Esomar und Efamro arbeiten an Verhaltensregeln, die die DSGVO präzisieren und für die Bedürfnisse der Branche „übersetzen“. Diese Initiative wurde durch eine Pressemitteilung des BVM der breiten Öffentlichkeit bekannt. Ob eine deutsche Version solcher Verhaltensregeln opportun ist, darüber sind sich ADM und BVM offenbar uneins.
Der Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V. (BVM) hat in der vergangenen Woche mit einer Pressemitteilung überrascht. Berichtet wird von einer Initiative der beiden internationalen Verbände Esomar und Efamro, die diese selbst noch nicht veröffentlicht haben. Geplant ist, Verhaltensregeln zu formulieren, die die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für die Branche „übersetzen“ und die Auslegung präzisieren. In der Mitteilung heißt es: „Der BVM (vertreten durch seinen Vorsitzenden Dr. Frank Knapp) hat dazu bereits an zwei Abstimmungsrunden bei Esomar in Amsterdam teilgenommen.“
Auch der Arbeitskreis der Markt-, Meinungs- und Sozialforschungsinstitute (ADM) bestätigt auf Nachfrage eine Beteiligung an den Gesprächen. Geschäftsführerin Bettina Klumpe berichtet: „Wir sind in diesen Prozess seit 2017 voll involviert, haben als ADM aktiv am Code mitgearbeitet und wir sind bei allen Sitzungen mit dabei.“
Worum geht es? Esomar und Efamro versuchen, die DSGVO, die grundsätzlich für alle in Europa tätigen Unternehmen gilt, auf die Bedürfnisse und Fragestellungen der Markt-, Meinungs-, und Sozialforschung herunterzubrechen.
Der BVM schreibt: „Mit einer solchen Realisierung europäischer Verhaltensregeln gäbe es ein einheitliches europäisches Verständnis in der Branche zur DSGVO und potenziell einen effizienten Mechanismus zur Überwachung.“ Frank Knapp, Vorstand des BVM, betont auf Nachfrage, dass beides, die Erfüllung der Verhaltensregeln und das vorgesehene Überwachungsverfahren, auf Freiwilligkeit beruhen solle. Es werde seitens Esomar darüber hinaus über eine Zertifizierung zu den Verhaltensregeln der DSGVO nachgedacht.
Klumpe vom ADM erklärt ebenfalls: „Die Verhaltensregeln werden nicht verpflichtend sein. Man kann sich dem Code unterwerfen und am geplanten Monitoring teilnehmen. Aber der ganze Prozess ist noch nicht abgeschlossen.“
Soweit scheinen ADM und BVM über die Notwendigkeit einer solchen Präzisierung der DSGVO übereinzustimmen. Uneinigkeit wird jedoch offenbar, wenn es über die europäische Ebene hinaus, um die Formulierung von Verhaltensregeln speziell für den deutschen Markt geht.
Der BVM schreibt in seiner Pressemitteilung: „Nationale Aktivitäten erhöhen insbesondere für international tätige Unternehmen den Aufwand und erschweren die gemeinsame Vertretung der Branche auf europäischer Ebene.“ Der BVM betont, dass die in Deutschland schärferen Standesregeln selbstverständlich auch gelten, wenn es einen europäischen Verhaltenskodex zur DSGVO gebe.
Genau an einer solchen nationalen Auslegung arbeitet aber der ADM. Klumpe: „Wir entwickeln solche Verhaltensregeln für Deutschland und sind gerade in den Konsultationen mit unseren Mitgliedern und den anderen deutschen Verbänden, sofern sie sich beteiligen. Wir haben im europäischen Vergleich höhere Anforderungen, wie etwa das Anonymisierungs- und das Trennungsgebot umzusetzen und wir haben den Auftrag von der zuständigen Aufsichtsbehörde, an einer solchen Präzisierung der DSGVO für Deutschland zu arbeiten. Es ist wichtig, mit den Datenschutzbehörden eng zusammenzuarbeiten.“ Klumpe ergänzt, es werde bereits in verschiedenen europäischen Ländern, wie Holland, Spanien, Polen und einigen anderen ebenfalls an einem nationalen Codex gearbeitet.
ADM-Vorstand Bernd Wachter, der seit Oktober 2018 auch Vorstand bei Efamro, dem internationalen Verband der Institute, ist, ergänzt: „Meine Vorstandsrolle bei Efamro und unsere Beteiligung am Europäischen DSGVO-Code sollen dazu beitragen, dass die deutsche Perspektive stärkere Berücksichtigung findet, als in der Vergangenheit. Wir möchten Durchführungsbestimmungen für Europa und auch in den einzelnen Mitgliedsländern, die sich möglichst stark an den deutschen orientieren, und nicht umgekehrt.“ Derzeit enthalte der europäische Code-Entwurf jedoch Formulierungen, die mit den deutschen Anforderungen so nicht vereinbar seien.
Es scheint sich also abzuzeichnen, dass die deutschen Branchenvertreter in dieser Sache nicht mit einer Stimme sprechen werden. Bisher waren die deutschen Branchenverbände – zu denen auch DGOF und ASI gehören – bemüht, ein gemeinsames Außenbild zu schaffen - u.a. in dem sie sich traditionell gegenseitig unterrichten, sich autauschen und jährlich eine gemeinsame Weinheimer Erklärung veröffentlichen. Zuletzt gab es jedoch Uneinigkeit in der Fortführung der Initiative der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung (
planung&analyse berichtete). Auch auf eine Trennungsrichtlinie, die das Trennungsgebot der deutschen Marktforschung für Institute besser und einheitlich durchführbar machen könnte, konnte man sich in der Vergangenheit nicht einigen.