AdAgent, die Nachfolgefirma der Publicitas, ist noch keine Woche operativ tätig – und doch hat der LSA schon zwei Tage nach dem Start einen Forderungskatalog publiziert. War dies nicht etwas gar schnell? Ich denke nicht, denn seit der Insolvenz der P ist ja bekannt, dass es eine Alternative braucht. Zudem besteht im Markt eine Orientierungslosigkeit. Und für die Media-Agenturen, die – soweit ich es beurteilen kann – einen Grossteil des Printvolumens über Publicitas gebucht haben, ist ziemlich klar, was so eine Nachfolgegesellschaft leisten können muss. Genau diese Erwartungshaltung wollten wir gleich von Anfang an im Markt platzieren.
Bisher sind die Inserate in den Zeitungen und Zeitschriften weiterhin erschienen. Wo liegt denn das Problem? Das Problem besteht weniger für die grossen Verlage als vielmehr für die kleinen, lokalen Titel. Denn diese wurden von den Media-Agenturen über die P gebucht, die dann alles koordiniert und abgewickelt hat. Wenn man es nun direkt und einzeln machen muss, ist dies ein riesiger Aufwand – egal ob man dies nun als Auftraggeber tut oder ob man damit eine Agentur beauftragt. Natürlich lässt es sich bewerkstelligen, aber nur mit einem Mehraufwand, welcher im Moment durch eben diese Agenturen geleistet wird. Klar ist aber: Wir haben einen sehr fragmentierten Markt mit kleinen Titeln – und da besteht sehr grosser Handlungsbedarf.
Beat Krebs, CEO Publicis Media und Vizepräsident des LSA, forderte im LSA-Communiqué, es sollte „in kurzer Zeit“ möglich sein, „alle Titel wieder über ein Tool“ abzuwickeln“. Nun ist dies aber, selbst bei einer definitiven Stilllegung des P-Tools, schon längst möglich – etwa über Qualiant und dessen Buchungstool Leading Media. Ist dieses nicht gut genug? Leading Media ist ein Kostenberechnungstool und in keiner Weise mit der Planung verknüpft. Nicht alle unsere Mitglieder arbeiten mit diesem Tool. Zudem geht dies voll zulasten der Agenturen, auch die Datenbank mit den Preisen für die Printtitel. Print ist somit das einzige Medium, bei welchem von den Agenturen verlangt wird, dass sie ein Planungs- und Buchungstool aus der eigenen Kasse berappen.
Die Schweiz war offenbar das einzige Land mit einem solchen Service im Printmarkt. Klagt der LSA also bloss auf hohem Niveau? Überhaupt nicht. In unserem stark fragmentierten Markt mit unzähligen Kleinstverlagen und –titeln sind wir auf diesen Service angewiesen, um Print effizient zu buchen.
Sie fordern dies alles relativ ultimativ und „zeitnah” – ist das nicht etwas viel verlangt von einer Adhoc-Firma. Natürlich ist die Firma erst gestartet, dazu mit nur wenigen Mitarbeitenden. Uns ist schon klar, dass es nicht so schnell gehen kann. Für den LSA war es wichtig, dem Markt zu signalisieren, was wir wollen, nämlich einen Zeitplan sowie Transparenz darüber, wie lange es dauert, bis AdAgent alle Titel in seine Datenbank aufgenommen hat. Letztlich wollen wir eine Geschlossenheit bei den Verlagen erreichen, denn es geht um die Gattung Print. Die Verlage müssen an einem Strick ziehen.
Das ist der zweite Punkt, der mich erstaunte – und den ich – wäre ich ein Werbeauftraggeber –nicht gern hören würde. Eine Agentur muss doch jene Medien belegen, die den Interessen der Kunden am meisten entsprechen – egal wie einfach oder kompliziert sie belegbar sind. Unumstritten stehen die Zielvorgaben der Kunden im Vordergrund – ohne Wenn und Aber. Doch letzte Woche wurde die Nettowerbestatistik 2017 publiziert – und sie zeigt erneut auf, dass Print kontinuierlich an Umsatz verliert.
Das heisst: Bequemlichkeit und Einfachheit spielt für die Agenturen durchaus ein Rolle. Es geht nicht um Bequemlichkeit; es muss aber in der heutigen Zeit doch möglich sein, ein übersichtliches und einfaches Tool zu bauen, mit welchem Print geplant und gebucht werden kann.
Sie sprechen im Communiqué die nach Ihrer Sicht mangelnde Neutralität der neuen Gesellschaft an. Was genau sind Ihre Bedenken? AdAgent hat verschiedene Trägerverlage. Es ist deshalb aus unserer Sicht heikel, wenn darüber Titel gebucht werden, die nicht zur Trägerschaft gehören. Wir verlangen, dass diese Buchungen vertraulich behandelt werden.
Sie kritisierten vorher, dass noch nicht alle Titel in der AdAgent-Datenbank aufgeführt seien. AdAgent sagt dazu, man führe alle auf, sofern sie von den Mediaagenturen gewünscht werden und sofern die Titel auch den geforderten Obolus an die Übermittlung durch AdAgent bezahlen. Das ist also bloss eine Frage der Zeit. Wahrscheinlich schon. Wir wollten damit signalisieren, dass der Handlungsbedarf gross ist.
Der LSA verlangt aber explizit, dass diese Aufschaltung unabhängig von einem Bezahlsystem geschehen soll. Wie erwähnt, darf eine solche Lösungen niemanden benachteiligen. Aus unserer Sicht wäre dies Sache der Verlage. Dies wird aber sicherlich einer der Punkte, welches es mit AdAgent zu besprechen gibt.
Wer soll das dann bezahlen? Das ist Sache der Verlage.
Geht es dem LSA also hauptsächlich darum, die Bedürfnisse der Agenturen einzubringen? Ja, genau. Es ist unsere Aufgabe als führender Fachverband unsere Mitglieder zu vertreten.
Sie denken weniger an technischen oder finanziellen Support? Eine Beteiligung an AdAgent, wie wir es beim SMDH gemacht haben, kommt für den LSA nicht in Frage. AdAgent ist kommerzielles Unternehmen, und es ist nicht Aufgabe des Verbandes, sich an kommerziellen Unternehmen zu beteiligen. knö