Pollytix-Studie

So schlecht ist die digitale Nachrichtenkompetenz der Deutschen

46 Prozent der befragten Deutschen liegen im Bereich der (sehr) geringen digitalen Nachrichten- und Informationskompetenz.
Imago Images / Kirchner-Media
46 Prozent der befragten Deutschen liegen im Bereich der (sehr) geringen digitalen Nachrichten- und Informationskompetenz.
Das Marktforschungsinstitut Pollytix Strategic Research führte gemeinsam mit der Stiftung Neue Verantwortung eine Studie zur digitalen Nachrichtenkompetenz der deutschen Bevölkerung durch – mit besorgniserregenden Ergebnissen.
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Funktionierende Demokratien sind auf gut informierte Bürger angewiesen. Gerade in den letzten Jahren hat die digitale Nachrichten- und Informationskompetenz stark an Bedeutung gewonnen, denn im Internet sind Bürger mehr denn je auf sich allein gestellt und müssen immer wieder neu entscheiden, ob eine Information vertrauenswürdig ist, ob sie sie lesen, liken oder sogar teilen. In Deutschland weist jedoch nur knapp ein Viertel der Befragten eine hohe Nachrichtenkompetenz auf, wie die aktuelle Studie zeigt.

Die Ergebnisse der Studie erwecken einen eher besorgniserregenden Eindruck von der Nachrichtenkompetenz der Deutschen.
Leonie Schulz, Senior Consultant bei Pollytix Strategic Research
Zwar besorgniserregend aber nicht wirklich überraschend: „Wir alle haben beobachtet, wie gerade in der Pandemie Nachrichten unreflektiert geteilt wurden, Quellen nicht überprüft oder hinterfragt wurden und folglich Falschnachrichten die Runde machten“, so Schulz.

Wie aus der Studie hervorgeht, haben nur 22 Prozent der Befragten eine (sehr) hohe, 46 Prozent der Befragten hingegen eine (sehr) geringe digitale Nachrichten- und Informationskompetenz. Im Durchschnitt wurden beim Nachrichtenkompetenztest 13,3 von 30 möglichen Punkten erreicht. Was besonders häufig fehle: Fähigkeiten und Kenntnisse, um Werbung und Meinung zu unterscheiden oder auch die Zuverlässigkeit einer Quelle richtig einzuschätzen. So hielten 56 Prozent der Befragten ein Advertorial trotz Kennzeichnung für redaktionelle Information. Ein Drittel der Befragten stufte laut der Studie Falschinformation auf Facebook als Nachricht ein.
Zur Studie

Gemeinsam mit einer Expertengruppe entwickelte Pollytix einen Nachrichtenkompetenz-Test, den im Herbst 2020 bundesweit 4.194 Internetnutzer ab 18 Jahren durchführten. Die Daten wurden mittels Online-Interviews erhoben.

Davon ist die Medienkompetenz abhängig

Die zwei Hauptfaktoren, die die Medienkompetenz bestimmen, seien Alter und Bildung. So geht aus der Studie hervor, dass die jüngeren Generationen klar kompetenter sind als die älteren. Die Befragten unter 30 Jahren schnitten mit durchschnittlich 15,2 Punkten beim Test am besten ab. Die Bildung spiele in allen Altersgruppen eine zentrale Rolle. „Je höher die Schulbildung, desto höher die Kompetenzwerte und desto höher auch das Vertrauen in Journalismus und Politik“, heißt es in der Studie.

Vertrauen in vierte Säule schwankt

Aus der Studie geht hervor, dass die Befragten an der Unabhängigkeit des Journalismus zweifeln. So glaube ein Viertel der befragten Deutschen an Machenschaften zwischen Medien und Politik. Gravierende Fehleinschätzung gebe es bei der journalistischen Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Nur gut die Hälfte der Befragten wisse, dass Bundestagsabgeordnete nicht über ÖRR-Berichterstattung entscheiden können.

Lösungsansätze

Doch was kann getan werden, um die Medienkompetenz der Deutschen im digitalen Raum zu verbessern? Das Marktforschungsinstitut hat drei Lösungsansätze formuliert:

1. Bessere digitale Schul- und Erwachsenenbildung:
Digitale Nachrichten- und Informationskompetenz muss auf die Lehrpläne, und z. B. auch bei beruflichen Weiterbildungsangeboten mitgedacht werden.

2. Transparentere journalistische Angebote:
Medienmacher müssen Nutzer bei der Einordnung ihrer Inhalte besser unterstützen, beispielsweise durch verständlichere und erkennbarere Kennzeichnung von Meinungs- oder Werbebeiträgen.

3. Bessere Social Media-Plattform-Lösungen:
Auch auf Social Media werden Informationen teils schlecht erkannt und eingeordnet. Plausible, gut sichtbare Kennzeichnungen, Transparenz über Architektur- und Design-Entscheidungen können bei kompetenter Nutzung helfen.



Wer sich beim Lesen nun gefragt hat, wie gut die eigene Nachrichtenkompetenz ist, kann hier den Test durchführen.




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