Am gestrigen 8. März wurden die Nachrichten beim indischen Sender NewsX von einer besonderen Moderatorin vorgetragen: einer im Gesicht verhüllten Frau. Sie startete die Sendung mit dem Bericht über mehrere Frauen, die von ihren Männern durch Säureattacken entstellt worden sind. Im weiteren Verlauf bat sie das Fernsehpublikum um Unterstützung für die Säureopfer. Und dann begann die eigentliche Enthüllung: Während ihres Berichts begann sie selbst, nach und nach ihr Gesicht zu entschleiern, und der Zuschauer erfuhr, dass es sich bei der Moderatorin ebenso um ein Säureopfer handelte. Sie beendete die Nachrichten mit Informationen zur Hilfsorganisation "WomenforWomen", die mit Hilfe von plastischer Chirurgie und unter enormem ehrenamtlichem Engagement die Narben der Frauen zu lindern versucht. Damit Frauen wie ihr geholfen werden kann, rief sie die Zuschauer zur Spende auf: "Zusammen können wir einen Unterschied machen und Indiens Säureopfernarben heilen."
Neben der PR-Aktion gibt es zahlreiche flankierende Massnahmen, die auf die Kampagne und das Anliegen dahinter aufmerksam machen: eine Paneldiskussion mit verschiedenen indischen Meinungsführern, Veröffentlichungen auf den sozialen Plattformen, Bannerschaltungen auf diversen Webseiten und TV-Promos.
Jaya Prasad, Geschäftsführerin von Serviceplan Indien: "Ein Angriff mit Säure ist eine heimtückische Tat ohne Gleichen, die einfach jeden treffen kann. Ich bin ganz klar der Meinung, dass dieser böswillige Gedanke dringend aus den Köpfen verschwinden muss, und das kann nur geschehen, wenn das Bewusstsein geschärft wird und eine richtige Aufklärung und Erziehung der jungen Menschen stattfindet."
Hintergrund: In vielen Teilen der Welt werden Frauen immer wieder Opfer von häuslicher Gewalt und brutal durch Feuer oder Säure misshandelt. Der Grossteil der Opfer kommt aus Indien, Pakistan, Uganda, Nepal, Bangladesch und Kambodscha. Allein in Indien werden schätzungsweise 1000 Frauen pro Jahr mit Säure angegriffen. Laut Times of India wird pro Stunde eine Frau wegen Mitgiftstreitereien angezündet.
Die Attacken entstellen die Frauen, setzen sie extremen psychischen Belastungen aus und führen häufig zu sozialer Isolation. Die Täter kommen in den meisten Fällen aus der angeheirateten Familie. Der Tatort ist oft die eigene Wohnung. Das Motiv: eine zu geringe Mitgift oder Ungehorsam. Die Auslöser: Familienstreitigkeiten über den Wunsch der Frau nach mehr Unabhängigkeit oder Arbeit.