Online-Special Mobilität

Das eigene Auto bleibt spannend

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Viele Hypothesen gehen davon aus, dass der langfristige Besitz eines Autos besonders bei der aktuell jungen Generation stark zurückgehen wird. Aber lässt sich diese Gruppe wirklich so sehr und in der breiten Masse für die neuen Mobilitätskonzepte begeistern, dass sie das eigene Auto aufgibt? Petra Hannemann (GfK) hat sich die Situation angeschaut.
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Stirbt der klassische Autobesitzer aus? Folgt man den aktuellen Diskussionen, könnte man davon ausgehen. Die Industrie arbeitet intensiv an neuen Mobilitätslösungen, um der zunehmenden Urbanisierung und der damit einhergehenden hohen Verkehrsdichte Rechnung zu tragen. So stehen dem Konsumenten neben dem eigenen Fahrzeug heute bereits eine Vielzahl alternativer Mobilitätskonzepte zur Verfügung – beispielsweise Car-Sharing und Ridesharing – und nach allgemeinem Konsens ist das erst der Anfang. Das eigene Auto ist dank neuer Technologien und Services nicht mehr zwangsläufig die einzige Option, um auf vier Rädern von A nach B zukommen. Aber sind die Konsumenten tatsächlich schon bereit, auf den Besitz eines Pkws zu verzichten und ein Auto nur noch nach Bedarf zu buchen?

In der Studie Millennials – On the road again! Global survey on millennials‘ attitudes towards current and future mobility (GfK, 2017) wurden in sieben Kernmärkten (Europa, China, USA) die Konsumenten in den Fokus gestellt. Die wichtigste Erkenntnis vorweg: Auch die jüngere Generation hat weiterhin großes Interesse am eigenen Auto. Von den unter 35-Jährigen erwägen 78,7 Prozent, in den nächsten fünf Jahren ein Auto zu kaufen. Bei den Konsumenten ab 36 Jahren sind es 68,8 Prozent.

Die Autorin
Petra Hannemann
GfK
Petra Hannemann ist Client Business Partner bei GfK.

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Ausschlaggebend für dieses Ergebnis sind die Dimensionen Unabhängigkeit und Komfort, in denen das eigene Auto deutlich gegenüber den Konzepten Carsharing und Ridesharing punktet.
Dimensionen
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Denn nur das eigene Auto steht zuverlässig zum gewünschten Zeitpunkt in der gewünschten Ausstattung zur Verfügung – bei allen anderen Konzepten müssen in dieser Hinsicht gegebenenfalls Abstriche gemacht werden. Aus Sicht der Konsumenten kann keine andere Lösung diese Vorteile bieten oder ausgleichen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die persönliche Identifikation mit dem Auto. Nur circa ein Drittel der Jüngeren sieht das Auto als reines Transportmittel. In der Gruppe 36 Jahre und älter sind es 41,7 Prozent. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass der Status-Charakter eines eigenen Autos immer noch einen hohen Einfluss hat.

Dennoch sind die Konsumenten unter 36 Jahren grundsätzlich offen gegenüber neuen Mobilitätskonzepten. 31,8 Prozent der jüngeren Generation geben an, sie bereits heute schon zu nutzen, im Vergleich zu 18,6 Prozent bei der Zielgruppe über 36. Es gibt also die Chance, Alternativen zum eigenen Auto stärker im Mindset der Konsumenten zu verankern.

Das kann nur gelingen, wenn die Vorteile andere Mobilitätslösungen stärker in den Fokus gestellt werden. Bei zwei Themen liegen Car Sharing oder Ridesharing gegenüber dem eigenen Auto vorn bzw. gleichauf. Wer nicht selbst am Steuer sitzt, hat beispielsweise mehr Raum für andere Tätigkeiten wie Telefonieren oder Arbeiten oder auch einfach Zeit für Entspannung. Und hinsichtlich der Kosteneffizienz kann zumindest das Ridesharing (im Gegensatz zum Car Sharing) mit dem eigenen Auto mithalten.  Auch bei alternativen Mobilitätslösungen ist also der Erlebnischarakter entscheidend – Stichwort Connected Car. Denn dann können sich Jüngere das Auto in Zukunft als weiteren Lebensraum vorstellen und nicht nur als Mobilitätslösung.
Das Fahrzeug als erweiterter Wohnraum nimmt Einfluss auf meine Mobilität in der Zukunft
GfK
Das Fahrzeug als erweiterter Wohnraum nimmt Einfluss auf meine Mobilität in der Zukunft

Das eigene Auto bleibt für den Konsumenten relevant – neben anderen Optionen

Aktuelle Verkehrssituationen, besonders in Ballungszentren, fordern von Konsumenten ein anderes Mobilitätsverhalten. Jedoch bleibt das eigene Auto dabei eine deutlich attraktivere Mobilitätsoption als manche Hypothese es vermuten lässt. Neue Mobilitätslösungen müssen das Erlebnis von Unabhängigkeit, Flexibilität und Komfort ausgleichen – aus Sicht der Konsumenten sehr hohe Werte, die er nur sehr ungern aufgeben wird.
Andererseits ist er heute viel aufgeschlossener für die Nutzung eines Mix‘ aus Mobilitätslösungen als er es noch vor wenigen Jahren war. Diese Nutzung wird er abhängig machen von Lebensphase und der einzelnen Nutzungssituation.

Industrie und Politik müssen diese Anforderungen bis in die verschiedenen Nutzungssituationen verstehen, um dem Konsumenten eine attraktive Mischung aus verschiedenen Mobilitätslösungen zu bieten. Denn seine Akzeptanz der Lösungen trägt maßgeblich zum Erfolg bei. Geht es nach dem Konsumenten, wird das eigene Auto dabei eine attraktive Option bleiben.

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