Ein Leben ohne Marken – ist das überhaupt vorstellbar? Der Kaffee am Morgen, das neue paar Schuhe an und schnell auf das Fahrrad schwingen: Produkte strukturieren unseren Alltag. Marken geben Bilder vor und inspirieren Verbraucher. Aufgrund der Coronakrise sind bei vielen Menschen die Alltagsabläufe nun jedoch aus dem Tritt gekommen. Plötzlich wird hinterfragt, welche Produkte wirklich gebraucht werden und welche Werte man in Zukunft vertreten will.
Behmer sieht hierbei für das Marketing zwar eine große Aufgabe, aber auch eine gewaltige Chance. Marken sollen Verbrauchern zeigen, wie sie ihren Alltag gestalten können – sie müssen den neuen Alltag der Menschen miterfinden, so die Psychologin. Und dabei müssen Marken vor allen Dingen eins sein ein Vorbild. Menschen wollen verantwortungsvoll geführt werden – einer muss vorangehen.
Judith Behmer, Psychologin, Rheingold Institut
„Wir brauchen Produkte und Marken, die uns sagen, wie wir unseren Alltag strukturieren können“
Judith Behmer
Das Rheingold Institut führt qualitative und tiefenpsychologische Marktforschungsstudien durch. Coronabedingt wurden Einzelgespräche und Gruppendiskussionen mit digitalen Tools geführt. In den vergangenen Monaten wurden rund 5000 Verbaucher befragt. "Der Austausch kommt aktuell zu kurz", so Sebastian Buggert, Geschäftsführer des Rheingold Instituts.
Die Auswertungen zeigen: Die kulturelle Verfassung der Menschen hat sich gewandelt. Das Bewusstsein der Verbraucher steigt, genauso wie die Wertschätzung von wesentlichen Dingen. Und auch die Empfänglichkeit für Botschaften nimmt zu – Verbraucher sind vor allen Dingen für andere und neue Platzierungen und Botschaften offen. „Die Chance für das Marketing war noch nie so groß“, sagt Behmer.
Coca Cola macht's vor
Der amerikanische Getränkehersteller zeigt hierbei der Konkurrenz schon mal wie es geht: mit der Kampagne „Offen wie nie zuvor“ setzt Coca Cola ein Statement. Buggert unterstreicht, wie wichtig es ist, auch im Marketing Bezug auf die aktuelle Situation zu nehmen. „Der Verbraucher darf nicht denken, dass der Spot noch aus Zeiten vor Corona stammt“, so Buggert.
Verbraucher und Marketer sitzen, laut Behmer, in einem Boot. Sie sind auf einer gemeinsamen Sinnsuche. Während Verbraucher überdenken, prüfen und suchen, müssen Marken nun innovative Lösungen und Ideen bieten. Produkte, die überflüssig und irrelevant in diesen Zeiten des Wandels wirken, können am Markt nicht bestehen. Die Rheingold-Psychologin würde im Marketing „der neuen Welt“ vor allen Dingen auf Storytelling setzen. Verbraucher brauchen Inspirationen und Bilder. Und genau hier müssen Marken ansetzen und mit innovativen Ideen vorangehen.
Sicherheit und Rückhalt – ein weiterer Wunsch der Verbraucher in ungewissen Zeiten. Hierbei punkten natürlich große Marken, die sich seit Jahren das Vertrauen ihrer Kunden aufgebaut haben. Jedoch könnten, so die Rheingold-Psychologin, auch kleinere Unternehmen genau jetzt mit Innovation und Neuheit überzeugen.