Online Special Touchpoints

Der Weg zum guten Kundenerlebnis

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Jedes Erlebnis, das ein Kunde an einem Touchpoint hat, wirkt sich auf seine Zufriedenheit und sein Kaufverhalten aus. Doch wie schafft man ein konsistent gutes Kundenerlebnis? Wie kann man seine Aktivitäten dabei optimal fokussieren und was gilt es bei der Optimierung von Touchpoints zu beachten? Diesen Fragen gehen Franziska Huesmann und Torben Tietz von der MSR Consulting Group auf den Grund.
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Ein erster Reflex bei der Beschäftigung mit Touchpoints besteht oft darin, alle Touchpoints zu sammeln oder sich auf einen zu stürzen, der keine guten Ergebnisse liefert. Dies ist jedoch wenig zielgerichtet, wenn man nicht von möglichst konkreten Anliegen der Kunden ausgeht. Hier macht ein Perspektivwechsel Sinn. Man sollte sich zuerst Gedanken über die wesentlichen Kontexte machen, in denen die Kundenkontakte stattfinden.

Wir sprechen in diesem Fall von Kundenreisen beziehungsweise Customer Journeys. Dabei steht die Frage im Vordergrund, welches Anliegen (Job-to-be-done) für den Kunden erledigt werden soll. Möchte er ein zu seinen Bedürfnissen passendes Produkt finden und erwerben? Oder geht es um ein Serviceanliegen? Die Kontexte sind unterschiedlich und die Touchpoints, auf denen diese Anliegen optimal erfüllt werden können, ebenfalls. Es bleibt festzuhalten: Der Touchpoint muss im Kontext der Kundenreise betrachtet werden.

Wenn man sich näher mit Kundenreisen beschäftigt, merkt man, dass es oftmals mehr Customer Journeys gibt, als man zunächst annimmt. Auch hier gilt es, den Fokus zu wahren und sich zunächst auf die relevanten Kundenreisen zu fokussieren. Für die Priorisierung von Kundenreisen können Treibermodelle hinzugezogen werden, die aufzeigen, welchen Einfluss die Kundenreise auf die Verbesserung des gesamten Kundenerlebnisses hat. Solch ein Treibermodell für den Versicherungsmarkt liefert beispielsweise die KUBUS Studie. Wir nutzen dieses als eine Inputgröße, um im Rahmen eines systematischen Prozesses eine faktenbasierte Priorisierung vorzunehmen.

Touchpoints identifizieren und bewerten

Nach der Auswahl der Kundenreise geht es darum, diese besser zu verstehen. Dabei müssen zwei Sichtweisen zusammengebracht werden: die Kundensicht und die Unternehmenssicht. Für die Kundensicht kann zum Teil auf vorliegende Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Darüber hinaus macht es Sinn, Gespräche mit Kunden durchzuführen, in denen die Customer Journey mit allen genutzten und gewünschten Touchpoints exploriert wird. Leitfragen sind: Was ist der Job-to-be-done? Und wie kann dieser optimal erfüllt werden? Diese Gespräche liefern konkrete Fallbeispiele und Zitate für die Arbeit mit den an der Kundenreise beteiligten Bereichen. Schöner Nebeneffekt: Die Mitarbeiter der Fachbereiche können an den Gesprächen teilnehmen und erleben das Kundenfeedback live.

Im Rahmen von Customer Journey Workshops, in die alle diese Bereiche miteingebunden werden, wird daraufhin die Kundensicht der internen Prozesssicht gegenübergestellt. Es werden Touchpoints systematisch identifiziert und bewertet. Dabei spielen zwei Perspektiven eine Rolle: Was will der Kunde erreichen? und Welches Ziel hat das Unternehmen? Diese Ziele können konträr sein. Ein Beispiel: Ein Versicherer will Aufwand und Kosten senken. Der Kunde will nach einem Unfall schnell wieder mobil sein. Diesen scheinbaren Konflikt kann man mit einer Weiterleitung in eine Partnerwerkstatt, die einen kostenlosen Mietwagen für den Kunden anbietet, auflösen. Die Prozesse mit der Partnerwerkstatt laufen für den Versicherer aufwandsarm und die Reparatur erfolgt zu guten Konditionen.

Das Autorenteam
Franziska Huesmann und Torben Tietz
MSR Consulting Group
Franziska Huesmann ist Consultant bei MSR Insights. Ihr Fokus liegt dabei auf dem Thema Customer Experience Management mit Schwerpunkten in den Branchen Finanzdienstleistung und Industrie.

Torben Tietz ist geschäftsführender Partner bei der MSR Consulting Group. Er berät Unternehmen im Finanzdienstleistungsbereich und im Industriesektor beim Aufsetzen von Customer Experience Management Programmen und bei allen Fragestellungen zum Thema kundenzentrierte Ausrichtung von Organisationen.
In diesem Fall ist es nun wichtig, zu überlegen, über welche Touchpoints dieses Ergebnis am besten erzielt werden kann. Im Fall der Schadensteuerung möchte ich den Kunden lenken. Dazu gehört auch der Verkauf der Serviceleistung. Und dies funktioniert am besten, wenn ich mit dem Kunden einen Dialog am Telefon führe.

Eine Priorisierung im Sinne des Customer Guiding kann auch anhand der Fähigkeiten meiner Organisation erfolgen. Wenn ich weiß, dass ich einen sehr guten telefonischen Kundenservice biete, mein Online-Portal aber leider noch in den Kinderschuhen steckt, muss ich versuchen, den Kunden auf den Kanal zu lenken, an dem ich ein gutes Kundenerlebnis erzeugen kann.

Während sich die grundsätzlichen Kundenreisen in ihrer Bedeutung nicht so schnell verändern, muss bei der Priorisierung von Touchpoints auch die perspektivische Entwicklung berücksichtigt werden. Es gibt Touchpoints, die in einer Status Quo Betrachtung unwichtig sind, aber perspektivisch eine große Rolle spielen werden. Hier sind natürlich besonders die digitalen Touchpoints zu nennen.

Service-Level-Analyse und Maßnahmenableitung

Im Rahmen der Verbesserung der Performance am Touchpoint benötigt man eine klare Sicht auf die Kundenbedürfnisse. Neben den Erkenntnissen aus der qualitativen Untersuchung hilft hierbei eine Service-Level-Analyse. Im Rahmen einer Nachkontaktbefragung wird die Customer Journey mit einer Mischung aus Beurteilungs- und Faktenfragen abgebildet. In der Analyse kann man konkret ermitteln, welche Anforderungen die Kunden stellen. Man sieht, welche Hebel auf prozessualer und auf Verhaltensebene vorhanden sind. Aus der Gegenüberstellung von Faktenfragen und Beurteilungen kann konkret ermittelt werden, wie schnell ein Prozess sein muss und ab wann man überinvestieren würde. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund knapper Ressourcen extrem wichtig.

Anschließend geht es darum, in die konkrete Maßnahmenableitung einzusteigen. Wie gerade dargestellt, kann man im Wesentlichen an zwei Hebeln ansetzen: den Prozessen und dem Verhalten. Aus unserer Sicht ist es essenziell, die Mitarbeiter aus dem betroffenen Bereich in diesen Prozess einzubeziehen – insbesondere, wenn es um eine Veränderung von Verhalten am Touchpoint geht. Dies gilt aber auch, wenn neu definierte Prozesse konsequent angewendet werden sollen.
Gerade mit der Arbeit am Mitarbeiterverhalten kann das Kundenerlebnis relativ schnell verbessert werden. Verhaltensveränderungen sind oft notwendig, um uneinheitliche Erlebnisse der Kunden am Touchpoint zu verhindern. Obwohl von den Unternehmen nicht beabsichtigt, nutzen Mitarbeiter bestehende Grauzonen kreativ, sobald sie unsicher sind, wie sie sich kundenorientiert verhalten sollen. Solche uneinheitliche oder schlechte Kommunikation ist eine wesentliche Ursache für negatives Kundenfeedback am Touchpoint. Durch die gemeinsame Identifikation dieser Grauzonen und die ebenfalls gemeinsame Erarbeitung einheitlicher Verhaltensregeln schafft die Methode des Touchpoint-Kompasses konsistent gute Kundenerlebnisse.

Inhalt der Methode ist die Erarbeitung von Situationen aus dem alltäglichen Arbeitsumfeld, bei denen die Mitarbeiter unsicher sind, wie sie sich am kundenorientiertesten verhalten sollen. In einem Workshop werden zu solchen Situationen jeweils bis zu fünf Verhaltensoptionen definiert, zwischen denen die Mitarbeiter schwanken. Diese Situationen inklusive der Verhaltensoptionen werden im Nachgang online von den betroffenen Personen im Unternehmen bewertet. Sie bewerten zum einen, für wie kundenorientiert sie die Option halten. Zum anderen geben Sie an, welches Verhalten in der Praxis angewendet wird.

Die Ergebnisse werden in Workshops mit den Mitarbeitern diskutiert und es wird ein einheitliches Vorgehen in den einzelnen Situationen erarbeitet. Üblicherweise können bei dem Touchpoint- Kompass in 80Prozent der Situationen Arbeitsweisen definiert werden, bei denen die Mitarbeiter sich zukünftig klar kundenorientiert verhalten.

Im Praxiseinsatz kann die Methode zum Beispiel dazu führen, dass Mitarbeiter in erklärungsbedürftigen Situationen häufiger zum Telefon greifen. Dies sorgt für ein besseres Kundenverständnis und somit für eine höhere Zufriedenheit. Wir konnten sehen, dass solch eine Maßnahme sogar aufwandsneutral war, da sie zu einer Verringerung der Rückfragen und weniger Taktieren durch die Kunden führte.

Nicht zu vergessen: Erfolgs-Controlling & die Rückkehr zur Kundenreise

Wer nachhaltig gute Kundenerlebnisse bieten möchte, kommt um eine Messung der Performance im Kundenkontakt nicht herum. Es gibt sicherlich interne Messgrößen wie zum Beispiel Beschwerdequoten, die eine Indikation liefern. Ein Feedbacksystem, das ein differenzierteres Bild liefert und immer wieder Impulse in die Organisation gibt, ersetzen solche internen Größen jedoch nicht.

Wie solch ein Feedbacksystem aufgebaut werden sollte, ist nicht Inhalt dieses Artikels. Wichtig ist jedoch, dass die operativen Einheiten im Unternehmen das Feedback direkt erhalten und lernen, mit diesem zu arbeiten. Dazu gehört, konkrete und messbare Ziele für Maßnahmen am Touchpoint zu definieren oder auch Tests durchführen und bewerten zu können. Denn nur so kann die Organisation permanent systematisch lernen und auch auf neue Anforderungen der Kunden flexibel reagieren.

An dieser Stelle muss auch spätestens wieder der Transfer von der Sicht auf den Touchpoint zur Sicht auf die Kundenreise erfolgen. Einerseits geht es permanent darum, die Schnittstellen richtig zu managen. Andererseits müssen die Auswirkungen von Veränderungen an anderen Punkten der Customer Journey auch im Management des einzelnen Touchpoints berücksichtigt werden.

Das Vorgehensmodell setzt sich aus sieben Punkten zusammen:

  1. Fokus: Identifikation relevanter Kundenreisen und Touchpoints
  2. Generelles Verständnis von Kundenbedürfnissen am Touchpoint im Kontext der Kundenreise
  3. Customer Journey Workshops (Kundensicht vs. Unternehmenssicht)
  4. Customer Guiding als strategische Leitplanke
  5. Konkrete Service-Levels aus Kundensicht
  6. Maßnahmenableitung gemeinsam mit Mitarbeitern
  7. Konsequentes Erfolgs-Controlling inklusive Kundenreisesicht

Ausgabe 4/2019

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Das Thema Touchpoints wird auch umfangreich in Heft 4/2019 von planung&analyse behandelt. Weitere Themen im Heft: Transformation / Insights 2019 / GIM und viel mehr. Zum Inhaltsverzeichnis >>

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