In verschiedenen Regionen Zentral-
und Osteuropas sind die Menschen inzwischen wohlhabender
als ihre westeuropäischen Nachbarn. So verfügen die Einwohner
Budapests über mehr Geld für den Konsum als die Bewohner von
Freienbessingen in Thüringen. Auch ist die Kaufkraft in den Hauptstädten
des Baltikums höher als in der finanzschwächsten Gemeinde
Italiens. Im Gesamtvergleich der Länder liegen die neuen
EU-Mitglieder aber noch immer hinten.
Nach den Befunden der GfK-Erhebung zur Kaufkraft in Europa stehen den europäischen Verbrauchern
für das Jahr 2007 aus dem Haushalts-Nettoeinkommen rund 8 Billionen
Euro für Konsumausgaben zur Verfügung. Dies entspricht einer Kaufkraft
beziehungsweise einem verfügbaren Einkommen von rund 11.998
Euro je Einwohner im Durchschnitt der 40 Studienländer. Staatliche Leistungen
wie Arbeitslosengeld, Kindergeld oder Renten sind hier inbegriffen.
Mit einer Kaufkraft von 27.521 Euro in der Schweiz und Lichtenstein sowie
27.395 Euro in Luxemburg sind diese drei Länder weiterhin Europas
Wohlstandsoasen. Deutschland liegt mit 18.055 Euro verfügbarem Jahreseinkommen
hinter Österreich und Frankreich auf Platz 10. Die niedrigste
Kaufkraft haben mit durchschnittlich 685 Euro im Jahr die Bürger Moldawiens
- dies entspricht gerade mal einem Vierzigstel der Schweizer Kaufkraft.
Irland ist das derzeit wachstumsstärkste westeuropäische Land. Im Vergleich
zu 2003 stieg die Kaufkraft je Einwohner um rund 30 Prozent. In
Deutschland hingegen stieg sie seitdem nur so viel wie in Irland allein seit
letztem Jahr, nämlich rund neun Prozent. Die grüne Insel ist im Vorjahresvergleich
von Platz 6 auf Platz 4 in der Kaufkraftrangliste gestiegen und
verzeichnet ein Pro-Kopf-Einkommen von 22.207 Euro. Im Stadtgebiet von
Dublin, dem Bezirk "Dublin County Borough", verfügt jeder der 506.211
Einwohner über durchschnittlich 23.680 Euro im Jahr. Im Vergleich haben
die Hamburger mit 19.225 Euro pro Kopf fast ein Viertel weniger und der
Durchschnitts-Berliner mit 16.508 Euro sogar über 40 Prozent weniger
Kaufkraft. Auch Stuttgart mit 20.499 Euro und Düsseldorf mit 21.755 Euro
pro Kopf liegen deutlich hinter Dublin. Allerdings können die Münchner mit
24.674 Euro je Einwohner die irische Hauptstadt an Kaufkraft noch übertreffen.
Die Kaufkraft Lettlands hat sich um vier Positionen auf Rang 25 der Einkommenstabelle
verbessert. Ebenfalls in der Rangfolge nach oben geklettert
sind die baltischen Nachbarn Estland und Litauen sowie Serbien-
Montenegro.
Auf den letzten Rängen des Kaufkraftrankings hat sich zwar an der Reihenfolge
nichts verändert, die Kaufkraftwerte je Einwohner entwickeln sich aber
auch in den einkommensschwachen Ländern deutlich positiv. Zum Beispiel
ist in der Ukraine die Kaufkraft um rund 26 Prozent gewachsen - das ist
mehr als in jedem anderen Land. Jeder Einwohner verfügt im Jahr 2007
über rund 300 Euro mehr als noch 2006. Slowenien, das wohlhabendste der
im Jahr 2004 zur EU gestoßenen Länder, verzeichnet ein Kaufkraftniveau,
das mittlerweile nicht mal mehr 1.000 Euro niedriger ist als das von Portugal
mit 9.674 Euro Jahreseinkommen.
Die Bewohner aller 23 Gemeinden der Stadt Budapest in Ungarn verfügen
über mehr Geld als beispielsweise die Bewohner der Gemeinde Freienbessingen
in Thüringen. Auch die Einwohner der Hauptstadt Litauens können
auf 500 Euro mehr im Jahr zurückgreifen als die Freienbessinger. In Ungarn
verfügen die Bewohner der Stadt Heviz, der reichsten Gemeinde am Plattensee,
über eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 7.762 Euro, die über 40 Prozent
über dem Landesdurchschnitt liegt und somit deutlich höher ist als die in
ärmeren Gemeinden Frankreichs, wie etwa im dritten Bezirk von Marseille.
Auch in den baltischen Hauptstädten liegt die Kaufkraft der Bewohner über
dem Landesdurchschnitt: In Vilnius in Litauen sind es fast 30 Prozent und in
Riga in Lettland rund 25 Prozent. Dort steht den Menschen demnach mehr
Geld zur Verfügung als den Bewohnern Agerolas, der kaufkraftschwächsten
Gemeinde Italiens, in der die Kaufkraft beinahe zwei Drittel geringer ist als
der Landesdurchschnitt.
Zwischen den verschiedenen Gemeinden der Länder Zentral- und Osteuropas
gibt es ebenfalls große Einkommensgefälle. So verfügen die Einwohner
von Bratislava, der reichsten Gemeinde der Slowakei, über fast doppelt so
viel Geld wie die Einwohner Bukarests, der reichsten Gemeinde Rumäniens.
Sogar innerhalb eines Landes gibt es starke Kontraste: So stehen in
Großbritannien den Einwohnern des reichsten Londoner Distrikts im Schnitt
10.000 Euro mehr zur Verfügung als denen des zweitreichsten. Es handelt
sich dabei um zwei fast benachbarte Bezirke. Während die "City of London"
für seine 9.200 Einwohner eine Pro-Kopf-Kaufkraft von 48.456 Euro verzeichnet,
verfügen die 196.200 Bewohner von "Kensington and Chelsea"
über "lediglich" 38.426 Euro im Jahr.
Die Studie GfK Kaufkraft Europa wird jährlich flächendeckend für 40 europäische
Länder berechnet, bis zur Ebene der Gemeinden und Postleitzahlen.
Die ermittelte Kaufkraft ist das Netto-Jahreseinkommen inklusive staatlicher
Transferleistungen.