintlich neue Disziplinen wie "Experiential Marketing" zum Ausdruck kommt. Marken entdecken immer mehr das Positionierungspotenzial von Konferenzpräsenzen oder gar eigenen Konferenzformaten, um nachhaltige Markenerlebnisse für Kunden und User zu schaffen.
Neue deutsche Event-Phänomene by Zalando & Mercedes-Benz
US-Marken wie Airbnb (Airbnb Open), Adobe (MAX) oder Amazon (AWS re:Invent) nutzen eigene Brand Events schon länger, um ihren Usern etwas zu bieten, das sie langfristig an die Marke bindet. Der Trend des vergangenen Jahres: Auch deutsche Unternehmen rufen eigene und konzentriertere Konferenzformate ins Leben. Mercedes-Benz organisierte 2017 erstmals in Kooperation mit der South by Southwest (SXSW) die "me Convention" und machte die Mutter der konservativen Messen, die IAA, zum Showcase: Eine im Konferenzkleid getarnte Messepräsenz.
Hier ging es vordergründig nicht um Autos, sondern um große Zukunftsthemen. Und das auch jenseits von Mobilität. Neue Lebensräume, neue Produktionsmechanismen, neue Technologien, neue Unternehmensstrukturen – und wie sich all das auf unsere Art zu kommunizieren und zu konsumieren auswirkt. Außerdem Konzerte wie u.a. das von Beth Ditto, Filmvorstellungen, kulinarische Events, Partys und Kunstinstallationen in ganz Frankfurt. Zugespitzt gesagt: die stadtweite Verbrauchermesse der digitalen Boheme.
Die neuen Automodelle waren zwar nur Pausenfüller – aber trotzdem viel beachtet. So funktionierte neben der Positionierung der Marke auch die Produktinszenierung. Etwas spitzer feierte Zalando mit ihrer "VIZIONS by Zalando" Premiere – die erste B2B-Plattform-Konferenz Europas. Mit rund 1.500 Besuchern und 35 Speakern drehte sich am 20. April im Berliner Kraftwerk alles um das Thema Plattform Economy. Zalandos Anspruch war es auch, der US-dominierten GAFA-Ökonomie etwas entgegenzusetzen. Für das Unternehmen blieb vor allem ein großer, viel diskutierter, interaktions- und themenreicher Markenauftritt.
Oldies lernen von Newbies
Haben die traditionellen Trade Shows also ausgedient? Nicht ganz. So plant die CEBIT den schrittweisen Abschied vom Messehallen-Mief und kündigt ein Innovations-"Festival" mit hochkarätig besetzter Konferenz, Networking-Events, interessanten Showcases und einem Open-Air-Campus an. Hinzu kommen vermeintlich attraktive Themenbereiche d!conomy, d!talk und d!tec. Ein Konzept, mit dem sich die CEBIT stark an jüngeren Event-Plattformen orientiert, um für eine Art "Leitmessestatus" zu kämpfen. Das kann spannend werden.
Markenpositionierung auf und mit „Festivals”
Welche ist die nächste deutsche Marke, die Ausrichter eines thematisch breiten Großereignisses wird und wie viel Raum ist neben den vielen "Festivals" überhaupt noch für publikumswirksame Markeninszenierungen? Der Markt für diese Events ist (zumindest im großen Rahmen) begrenzt, aber noch recht unerschlossen. Schnelligkeit ist gefragt und könnte sich auszahlen. In der Zwischenzeit können sich deutsche Brand Manager an amerikanischen Unternehmen orientieren, die weit offensiver Konferenzbühnen, Festivalhallen und Tech-Communitys für die Positionierung ihrer Marken, fürs Networking, Personal Branding oder schlicht zur Inspiration nutzen.
Top 5 Events 2018
1. Consumer Electronics Show (CES) vom 9. bis 12. Januar in Las Vegas
Die CES in Las Vegas ist gerade erst zu Ende gegangen
Die größte und wichtigste Trade Show für den Bereich Consumer Electronics. Hier begegnet man alle wichtigen Tech-Innovationen der kommenden Jahre.
2. South by Southwest Interactive (SXSW) vom 9. bis 13. März in Austin
Cory Booker hielt die Eröffnungskeynote auf der SXSW 2017
Hier trifft man Kollegen, Kunden, Journalisten, Musiker, Robo-Engineers, Tech-Start-ups und US-Venture-Capitalists im Minutentakt. Panel-Perlen aus Tech, Kultur, Medien, Journalismus und Marketing verschaffen SXSW-"Attendees" oftmals einen Aha-Moment. Gemeint ist damit eine Idee, wo die digitale Reise hingehen könnte. Ein Besuch auf der SXSW gehört zu den inspirierendsten Eventerlebnissen weltweit.
3. Online Marketing Rockstars (OMR) am 22. und 23. März in Hamburg
Marketing-Guru Gary Vaynerchuk auf dem OMR Festival in Hamburg
Mit dem Anspruch, Champions und Hidden Champions des digitalen Marketings zu versammeln, werden in diesem Jahr 40.000 Besucher angepeilt. Mit dem größten Unterhaltungsfaktor aller deutschen Events geht der Hype also auch 2018 weiter.
4. Dmexco am 12. und 13. September in Köln
Mehr als 1.100 Aussteller (plus 10 Prozent) und rund 40.000 Besucher (minus 20 Prozent) waren 2017 gekommen. Der Besucherrückgang könnte neben der Trennung von den „Messe-Organisatoren” Christian Muche und Frank Schneider ein Indiz für einen Abschwung sein. Die "Fachmesse für digitales Marketing und Werbung" wird aber auch in 2018 nicht zuletzt aufgrund ihrer Größe und der Konzentration von prominenten CEOs und CMOs das zentrale Digital-Marketing-Event Deutschlands sein, auf das man europaweit stolz sein darf.
5. Web Summit vom 5. bis 8. November in Lissabon
Der Web Summit in Lissabon zieht Tausende Besucher an.
Die wahrscheinlich größte Technologie- und Internet-Konferenz der Welt mit einem Dutzend Teilkonferenzen, CEOs, Gründern von Tech-Start-ups und einer Vielzahl an Leuten aus der globalen Tech-Industrie, die sich zum Jahresausklang in einer der schönsten europäischen Metropolen treffen.
Top 5 der unterschätztesten Tech-Events
1. re:publica vom 2. bis 4. Mai in Berlin
Volles Haus bei der re:publica
Die Konferenz betrachtet Media- und Marketing-Themen mehr aus gesellschaftlicher Perspektive. Das Motto für 2017 lautete "Love out Loud!" und "richtete den Fokus auf Menschen, Organisationen und Projekte, die sich gegen Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit einsetzen und Licht in die dunklen Ecken der Gesellschaft tragen". Dieser politische Faktor ist der USP der re:publica, die sich durch Themen auszeichnet, die man sonst nirgends findet.
2. CEBIT vom 11. vis 15. Juni in Hannover
Angela Merkel war 2017 Gast bei der Technologie-Messe CeBIT in Hannover.
Die Positionierung als klassische IT-Messe ist vorbei. 2018 richtet sich die CEBIT neu aus und verwandelt sich in "Europas Business-Festival für Innovation und Digitalisierung". Schwerpunktthemen 2018: Artificial Intelligence, Cloud, Cyber Security, Dronen, Internet of Things, Virtual Reality und 5G.
3. Tech Open Air vom 19. bis 22. Juni in Berlin
Das interdisziplinäre Festival versteht sich als Technologie-Austauschplattform und schaffte es in 2017 hervorragend, vor allem junge Besucher aus der Start-up-Szene mit Investoren zu vernetzen. Satellite-Events in der ganzen Stadt, B2B-Matchmakings und Pitchformate sorgten für viel Interaktion in der ganzen Stadt. Erstmalig unter Beteiligung großer deutschen Marken wie Bayer, SAP und T-Systems.
4. NEXT Conference am 20. und 21. September in Hamburg
Nach Jahren der gefühlten Stagnation glänzte die NEXT in 2017 durch qualitativ hochwertige und internationale Panels. Durch die Anbindung an das Reeperbahnfestival toppt das Format alle Event-Konkurrenten in Bezug auf das Festival-Feeling und wird so zu einem perfekten Mix aus Business, Technologie und Entertainment.
5. Slush am 4. und 5. Dezember in Helsinki
Slush in Finnland ist ein echter geheimtipp unter den Tech-Konferenzen
Slush könnte man als die kleine Web-Summit-Schwester bzw. als einen europäischen Geheimtipp bezeichnen, wenn es um Tech-Konferenzen und Start-up-Gatherings geht. Auch hier trafen sich in 2017 die großen Tech-Brands und besten Start-ups.