Das Interview zum Marketing-Tag 2023

"Ruf mich mal an!"

Uwe Tännler, Gastgeber Marketing-Tag 2023
zvg
Uwe Tännler, Gastgeber Marketing-Tag 2023
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Fokus! Das Motto für den diesjährigen Marketingtag am 18. April im KKL Luzern ist seinem Gastgeber Uwe Tännler auf den Leib geschneidert. Daran lassen seine Antworten keinen Zweifel. Der Top-Marketing-Netzwerker hat die Corona-Phase mit Newcomerin Lady Reika und viel Zeit im Garten überbrückt. Von seiner Angriffslust hat er dadurch jedoch nichts eingebüsst. "Ruf mich mal an!" - das Interview mit Tiefgang zum bevorstehenden Marketing-Tag.

Die Pandemie hat auch die Event-Branche hart getroffen. Wie haben Sie die Zeit überbrückt/überlebt? Uwe Tännler: Privat hatten wir uns rasch in die Situation gefügt und das Beste daraus gemacht. Der Zufall wollte, dass Anfang April 2020 unser neues Familienmitglied Lady Reika, ein Akita, zu uns gezogen ist. Da war genügend Beschäftigung gefragt. Wir sassen auch oft im Garten und erfreuten uns über das hier und jetzt, die Vergangenheit, schöne Erlebnisse, gute Gespräche mit Freunden uvam. Da war kein Platz für Trübsal oder Ängste.

Und beruflich? Uwe Tännler: Beruflich (Tännler Personalmanagement) war es zwangsläufig ruhiger, und das Swiss Marketing Forum war praktisch stillgelegt. Es galt, dem Verein das Überleben zu sichern. Wir konnten uns dank treuen Partnern und Kunden über Wasser halten. Personelle Veränderungen waren jedoch unumgänglich. Jammern war auch hier nicht angesagt. Wir freuen uns, dass wir mit Lynn Uiker unsere Head of Events und mit Marcel Weibel als OK-Mitglied auf bewährte Kräfte zählen dürfen und damit wieder super aufgestellt sind und den kommenden Marketing Tag hochfahren dürfen.
Noch nie zeigte sich unsere Neid-Gesellschaft so offen und konkret.
Uwe Tännler
Einerseits als Personalberater und andererseits als begnadeter Networker haben Sie viel Kontakt zu Menschen. Stellen Sie eine Veränderung in der Gesellschaft fest? Uwe Tännler: Ohh ja, leider, nicht nur zum Guten. Grassierender Egoismus hat die Überhand gewonnen. Noch nie zeigte sich unsere Neid-Gesellschaft so offen und konkret. Mittlerweile hat das jedoch Züge angenommen, die zu Spannungen und Konflikten führen. Auf Social Media geht es nur noch um das eigene ICH. Ich beobachte in vielen Timeline ob Insta, Facebook, usw. nur noch Selbstportraits. Es geht um me, myself and I. Der Schnitt dieser Selbstdarsteller:innen liegt auf INSTA wohl bei über 70 Prozent, wobei einige die 100 Prozent kratzen. Ich nenne jetzt keine Namen. Fragt mich am Marketing Tag persönlich.

Fahren Sie vor ...

Dann ist die sogenannte Klima-Bewegung sicher notwendig. Wir müssen jedoch bei uns selbst beginnen. Was ich dabei vermisse, ist genau diese Selbstdisziplin. Das Zauberwort heisst: Konsequenz. Wenn ich dann lese, dass sogenannte Klima-Aktivist:innen, die mit ihren fragwürdigen Aktionen Gesetze brechen und mit Fingern auf andere zeigen, Startpisten an Flughäfen blockieren um Tage darauf mit genau diesem Verkehrsmittel nach Bali, oder war es doch Thailand fliegen und dabei XX-Tonnen von Co2 produzieren, dann hat das mit Konsequenz für eigenes Tun und Lassen nichts am Hut. Das kann man m.E. nicht mit dem Argument "private Reise" trennen und wirkt höchst unglaubwürdig. Diese Aktivist:innen schaden damit der gesamten Bewegung.
Überforderung ist nicht nur im Berufsalltag gut spürbar.
Uwe Tännler
Wie zeigt sich das konkret in der Arbeitswelt im Umgang mit Ihren unterschiedlichen Anspruchsgruppen und Partnern? Uwe Tännler: Überforderung ist nicht nur im Berufsalltag gut spürbar. Wenn Reaktionszeiten auf E-Mails mittlerweile eine Woche und länger dauern, Meetings äusserst kurzfristig abgesagt werden und sogar Termine für Telefongespräche über eine Woche hinaus gebucht werden, dann stimmt etwas nicht mehr. Die Krönung sind Mails mit der Aufforderung: Ruf mich mal an! HALLO schliifts eigentlich. Geradezu respektlos sind gänzlich unbeantwortete Mails. Unverbindlichkeit in Reinkultur.

Jetzt übertreiben Sie ...

Ich spreche hier nicht primär aus eigener Erfahrung, fragen Sie meine Mitarbeiter:innen. Ansprechpartner sind anscheinend fremdgesteuert und durchgetaktet bis auf die Minute. Es bleibt kaum Zeit für Kommunikation und Kreativität. Oder haben sie einfach den ureigenen Job nicht im Griff?
Die wunderbare Atmosphäre im und um das KKL Luzern trägt zum tollen Ambiente bei.
Uwe Tännler
Kommen wir zu was Erfreulichem: Nach 3-jähriger Pause öffnet der Marketing Tag am 18. April im KKL Luzern wieder seine Tore. Was dürfen wir erwarten? Uwe Tännler: Einen gewohnt aufgeräumten Marketing Tag mit TOP-Speaker:innen, die mit Spannung erwartete Award-Verleihung und die berühmten Networking-Möglichkeiten. Dies sage ich mit Fug und Recht, denn ich kann mich an keinen vergleichbaren Event erinnern, bei dem die Netzwerkzone über den ganzen Tag gut frequentiert wird. Auch während des Programms sind die Stände in der Ausstellung immer gut besetzt. Es wird gefachsimpelt, kleine Köstlichkeiten zwischendurch genossen und Business angestossen. Die wunderbare Atmosphäre im und um das KKL Luzern trägt zum tollen Ambiente bei. Ein ungezwungener Day off the Office, das macht den Marketing Tag seit vielen Jahren aus.

Wie kamen Sie aufs Thema Fokus? Uwe Tännler: Das Thema wird jeweils gemeinsam mit Exponenten aus der Jury, Partnern und Freunden des Swiss Marketing Forum definiert. Federführend für den Marketing Tag 23 ist Prof. Dr. Stefan Michel vom IMD-Lausanne, welcher mit dem Eröffnungsreferat die Grundlage als roten Faden für den Tag präsentieren wird. Fokus begleitet uns in allen Lebenslagen. Das Angebot an Marketing-Instrumenten ist nicht mehr überschaubar. Täglich kommen neue Tools in den Markt und die Halbwertszeit bestehender Tools wird immer kürzer. Hier ist das Marketing gefordert, den Fokus nicht zu verlieren. Sie dürfen gespannt sein.

Bin ich! Ihr persönliches Rezept, den Fokus zu behalten? Uwe Tännler: Priorisierung ist hier das Zauberwort. Das Ziel klar definieren und dieses im Fokus behalten. Störungen vermeiden, konzentriert an einer Sache arbeiten, Nebensächlichkeiten ausblenden und die eigenen Aktivitäten ständig überprüfen, sodass man nicht vom Weg abkommt. Genauso verfasse und formuliere ich dieses Interview. Dabei muss ich nicht überlegen, weil ich aus meinem Leben schreibe und es läuft einfach. FOKUS ebä!
Dabei wird Tiefgang meist vergessen.
Uwe Tännler
Ich bin wenig überrascht, dass sich Marketing-Doyen Uwe Tännler nicht für eines der "hypen" Themen entschieden hat, um das sich die Werbe- und Marketingverantwortlichen reissen: Nachhaltigkeit, Diversity, Metaverse/Web 3.0 oder Artificial Intelligence … Uwe Tännler: Ebä genau deswegen. Weil diese Themen in aller Munde sind. Da müssen wir nicht auch noch in die gleichen Spuren treten. Wie oben ausgeführt ist die Überforderung der Gesellschaft sehr stark zu spüren. Fokussierung auf das Wesentliche würde hier Abhilfe schaffen. Aktuell meint doch jede und jeder, sie/er müsse alles mitmachen, überall dabei sein, ja nichts verpassen, 24/7 online, 24/7 Party, möglichst viel profitieren, EGOMANIE. Dabei wird Tiefgang meist vergessen. Von allem äs bizzeli und relativ oberflächlich anstatt das eine oder andere richtig gut. Meine Meinung: Quality Time erfordert Quality Work.
Wir sind gefordert, neben dem ganz normalen Wahnsinn das Geschäft am Laufen zu halten.
Uwe Tännler
Ich schätze Sie als standhaften Pragmatiker, der mit beiden Füssen im Marketing steht und vielleicht noch grössere Stücke auf den Verkauf hält. Nun lese ich in der Ausschreibung zum Marketing-Tag prominent den Satz "To run the business and to change the business at the same time", der sich für mich nicht nach "Tännler" anhört. Irre ich oder was ist passiert? Uwe Tännler: Sie sind also der Meinung, die Aussage sei etwas nebulös. Ok – die Erklärung ist ganz einfach: Wir sind gefordert, neben dem ganz normalen Wahnsinn das Geschäft am Laufen zu halten, gleichzeitig das Businessmodell stetig den neuen Herausforderungen anzupassen und wo immer möglich die neuen Tools gewinnbringend zu integrieren. Was sich bekanntlich nicht immer als einfach herausstellt. Nicht zuletzt, weil dies oft einen massiven Eingriff in die Struktur des Unternehmens bedeuten würde.
Nicht nur es bizäli von allem, sondern Fokus mit Tiefgang.
Uwe Tännler
Das Programm bietet, um es in der Marketingsprache zu sagen, ein breites und tiefes Sortiment. Es gibt Keynotes, Vorträge zum Thema Fokus – Change the Business, dann gibt es einen Media-Talk, eine Award-Show, Breakout-Sessions und Impuls-Referate. Insgesamt habe ich, Stand 1. Februar, 32 Köpfe gezählt. Nicht etwas viel für Fokus? Uwe Tännler: Nein! Wie bereits weiter oben erklärt: Qualität vor Masse. Wir werden das Thema von allen Seiten beleuchten und auf den Grund gehen, sodass die Teilnehmenden möglichst viele verschiedene Inputs, Erkenntnisse, Best Practice-Beispiel etc. mitnehmen und andern Tags direkt erfolgreich umsetzen können. Eben nicht nur es bizäli von allem, sondern Fokus mit Tiefgang.

Das klingt jetzt etwas verkäuferisch .... Uwe Tännler: Klar, man könnte meinen, Fokus ok das ist einfach. Nein ist es nicht. Weil die meisten nicht fokussiert sind, verzetteln sie sich und sind daher fremdgesteuert. Gern genommene Opfer von Vorgesetzten beziehungsweise Kunden, welche dann bestimmen, wo es lang geht, und wieder ist man fremdgesteuert. Längerfristig planen und auch mal NEIN sagen, das hilft.

Wo lauert die grösste Gefahr fürs hiesige Marketingschaffen? Uwe Tännler: Dass man sich verzettelt und den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Will heissen, es bleibt keine Zeit – und Zeit ist das höchste Gut – um der einen Sache mit der höchsten Priorität die ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Das Resultat: viel Leerlauf, offene Baustellen, Überforderung und der Fokus geht verloren.

Woran denken Sie? Uwe Tännler: Im Alltag kann man sehr gut erkennen, wer fremdgesteuert durch die Welt taumelt und wer seinen Job im Griff hat. Aussagen wie: Ich bin im Stress, habe keine Zeit, Telefon > vielleicht nächste Woche, was; einen Termin willst Du auch noch > melde Dich in 2 Monaten wieder usw. Kein Witz – das ist der ganz normale Alltag. Fragen Sie Marcel Weibel, der kann ein Lied davon singen. Von 5 externen Terminen werden ihm regelmässig 1-3 z.T. nur Stunden vorher abgesagt. Da ist dann der schön geplante Tag inkl. An-und Rückreise von Bern etwa nach Zürich nur noch Makulatur und wertvolle Zeit geht den Bach runter. Sehr unfair und höchst unprofessionell.
Die Kundin, der Kunde ist König. Diese sollte man nicht für dumm verkaufen.
Uwe Tännler
Welche Chance sollte man keinesfalls verpassen? Uwe Tännler: Die Kundin, der Kunde ist König. Diese sollte man nicht für dumm verkaufen. Es gibt so viele grossartige Beispiele guter Werbung. Es gibt aber auch genauso viele dümmliche, einfältige und extrem langweilige Werbung. Beispiele und Namen gebe ich gerne persönlich am Marketing Tag bekannt. Also: Ticket kaufen.
Exzellentes Marketing muss Werte schaffen und relevante Kundenbedürfnisse nachhaltig zufriedenstellen.
Uwe Tännler
Ich werde mich akkreditieren und berichten, auch über den Marketing Excellence Award 22. Wie lautet Ihre Definition für Exzellentes Marketing? Uwe Tännler: "Der Wurm muss dem Fisch schmecken nicht dem Angler". Exzellentes Marketing muss Werte schaffen und relevante Kundenbedürfnisse nachhaltig zufriedenstellen.

Gibt es ein guter Award-Jahrgang? Uwe Tännler: Zahlenmässig sind einige Eingaben mehr eingegangen. Was die Qualität betrifft, lassen Sie sich am Marketing Tag überraschen. Die nominierten Cases (online aufgeführt) lassen einiges erwarten. Machen Sie sich unter swissmarketingforum.ch ein Bild von den spannenden Cases und bestimmen Sie Ihren Favoriten für den sehr beliebten Publikumspreis.
2023, endlich wieder Face-2-Face und mit Handshake auf Menschen treffen.
Uwe Tännler
Werde ich. Zum Schluss: Ihr wichtigstes Argument, dem Marketing-Tag 2023 beizuwohnen? Uwe Tännler: 2023, endlich wieder Face-2-Face und mit Handshake auf Menschen treffen. Kontakte beleben und neue knüpfen. Ein Tag Weiterbildung. Der Marketing Tag setzt immer wieder innovative Akzente und Trends, vermittelt umsetzbare Erkenntnisse, präsentiert aktuelle Best Practice und bietet 360-Grad-Entertainment. Ticket kaufen, dabei sein, staunen und geniessen.

 

 

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