Die Chefredaktion der p&a- Schwester warf die Fragen der Branche noch einmal auf: Ist das Internet noch zu retten? Muss Marketing die Welt verbessern? Müssen Werbetreibende Verantwortung für Medien übernehmen? Diese letzte Frage wurde im vergangenen Jahr von Julia Jäkel, CEO von Gruner + Jahr und Klaus Peter Schulz von Ferrero öffentlich und leidenschaftlich diskutiert. HORIZONT- Chefredakteur Dr. Uwe Vorkötter dazu: „Den Wert mancher Medien erkennt man erst dann, wenn Sie nicht mehr da sind.“
Das Thema Verantwortung und Haltung zog sich durch den ersten Tag wie ein roter Faden. Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (Chairman, Spitzberg Partners LLC) forderte in seinem Abriss zur Transformation der Weltordnung ein größeres Augenmerk auf China und vor allem auf die Gefahren von Künstlicher Intelligenz in einem autokratischen System, aber nicht nur dort: „Die großen Techkonzerne übernehmen unbemerkt Kernelement klassisch staatlichen Handelns,“ sagt zu Guttenberg und unterstreicht das mit dem Slogan „Von government zu googlement.“
Dagegen hat Jan Bayer, Vorstand von Axel Springer, geradezu Optimismus ausgestrahlt, obwohl er die großen Herausforderungen der Medienindustrie klar sieht und beschreibt: Angefangenen vom „Brandbeschleuniger“ im Oval Office, über das schwindende Vertrauen in die Medien – laut einer Umfrage von PwC sagt jeder Vierte, er habe kein Vertrauen mehr – und die Konkurrenz durch die GAFA, die Plattformen Google, Amazon, Facebook, Apple, die an diesem Tag häufig heraufbeschworen wurden. „Wir sind anders als die GAFA.“ Der Ton wird rauer, die Zeiten sind unruhig. Aber Bayer schiebt die Verantwortung nicht weg, sondern ruft seinen Kollegen bei den Medien zu: „Wir müssen wieder raus zum Leser und wahre Customer Centricity betreiben." Und er weist auf eine neue Forschungsrichtung hin, die die „Knowing-Doing-Gap“ beschreibt: Die Macher wissen, was zu tun ist, ignorieren es aber. Wenn sie darüber reden, empfinden sie es so, als hätten sie es schon getan. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.“
Und die Leser? Auch hier vermutet man eine Diskrepanz. Der Springer Verlag hat daher beim Institut für Demoskopie Allensbach eine Studie in Auftrag gegeben, um die sogenannte „bewusste Reichweite“ zu erfassen. Die Ergebnisse werden in ein paar Wochen erwartet. Fest steht jetzt schon für Bayer: „Unterschiede in der Qualitätsbewertung der Medien beeinflussen die Werbewirkung.“
Was kann Künstliche Intelligenz?
Nachdem die angeschnittenen Themen sowie die Rolle der Unternehmen und Agenturen an diesem Vormittag in weiteren Slots behandelt wurden (siehe Berichterstattung bei HORIZONT >>), konnte sich das Auditorium am Nachmittag zwischen mehreren Themenspecials entscheiden. Im Mozartsaal ging es unter der Moderation von Chefredakteur Volker Schütz um künstliche Intelligenz (KI). Ist das Hype oder Realität, Gefahr oder Chance. Beeindruckend war hier der Vortrag von Anastassia Lauterbach, die als Beraterin in mehreren Aufsichtsräten sitzt und zunächst die bekannten Befürchtungen ausräumt und anschauliche Beispiele für dessen Anwendung findet: Nach Erdbeben und Tsunami im Jahr 2011 in Japan fehlte eine große Menge an Daten. Dies hatte massive Auswirkungen auf die Produktion und Logistik. Durch das Anzapfen verschiedenster anderer Quellen, konnten nur acht Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen die japanische Wirtschaft modellieren. Und als die Daten wieder geliefert wurden, stellte sich heraus, dass sie es mit großer Präzision getan hatten.