Roboter, bleib bei deinen Leisten

Wie menschenähnlich darf die KI sein?

Pepper heißt der von Softbank entwickelte humanoide Roboter. Er kann menschliche Emotionen erkennen und nachahmen.
IMAGO / Hans Lucas
Pepper heißt der von Softbank entwickelte humanoide Roboter. Er kann menschliche Emotionen erkennen und nachahmen.
Handel, Gastronomie, Pflege: Serviceroboter werden in unserem Alltag schon bald ein gewohntes Bild abgeben. Doch Vorsicht: Die Roboter sollten auch als solche erkannt werden, warnt Katharina Müller, Lead Communications bei der Eye Square GmbH in Berlin. Für die Akzeptanz der Nutzerinnen und Nutzer könnte entscheidend sein, wie humanoid die eingesetzten Serviceroboter tatsächlich sind.
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Der Digitalverband Bitkom erkundigt sich seit einiger Zeit, was die Bürger von Künstlicher Intelligenz halten. Das Thema ist für den Verband höchst relevant. Zahlreiche seiner über 2.000 Mitgliedsunternehmen setzen in den unterschiedlichsten Bereichen intelligente Algorithmen ein, sie erhoffen sich dadurch Effizienzgewinne und Wettbewerbsvorteile. Da ist es wichtig zu wissen, wie ihre Endkunden auf diese Veränderungen reagieren, ob sie Künstlicher Intelligenz skeptisch gegenüberstehen oder keine Berührungsängste haben.

Tatsächlich ist dabei ein Trend zu erkennen. Überwog vor ein paar Jahren noch die Skepsis, wird der Einsatz von KI inzwischen überwiegend positiv gesehen. Rund dreiviertel aller Bundesbürger gibt inzwischen an, dass sie Künstliche Intelligenz als Chance sehen. Nur ein Viertel sieht sie eher als Gefahr. Vor fünf Jahren war das noch ganz anders. Damals, 2017, sah noch jeder zweite in KI eine Gefahr.

Zurückzuführen ist diese gestiegene Akzeptanz auf die Tatsache, dass KI inzwischen weite Bereiche des Alltags erobert hat. Die Menschen haben sich daran gewöhnt, dass ihre Suchanfragen auf Google automatisch vervollständigt werden. Sie verlassen sich auf die KI-gestützten Empfehlungsalgorithmen, mit denen der Streamingdienst Netflix neue Serien empfiehlt. Sie sprechen mit Siri und Alexa und wundern sich nicht mehr, dass die Dialoge mit den Sprachassistenzsystemen immer flüssiger und persönlicher werden, da die Software im Hintergrund mit jedem Gespräch dazulernt (Machine Learning). Künstliche Intelligenz, so der überwiegende Eindruck, erleichtert einem das Leben.

Mähroboter singt Happy Birthday

Für einen zusätzlichen Push hat zudem die Corona-Pandemie gesorgt, auch wenn dies seltsam anmuten mag. Doch sie verpasste dem ganzen Land einen Digitalisierungsschub, der vor wenigen Jahren in diesem Ausmaß noch undenkbar gewesen wäre. Binnen weniger Wochen arbeiteten weite Teile der Bevölkerung im Home-Office, Schüler und Studierende wurden online unterrichtet, der Kauf und Verkauf von Waren verlagerte sich schrittweise ins Internet. Auch hier lässt sich das Rad inzwischen nicht mehr zurückdrehen, wie sich nach Abklingen der Pandemie zeigt. Die digitalen Errungenschaften wiesen zu viele Vorteile auf, als dass man noch auf sie verzichten wollte. Auch künftig werden viele Menschen zuhause arbeiten, Video-Calls können Geschäftsreisen ersetzen. Und die Einkaufsgewohnheiten ändern sich ebenfalls nachhaltig, die Verlagerung in den E-Commerce wird weiter anhalten. Der Online Monitor des HDE Handelsverband Deutschland zeigt, wie stark die Onlineumsätze seit 2020 gestiegen sind und geht auch für dieses Jahr von einer Steigerung von rund zwölf Prozent aus.
Die Autorin

Katharina Müller
Eye Square
Katharina Müller leitet seit 2014 die Communication & Organization bei Eye Square. Nach dem Studium der Soziologie und Philosophie absolvierte sie eine Ausbildung zur Hörfunkjournalistin und erlangte die Zertifizierung zum Wissensmanagement-Consultant.
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Damit stellt sich die Frage, in welchen weiteren Bereichen die Verbraucher in den nächsten Monaten mit Künstlicher Intelligenz verstärkt in Kontakt kommen werden. Was folgt auf KI-gestützte Techniken wie die Gesichtserkennung am Smartphone oder den Dialog mit Alexa? Als vielversprechende Einsatzbereiche gilt die Servicerobotik. Zum einen haben sich bereits viele Menschen an den Einsatz von automatisch agierenden Saugrobotern oder Rasenmähern gewöhnt und wollen sie nicht mehr missen – ein YouTube-Video, in dem die Firma Husqvarna sehr unterhaltsam für ihre Mähroboter wirbt, erzielte inzwischen knapp vier Millionen Aufrufe. Künstliche Intelligenz erleichtert auch hier den Menschen den Alltag, weshalb sie nach Ansicht von Experten in diesem Bereich für eine neuen Entwicklungsschub sorgen dürfte.

Recht erfolgreich wird derzeit mit dem Einsatz von Servicerobotern im stationären Handel experimentiert, wo sie Kunden nach ihren Wünschen fragen und sie dann an das richtige Regal führen. Auch in Hotels, der Gastronomie, Museen oder Flughäfen kommen solche KI-gestützten Robotiksysteme zum Einsatz – mit dem Ziel, den Kundenservice zu verbessern und gleichzeitig an bestimmten Stellen Personal zu entlasten. Denn ein Serviceroboter benötigt keine Pausen, arbeitet rund um die Uhr und kann einfachere Tätigkeiten, wie den Check-In einkommender Gäste weitgehend reibungslos bewältigen. Über Gesichtserkennung kann er sein Gegenüber einschätzen, Natural-Language-Systeme übernehmen die Kommunikation. Auch hier gibt es bereits Studien, die zeigen, dass Kunden diesen Service durchaus zu schätzen wissen. In Japan ist nicht nur deshalb gerade eine intensive gesellschaftliche Diskussion im Gange, ob nicht Pflegeroboter die Lösung für ein drängendes gesellschaftliches Problem wären.

Menschen begegnen Pepper mit Sympathie

Interessant ist dabei die Frage, inwieweit ein Serviceroboter menschliche Züge tragen sollte. Beim Einsatz im stationären Handel hat sich gezeigt, dass sich humanoid anmutende Roboter als Kundenmagnete entwickeln. Als Paradebeispiel gilt Roboter Pepper, der darauf spezialisiert ist, Mimik und Gesten zu interpretieren und darauf zu reagieren. Pepper ist ein regelrechter Verkaufsschlager. Die Menschen begegnen ihm mit Sympathie – wegen seiner drolligen Erscheinung und seiner niedlichen Kulleraugen. Damit bewahrheitet sich einmal mehr eine Erkenntnis: Menschen reagieren auf Werbung und Botschaften immer dann besonders stark, wenn sie Gesichter sehen.

Für die Entwicklung der Servicerobotik bedeutet dies: Die Systeme werden dann erfolgreich sein und die nächste KI-Evolutionsstufe im Alltag einleiten, wenn sie menschliche Züge und Gesichter haben. Doch Vorsicht: Ist das Gesicht zu menschenähnlich, könnte dies Irritationen zur Folge haben. Der Versuch der Simulation eines menschenähnlichen Roboters könnte zur Ablehnung beim User führen, ähnlich wie Totenmasken im Altertum bei den Hinterbliebenen eine einschüchternde Wirkung zeigten. Schon vor fünf Jahren berichteten Informatiker davon, dass sich Probanden desto unbehaglicher fühlten, je menschlicher die Züge des Roboters waren.

Ein Erfolgsfaktor auf dem Weg in eine erfolgreiche Service-Robotik könnte also sein: Gesichter, unbedingt. Aber nicht zu echt, sondern drollig und mit Kulleraugen. Die KI muss sympathisch sein und auch deutlich als künstliches Wesen zu erkennen sein.

Zuerst erschienen in




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