Als am 1. Mai 2004 zehn neue Länder, darunter acht frühere Ostblockstaaten in die EU aufgenommen wurden, überwogen bei den Deutschen die Sorgen: 51 Prozent der Bundesbürger glaubten, die Erweiterung der EU nach Osten bringe Deutschland langfristig gesehen eher Nachteile, 37 Prozent rechneten auf längere Sicht mit positiven Konsequenzen. Zwar sind die Sorgen mit Blick auf die Osterweiterung in fast allen Bevölkerungssegmenten zurückgegangen, weite Teile der Bevölkerung melden jedoch unverändert Vorbehalte an. Insbesondere die Gruppe der Arbeitslosen sowie die der (Industrie-)Arbeiter befürchten überdurchschnittlich häufig dauerhaft negative Folgen für die Bundesrepublik. Demgegenüber sind unter den Bundesbürgern mit Abitur und bei den Besserverdienenden besonders viele davon überzeugt, dass sich die Erweiterung letztlich für Deutschland rechnen werde. Der größte Erweiterungsschritt in der Geschichte der Europäischen Gemeinschaft weckt unter den Bundesbürgern auch nach einem Jahr vor allem ökonomische Erwartungen - in positiver wie negativer Hinsicht. Unter den skeptisch eingestellten Bundesbürgern rechnen mittlerweile fast acht von zehn mit langfristig kritischen Folgen für die heimische Wirtschaft bzw. die Arbeitsplätze in Deutschland: 37 Prozent sorgen sich um einen beschleunigten Arbeitsplatzabbau zugunsten der neuen EU-Länder, 33 Prozent um einen harten Kostenwettbewerb, 7 Prozent sehen die in Deutschland bestehenden Standards bei Löhnen und Sozialleistungen dauerhaft unter Druck. Während damit Befürchtungen wirtschaftlicher Art zugenommen haben, spielen Ängste um die Erweiterungskosten (13 Prozent), Sorgen um die innere Sicherheit (9 Prozent) bzw. um einen ungebremsten Zuzug aus den neuen EU-Staaten (15 Prozent) eine erkennbar geringere Rolle als noch unmittelbar vor der Erweiterung.
Die Erweiterungsbefürworter unter den Bundesbürgern sehen die Vorteile für Deutschland dagegen genau dort, wo die Kritiker die größten Gefahren ausmachen: im ökonomischen Bereich. Wer die Osterweiterung begrüßt, erwartet in erster Linie neue Absatzmöglichkeiten für die heimische Wirtschaft sowie Erleichterungen für deutsche Investitionen (66 Prozent). Fragen der Länderverständigung oder kulturelle Aspekte spielen dagegen eine deutlich geringere Rolle (jeweils 14 Prozent), ebenso sicherheitspolitische Erwägungen (10 Prozent).
Auch wenn die Bundesbürger die Osterweiterung selbst nicht euphorisch begrüßen, ihre Sicht auf die acht im vergangenen Jahr neu hinzu gekommenen EU-Länder Ost- und Mitteleuropas fällt positiv aus und hat sich auch durchweg verbessert. Die größten Sympathien genießt erneut Ungarn. Den zweiten Rang belegen Tschechien sowie Lettland, gefolgt von Estland, Litauen und Slowenien. Die im Vergleich geringsten Sympathien unter den Beitrittsländern von 2004 ziehen die Slowakei und Polen auf sich, allerdings hat gerade Polen gegenüber dem letzten Jahr deutlich an Zuspruch hinzugewinnen können. Angesichts der weit verbreiteten Skepsis gegenüber dem Erweiterungsschritt vom letzten Jahr und den Sympathievorbehalten gegenüber den nächsten Beitrittskandidaten überrascht es nicht, dass die Deutschen die Intensivierung bestehender Beziehungen lieber sähen als eine fortgesetzte Ausdehnung der EU: Mit Blick auf die Türkei geben 75 Prozent der Entwicklung guter Beziehungen den Vorrang, 22 Prozent einer formalen EU-Mitgliedschaft der Türkei. Ähnlich fällt das Bild für die Ukraine aus. Hier ziehen 71 Prozent eine verbesserte Zusammenarbeit der Aufnahme des Landes in die EU (23 Prozent) vor.