Online Special Werbewirkung

Werbung? Nein danke – oder doch?

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Rund ein Viertel der deutschen Online-User nutzt Werbeblocker. Dennoch sind diese Adblocker-Nutzer mit Werbung erreichbar: Dies ergibt eine Studie mit mehr als 600 Adblocker-Nutzern. Dominik Reisig und Claire Pankratz von AdDefend zeigen, welchen Einfluss das Sehen einer Anzeige auf die Wahrnehmung der Markensympathie und das Kaufinteresse hat und warum man blockierte Nutzer mit Werbung ansprechen sollte.
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In Deutschland verwenden laut BVDW rund 24 Prozent der Online-Nutzer einen Adblocker. Die Anzahl der User, die Werbeeinblendungen verbannen, ist seit Jahren konstant. Für die Online-Welt hat das Blocken von Werbeanzeigen weitreichende Konsequenzen. Werbetreibende können knapp ein Viertel ihrer potenziellen Kunden nicht mehr erreichen. Publisher sehen ihr Geschäftsmodell, die Bereitstellung kostenfreier Inhalte finanziert durch Werbeausspielungen, zunehmend gefährdet. Neben den klassischen Adblockern als Browsererweiterungen blockieren auch andere Systeme Werbung oder Trackings. So wird im „Firefox Private Mode“ Werbung und jegliches Tracking blockiert, was den wenigsten bekannt ist. Auch andere Browser verfügen immer häufiger über integrierte Blocking-Systeme. Es gibt jedoch Anbieter, die auf die Werbeausspielung an Adblocker-Nutzer spezialisiert sind. Unter Werbetreibenden bestehen allerdings Vorbehalte: Sie fürchten eine Beschädigung ihres Markenimages. Nutzer von Adblockern gelten als generelle Werbegegner. Diese These wurde in einem zweistufigen Verfahren untersucht.

Nutzer von Adblockern sind keine Werbeverweigerer

Zunächst wurde anhand einer ersten Studie eruiert, inwieweit sich die Einstellung zur Werbung von Adblocker-Nutzern gegenüber regulären Usern unterscheidet. Wie war diese erste Studie angelegt? In einer Umfrage mit 1511 Teilnehmern hat AdDefend mit dem Marktforschungsinstitut Appinio im Frühjahr 2019 das Verhalten und die Einstellung zu werbenden Marken erhoben und damit Nutzer von Adblockern mit regulären Usern verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Werbung im Allgemeinen negativ wahrgenommen wird. Adblocker-Nutzer bewerteten Anzeigen minimal kritischer. Nach Werbung von konkreten Marken befragt, fiel das Urteil jedoch positiver aus, und zwar in beiden Gruppen. Die Nutzer von Adblockern haben teilweise die Werbung konkreter Marken sogar positiver bewertet als User ohne Werbeblocker.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die pauschale Aussage, Nutzer mit Adblockern seien Werbeverweigerer, nicht halten und vor allem nicht auf einzelne Marken übertragen lässt. Als Motivation zur Installation eines Adblockers wurden eher allgemeinere Gründe genannt, wie zum Beispiel mit Werbeanzeigen überladene Websites oder Anzeigenformate, die übermäßig animiert sind oder Inhalte überdecken. Letztere gelten gemeinhin als störend, auch, weil durch sie die Ladegeschwindigkeit der Seiten verlangsamt wird. Vermehrt treten auch Datenschutzbedenken in den Vordergrund der Debatte um die eigene Privatsphäre, die User mitunter durch die Ausspielung personalisierter Werbeanzeigen gefährdet sehen. Die erste Studie ergab also, dass Nutzer von Adblockern zwar Werbung gegenüber etwas kritischer eingestellt sind, aber dennoch auf die exemplarischen Werbeanzeigen positiv reagierten. Das deckt sich mit der von uns beobachteten guten Performance von Werbung auf den blockierten Reichweiten.

Im zweiten Schritt sollte eine konsekutive Studie die Werbewahrnehmung der Adblocker-Nutzer untersuchen. Es wurden entsprechend ausschließlich Nutzer von Werbeblockern befragt. Obwohl die Nutzer Werbung blockierten, reagierten sie positiv auf Werbeanzeigen. Wie passt dieses widersprüchliche Verhalten zusammen? Das Ziel der Werbewirkungsstudie war, einen umfassenden Einblick in die Werbewahrnehmung von Adblocker-Nutzern zu erlangen.

Positive Werbewahrnehmung trotz Werbeblocker

Im Rahmen einer Onsite-Befragung auf den Werbeumfeldern von AdDefend, darunter auf welt.de, chefkoch.de, spiegel.de und vielen weiteren Websites, wurden Adblock-User eingeladen, an der Umfrage teilzunehmen. Insgesamt haben über 600 Nutzer von Werbeblockern einen detaillierten Onlinefragebogen mit 25 Fragen ausgefüllt. Neben den allgemeinen Fragen zu Alter, Geschlecht und Bildungsstand der Befragten wurde die Werbewirkung zweier Werbemittel eines Hamburger Versandhauses erfasst.

Außer Werbemittelgefallen und -bewertung wurden auch die Bekanntheit, Markensympathie und der Einfluss der Werbeanzeigen auf das Kaufinteresse erfragt. Zur Sicherung einer kompetenten und umfassenden Datenerhebung hat AdDefend Dcore, eine erfahrene Forschungsagentur, als Unterstützung bei der Durchführung der Online-Befragung von Adblocker-Nutzern beauftragt. So viel sei vorweggesagt: Das Ergebnis überrascht – Nutzer von Adblockern sind Werbung gegenüber deutlich aufgeschlossener und positiver eingestellt als weithin angenommen.
Die Werbewirkungsstudie zeigt: Nutzer von Adblockern sind Werbung gegenüber deutlich aufgeschlossener und positiver eingestellt als bisher angenommen.
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Die Werbewirkungsstudie zeigt: Nutzer von Adblockern sind Werbung gegenüber deutlich aufgeschlossener und positiver eingestellt als bisher angenommen.
Für die Kontaktmessung wurden die Probanden gefragt, ob sie die gezeigten Werbemittel online schon einmal gesehen hatten. 244 Nutzer gaben an, online bereits mit den Werbemitteln in Kontakt gekommen zu sein und wurden der Testgruppe zugeteilt. 428 User gaben an, zuvor keinen Kontakt zu den Werbemitteln gehabt zu haben und bildeten so die Kontrollgruppe. Um Vergleiche beider Gruppen ziehen zu können, wurde die Struktur beider Gruppen nach Geschlecht und Alter angeglichen.

Die untersuchte Kampagne zeigt Wirkung. Hatte der User Kontakt mit der Kampagne, dann wird das Versandhaus häufiger erinnert, in der Kaufentscheidung stärker berücksichtigt und gewinnt in allen Image-Werten. Sowohl in der Markensympathie, als auch dem Markenimage und der Kaufrelevanz haben Nutzer von Adblockern Werbetreibende erheblich positiver bewertet, wenn sie zuvor ein Werbemittel von ihnen gesehen haben. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Nutzer bewusst oder unbewusst einen Adblocker verwenden. Die Studie ergab, dass auch bewusste Nutzer von blockierender Software, die Werbung gegenüber etwas kritischer eingestellt sind, die Anzeigen dennoch positiv wahrnehmen. Die Ergebnisse übertreffen sogar unsere bisherigen Annahmen.

User, die die Kampagne online gesehen haben, bewerteten die Werbemittel fast doppelt so positiv wie Nutzer ohne Kontakt zum Werbemittel. Auch das Kaufinteresse hat durch den Kontakt mit der Kampagne einen Anstieg von 41 Prozent erzielt. Aus den positiven Bewertungen lässt sich schließen, dass obwohl die Nutzer einen Adblocker verwendeten, sie sehr offen für Werbung sind und der Marke positiv und interessiert entgegentreten.

Unaufdringliche Werbung spricht selbst Adblocker-Nutzer an

In der Umfrage empfanden 76 Prozent der Befragten mit Kontakt das Werbemittel als optisch ansprechend. Unter den Nutzern ohne Kontakt zur Werbeanzeige waren es 56 Prozent. Als informativ wurde die Kampagne von 65 Prozent der Befragten mit Kontakt und 43 Prozent ohne Kontakt bewertet. Das Sehen der Anzeige hat also einen eindeutig positiven Einfluss auf die Markensympathie, das Markenimage und das Kaufinteresse der Befragten, obwohl sie einen Adblocker nutzen. Was hat zur positiven Wahrnehmung der Kampagne geführt? Der Schlüssel liegt offenbar in der Aufmachung der Werbeanzeige und der Art der Kundenansprache.
Das Autorenteam

AdDefend
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Dominik Reisig
ist CEO von AdDefend. Das Thema Anti-Adblocking begleitet ihn bereits seit vielen Jahren. Zuvor war er beim Content-Recommendations-Dienst veeseo zunächst als Vice President für International Business and Corporate Development sowie anschließend als CSO für den Vertrieb der ursprünglichen AdDefend-Software verantwortlich. dominik.reisig@addefend.com

Claire Pankratz ist PR-Managerin bei AdDefend. Bevor sie die Public Relations für die Hamburger Adtech-Company übernahm, war sie im Eventmanagement tätig, nachdem sie ihren Master in Germanistik absolvierte. claire.pankratz@addefend.com

Die User haben die Werbeanzeigen des Versandhauses als unaufdringlich und dadurch als ansprechend wahrgenommen. Die Kampagne umfasste ein Set reduziert gestalteter Display-Ads. Die Werbemittel enthielten keine größeren Animationen. Es wurden keine der als störend geltenden Werbeformate wie Pop-ups, Pop-under oder contentüberlagernde Layer gewählt. Zu der Kampagne gehörten einfache Billboards, die über oder neben dem Content platziert und als Werbeanzeige gekennzeichnet waren. Die Adblocker-Nutzer haben diese subtile und unaufdringliche Ansprache mit Aufmerksamkeit honoriert und positiv bewertet. Es wird ersichtlich, dass es sich durchaus lohnt, Adblocker-Nutzern angenehm aufbereitete Werbung zu zeigen.

Angesichts der Erfahrungen der Werbeausspielung an Nutzer von Adblockern aus den letzten Jahren, der Erfolge von Kampagnen auf der geblockten Reichweite und der jüngsten Studienergebnisse zeigt sich, dass sich Bedenken gegenüber Kampagnen bei Adblocker-Nutzern als nicht gerechtfertigt erweisen. Nutzer von Werbeblockern reagieren sehr gut auf angenehm gestaltete, unaufdringliche Anzeigen, sofern diese sie in ihrer User Experience nicht stören.

Die wichtigste Erkenntnis der Studie ist, dass unterhaltsame und unaufdringliche Werbung User erreicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie einen Adblocker nutzen oder nicht. Die pauschalisiert kritische Haltung Werbung im Allgemeinen gegenüber ist durch eine Überfrequentierung und Überreizung der User entstanden. Wer als Marke seine Kundenansprache angenehm und userorientiert gestaltet, dem stehen gute Performances offen, auch auf der blockierten Reichweite.

Durch die Entwicklung der Adblock-Raten in den letzten Jahren wird deutlich, dass sich Adblocking als fester Bestandteil der Online-Userschaft etabliert hat. Es ist demnach sowohl für Publisher als auch für Werbetreibende unumgänglich, sich mit der Problematik auseinanderzusetzen. Als Fazit der Studie kann festgehalten werden, dass es eine attraktive Möglichkeit für Werbetreibende ist, Adblocker-Nutzer mit reduzierten Werbemitteln anzusprechen und damit einen großen Teil ihrer Zielgruppe wieder zu erreichen.
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