VR, Connected Cars, Smart Home - alles schön und gut. Doch welche technischen Innovationen machen die Welt wirklich zu einem besseren Ort? Tim Kolbe, General Manager der Agentur Graft Brandlab, hat auf der CES in Las Vegas nach "Green Tech"-Anwendungen Ausschau gehalten und präsentiert die spannendsten Gadgets im vierten Teil seiner Gastbeitragsserie für HORIZONT Online. Mit dabei: Ein portables Gadget, das in Echtzeit vor Luftverschmutzung warnt.
Meine letzten Tage auf der CES waren vor allem geprägt von Eindrücken des "Innovation Leadership Battles" der Automobilindustrie (hier rund um das Thema "autonomous driving") sowie Technologien, die allesamt zum Ziel haben, unser Leben smarter, demnach interaktiver, vernetzter, sicherer, schneller und "more convient" zu gestalten. In den meisten Fällen zielt es wohl aber eher darauf ab, uns mehr Zeit zum Arbeiten oder zum Konsumieren zu geben. Tim Kolbe
Tim Kolbe ist General Manager von Graft Brandlab - einer Agentur für Markeninnovation mit starkem Fokus auf räumliche Inszenierungen und Kreation von Markenerlebnissen. Seine Karriere als Marketing-Spezialist begann Kolbe bereits als Student bei Coca-Cola im Jahr 2004, wo er zuletzt das Shopper Marketing Department verantwortete. Seit September 2016 verstärkt Kolbe das Brandlab Team mit seiner Expertise rund um Off- und Online Trade zur konzeptionellen Entwicklung von verkaufsaktivierenden, erlebnisorientierten und vor allem zukunftsweisenden Marken und Store-Konzepten.
Ganz bewusst habe ich mich am letzten Tag meines CES Besuchs dafür entschieden, mich auf die Suche nach Innovationen zu machen, die auf andere Art und Weise einen Mehrwert bieten, nämlich im Bezug auf unsere Umwelt. Schließlich wollen wir unseren nachfolgenden Generationen ja nicht nur einen Haufen an virtuellen und erweiterten Realitäten übergeben, sondern hoffentlich auch eine intakte, idealerweise bessere Welt. Ein Anliegen, dass sich auch Graft Brandlab als Agentur auf die Fahne schreibt.
Es war nicht leicht, diese "grünen" Technologien ausfindig zu machen. Neben all den "CES Marketplaces" mit ihrer Themenhallen wie "Sleep Tech", "Baby Tech", "Beauty Tech", "Education Tech", "Kids Tech", "Family Tech", you name it Tech …, fand ich auf dem Plan zumindest eine vielversprechend klingende Halle zum Thema "Smart Energy". Diese stellte sich heraus als 150 Quadratmeter großes Zelt mit sage und schreibe drei Ausstellern. Einer bot eine solare iPhone-Hülle an, der Zweite Solar-Dachziegel und der Dritte zeigt mir ein zu 100 Prozent solarbetriebenes Haus. Vielen Dank - da spielen deutsche Architekturbüros wie z.B. GRAFT bereits Vorreiterrollen im Bereich Greenbuilding. Die "Smart Energy"-Halle klingt vielversprechend.
Schließlich erblicke ich sie dann doch zwischendurch in den Haupthallen - einzelne Ausrufezeichen im Bereich der "green technologies". Da wäre zunächst Netatmo zu nennen, die ein sehr innovatives Heizköperthermostat zur Schau stellen, das den Energieverbrauch um 37 Prozent reduziert. Am Warmwasserheizkörper angeschlossen, regulieren smarte (das Wort lässt sich einfach nicht mehr vermeiden) Thermostate die Raumtemperatur und erstellen einen digitalen Beheizungsplan für jeden Raum, der sich an meinen Lebensrhythmus anpasst und mir zudem bessere Kontrolle und Übersicht zu meinem Energieverbrauch gibt. Selbstverständlich lässt sich die Beheizung eines jeden Raumes per Handy regulieren und seit neustem kann ich natürlich auch Siri oder Alexa Bescheid geben, sie mögen bitte um 20 Uhr die Temperatur im Schlafzimmer doch auf 19 Grad herunterstellen. Netatmo stellt innovative Heizköperthermostate her.
Ein zweites Highlight im Bereich Heizkörper ist Q.RAD, der zu 100 Prozent grün sowie smart ist und dabei eine Heizungsrechnung von Null hat. Wie das? Q.Rad ist als erster computerbasierte Heizkörper mit drei CPU Mikroprozessoren ausgestattet, die wireless mit dem Internet verbunden sind und Wärme erzeugen. Toll! Wir alle kennen es, wie ein Rechner heiß laufen kann. Das französische Unternehmen Qarnot hat sich damit auseinandergesetzt, wie man diese Hitze nutzen kann. Gerade für Büros, Ämter, Schulen oder Haushalte sollte diese Idee eine Menge Potential bieten. Selbstverständlich lässt sich der Heizkörper auch mit Handy-App regulieren und zeichnet auch die Luftqualität auf, die ganz sicher besser ist, als die ach so übliche normale Heizungsluft. Wo ich gerade bei Luftqualität bin - Flow ist ein kleines "digitale advice", das zum Ziel hat, die Luftqualität, die wir tagtäglich einatmen, zu analysieren. Es kann sowohl innerhalb der Wohnung, als auch draußen zu Fuß oder am Fahrrad montiert werden. Das Gerät misst maßgebliche Luftverschmutzungskennzahlen. Als Produkt entsteht über das Handy eine Karte, die uns zeigt, in welchen Gegenden wir eher wie die Asiaten mit einem Mundschutz rumlaufen und in welchen wir ganz tief einatmen sollten. Wow, aus meiner Sicht sehr visionär! Eine Art Google Maps für Luftverschmutzung - ebenfalls einsetzbar im Bereich Tourismus-Marketing. Gerade die Gegenden, die einen hervorragenden Luft-Wert verzeichnen, könnten diese wertvollen Information zu ihrem Gewinn nutzen und damit werben. Dieses Gadget checkt die Luftverschmutzung.
Ebenfalls mit der Luftverschmutzung beschäftigt sich die Firma WAVE. Mit ihrem Produkt Airthings greift sie ein Thema auf, das vielen erst bei der auch in Deutschland anstehenden Regulierung bekannt werden wird: Luftverschmutzung durch Radon, ein radioaktives, geruchloses Gas, das überall in der Luft auftreten kann und täglich fluktuiert. WAVE macht auf diese Gefahr für Umwelt und Mensch aufmerksam, denn u.a. verursacht Radon angeblich sechs mal mehr Todesfälle als Hausbrände. Der smarte Detektor Airthings misst permanent den Radonwert in der Luft und weist mich auf die aktuellen Radonwerte hin. Dieses Gerät checkt die Luftverschmutzung durch Radon.
Von der Luft zum Licht - genau genommen zum LED-Leuchtmittel. Zugegeben: Das Thema "Hydroponics" (die Ernährung von Pflanzen durch eine wässrige Lösung anorganischer Nährsalze) ist nicht das Allerneuste - dennoch, der Messestand von OPCOM ist berichtenswert. Das Unternehmen wirbt damit, dass durch die "Hydroponic growing technology" in Verbindung mit dem Einsatz von LED-Leuchtmitteln 90 Prozent weniger Wasser als beim üblichen Anbau verbraucht werde - bei 50 Prozent weniger Raumnutzung.
Gerade in Ländern wie Deutschland, wo der Verbraucher immer stärker (Produktions-) Transparenz und "lokale Produktion" nachfragt, werden Produkte wie OPCOM Farm ganz sicher eine Zukunft haben. Zusätzliches Nachhaltigkeitsargument: Weniger Salatköpfe fahren auf LKWs durchs Land und somit reduziert sich der CO2-Footprint.
Überflüssig zu erwähnen, dass ich mit der OPCOM-Link-App mit dem Handy das Wachstum kontrollieren sowie einen Live-Kamerablick auf meine Pflanzen werfen kann. LED-Leuchtmittel spielen eine große Rolle bei Green-Tech
Bleiben wir kurz beim Thema Pflanze: Nicht wirklich nachhaltig, aber eine Lebensversicherung für meine Pflanzen zu Hause ist die aufgespürte Innovation Kanopy24. Ein Produkt in Verbindung mit App-Anwendung, das meine Pflanzen eigenständig gießt. Aus dem Urlaub kann ich jederzeit den Wasserstand meiner Pflanze abfragen und sie per Knopfdruck bewässern. Endlich nicht mehr abhängig sein von den Nachbarn. Diese Anwendung gießt die Blumen ganz automatisch.
Wenn man nach weiteren Innovationen im Bereich LED-Leuchtmittel sucht, führt mittlerweile kein Weg an Herstellern wie "Sengled" vorbei, die sogenannte "Smart Lighting Produkte" anbieten. Statte ich meine Wohnung mit den Leuchtmitteln des Unternehmens aus, kann ich jederzeit auf dem Handy Verbrauch und Effizienz ablesen. Damit spare ich Energie und leiste einen Beitrag zur Umwelt. Bewegungsmelder in den Leuchtmitteln sind eine weitere Produktalternative, mit der Energie gespart werden kann. Seinen persönlichen "Better World"-Beitrag leistet Sengled zudem darin, dass die Firma behaupten kann, die erste CO2-neutrale LED-Lampe auf dem Markt zu haben. Hier leistet jedoch (noch) nicht eine innovative Technik den Beitrag, sondern eine intelligente Marketingidee: Mit jeder verkauften Lampe pflanzt Sengled einen Baum, um den CO2-Verbrauch zu kompensieren. Gut gemacht. Abschließend, von Wärme über Luft und Licht zum Wasser kommend: Ondilo stellt auf der CES eine Innovation vor, die die Wasserqualität von Schwimmbecken misst. Das dürfte vor allem für besorgte Helikopter-Eltern spannend werden. Noch ist das Gerät, das sich mit dem Handy verbindet, nicht portabel. Spätestens aber, wenn es mobil wird und ich in jedem See und Schwimmbecken vorab die Qualität checken kann, könnte diese Technologie ebenfalls einen großen Beitrag für die Umwelt bzw. Transparenz ihres Zustands leisten. Dieses kleine Gerät checkt die Wasserqualität in Seen oder Schwimmbädern.
Am Ende war ich froh, sie vereinzelt doch gefunden zu haben - die innovativen Ideen, welche fortschreitende Technologien auch dafür nutzt, einen Beitrag für eine bessere, nachhaltigere Welt zu leisten.
Liebe CES-Veranstalter, zum Abschluss wünsche ich mir, dass es vielleicht bereits im kommenden Jahr neben "Sleep Tech", "Baby Tech", "Beauty Tech", you name it Tech, einen neuen "Marketplace" gibt: die "Green Tech".