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Publikums- und Zeitungsverlage spüren massiven Druck durch Internet

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Acht Prozent der Bevölkerung haben sich schon ein oder mehrmals eine Zeitschrift nicht gekauft, weil sie die Inhalte auch im Internet lesen können. Insgesamt hat sich schon ein Bevölkerungsteil aus dem klassischen Zeitschriftenset zurückgezogen. Vor allem jüngere Männer unter dreißig mit häufiger Internetnutzung nutzen zusehends das Internet zu Lasten der klassischen Printtitel. Tageszeitungen und Zeitschriften leiden besonders unter der Konkurrenz des Internet, allerdings nicht alle gleichermaßen, manche Titel profitieren sogar von Konvergenzen. In einer repräsentativen telefonischen Befragung bei 4500 Deutschen ab 14 Jahren durch das Hamburger IFCom-Institut wurde die Einstellung der Bevölkerung zu Print und Online erhoben. Kernelement der Studie ist der Cannibal-Check: Er beschreibt, wie stark die Neigung der Bevölkerung ausgeprägt ist, Internet statt Print zu nutzen. Es lassen sich vier Gruppen finden, wobei zwei Extreme auffallen: - Die First-Mover. 14,6 Mio. Deutsche mit hoher Formalbildung. 57% befinden sich in der Altersgruppe zwischen 14 und 39 Jahren. Aus dieser Gruppe haben schon 27% ein oder mehrmals Zeitschriften zugunsten von Internet ersetzt. 63% meinen, sie lesen jetzt weniger Zeitschriften als früher, gegenüber nur 28% in der Bevölkerung. - Die Last-Mover: 13,26 Mio. überwiegend ältere, bildungsfernere Menschen. Sie wissen teilweise nicht einmal, was das Internet ist und halten Zeitschriften einerseits für unersetzbar, doch auf der anderen Seite verlieren Zeitschriften in dieser Zielgruppe stark an Lesern. Hier nimmt vor allem das Fernsehen Nutzer weg. - Zwei weitere Gruppen - die Aufgeschlossenen und die Skeptiker - befinden sich zwischen den beiden Extremen. Sie verfügen über einen unterschiedlich hohen Bildungsgrad und befinden sich in den mittleren Altersgruppen. Die größte Gefahr droht der bestehenden Zeitschriftenlandschaft von den First-Movers, denn die stärksten Auflagenverluste erlitten Titel mit einem hohen Cannibal-Index. In oberen Bereichen lagen sie bei 8 Prozent weniger Einzelverkauf zwischen 2005 und 2006. Andererseits: Ähnlich starke Verluste erlitten auch Titel mit geringster Kannibalisierungsneigung. Hier nagen das Fernsehen und eine sich mittlerweile deutlich abzeichnende Verschiebung der Altersstruktur; der Trend zur Hochaltrigkeit in älteren Zielgruppen reduziert ebenfalls deutlich das Leser- und Käuferpotential. Die First-Mover sortieren die bestehende Medienlandschaft neu. Verschiedene Funktionen wie Information werden für diese Zielgruppe zunehmend nicht mehr von Zeitschriften bedient, sondern vom Internet. Auf der anderen Seite werden in dieser Gruppe immer noch Zeitschriften gelesen. Zwar sind hier die Einzelverkaufsverluste am höchsten, aber die Reichweitenverluste mit am geringsten. Das ist kein Widerspruch! Deutlich weniger wird zu Hause und stärker unterwegs und situativ gelesen. Offenbar verschieben sich also die Ansprüche an Zeitschriften. Trotzdem haben neue Zeitschriftentitel immer wieder Erfolg auch in dieser schwierigen Gruppe. Jüngere Titel wie Neon, InStyle oder InTouch zeigen, dass Zeitschriften auch heute noch sehr erfolgreich sein können. Zeitschriftenverlage müssen sich auf das veränderte Leseverhalten einstellen, weil es das dominierende Nutzungsverhalten der nächsten Jahre sein wird. Die bestehenden Titel müssen konsequent daraufhin geprüft werden, welche Funktionen gänzlich durch das Internet ersetzt werden können.



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