Stephan Grünewald ist bekannt für seine Vorliebe für Metaphern. Dem Psychologen gelingt es seine Zuhörer mit ungewohnten Bildern und Wortwitz einzunehmen. Durch langjährige Tiefeninterviews hat er gemeinsam mit seinen Kollegen einen tiefen Einblick in die Verfassung der Konsumenten bekommen. Fast jede Studie, die beim Rheingold Institut gemacht wird, geht über seinen Tisch. Entsprechend selbstbewusst treten er und sein Team auf, wenn es um die Bewertung von Werbespots und die Einschätzung über deren Stimmigkeit mit der jeweiligen Zielgruppe und Passung zur Marke geht.
Überdruck in der Echokammer
Sebastian Buggert, Leiter Medienforschung und Geschäftsführer bei Rheingold, beschrieb, wie die heutige Medienlandschaft auf die Menschen wirkt. „Überdruck in der Echokammer“ nannte er seinen Vortrag. Er begann zeitlich noch weiter vorne als Grünewald nämlich in der Steinzeit. Wer hat wohl die ersten Bilder an die Höhlenwand gemalt und damit eine Auseinandersetzung mit der eigenen Situation geschaffen? „Medien sind eine Selbstbehandlung“, sagt Baggert. Er beschreibt dann die verschiedenen Medien mit ihren Angeboten zur Selbstbehandlung und natürlich belegt das heutige Internet mit Mobile und Social diese These besonders gut. "Wir suchen uns dort die Informationen zusammen, die unser Denken wiedergeben. Jeder kann sich seine individuelle Echokammer zusammenstellen.“
Marken können den Druck aus dieser Echokammer nehmen und ihn in produktive Bahnen lenken. Aber die Momente im Netz sind kurz und müssen deswegen sehr prägnant sein, die Marke muss spürbar und sinnstiftend sein.
Abkehr von der digitalen Besoffenheit
Gastredner Thomas Koch, der nur schlicht als Mr. Media angekündigte Medienexperte, führte diesen Faden fort und zeigte mit zahlreichen Beispielen auf, dass der Weg, alle Werbegelder einfach ins Netz zu stecken, eine Fehlentwicklung ist. Berühmtestes Beispiel ist Procter&Gamble, die genauso viel an Umsatz verloren, wie sie an Werbegelder ausgaben: Acht Milliarden Dollar. Natürlich habe das Netz seinen Platz in der Kommunikation, aber „die alten Medien haben weiterhin ihre Funktion.“ TV ist nicht tot und auch das Vergnügen am Lesen sei noch vorhanden. Auch wenn die jungen Produktmanager die alten Medien nicht mögen, sollen sie doch bedenken, dass dort noch die meisten und zahlungskräftigsten Verbraucher beheimatet sind. Kochs Plädoyer: Die alte und die neue Medienwelt verbinden und im Netz nur internet-affine Kommunikation betreiben. Keine plumpe Werbung mit Banner und Buttons, sondern die Chancen der digitalen Welt nutzen, etwa mit einem Showroom und Konfigurator für Automodelle oder mit Communities zur direkten Kundenansprache.
Von Trump lernen - oder lieber doch nicht
Nicole Hanisch, Geschäftsführerin von Rheingold und Markenexpertin, appellierte an Marken, eine eindeutige Haltung einzunehmen und diese auch zu bewahren. Ähnlich wie Trump, nur vielleicht mit anderen Inhalten. „Marken müssen sich von der Persönlichkeit her so aufstellen, dass das stimmig ist.“ Und diese Stimmigkeit muss man für jede Branche, jedes Segment, jede Marke gesondert betrachten. Passt etwa der Eatkarus-Spot, in dem ein kleiner Junge sich von der Völlerei seiner Gesellschaft abkehrt und frei wie ein Vogel lediglich Beeren pickt, zu Edeka, die eigentlich als Einkaufsparadies mit Liebe zu Lebensmitteln wahrgenommen werden wollen? Rheingold meint Nein, viele Zuschauer waren da anderer Meinung.
Aber er weist auch darauf hin, dass die Wahrheit natürlich im Fluss ist. Im Rheinland sagt man, wenn man etwas erzählen will, gerne „Lassen se mich net lügen,…“