Zuhörer sitzen auf der Treppe, stehen an der Wand und in der Tür, dicke Winterjacken in der Hand, Schlange stehen am Kaffeeausschank und Suche nach dem nächsten Vorlesungsraum, in den man manchmal nicht mehr rein kommt. Wegen Überfüllung geschlossen. Für viele Besucher der Konferenz sind diese Situationen schon lange nicht mehr Alltag, ist die Studentenzeit längst vorbei. Aber das Flair hat seinen Reiz und verbunden mit inspirierendem Input zieht es jährlich Hunderte zur General Online Research Konferenz (GOR). In diesem Jahr wieder an der TH Köln mit fast 400 Besuchern.
Die GOR steht wie der Veranstalter – die Deutsche Gesellschaft für Online-Forschung (DGOF) – für die Verbindung zwischen Theorie und Praxis, zwischen Forschung und Anwendung in der Online-Marktforschung. Nun ist Online-Forschung längst keine Nische mehr, sondern Mainstream und Big Data, Künstliche Intelligenz und Chatbots stehen gemeinsam mit Social Media Listening und Spracherkennung auf der Agenda.
Der Keynotespeaker Mario Callegaro ist Senior Survey Research Scientist beim Suchmaschinenanbieter Google. Aber er stellt nicht etwa die Notwendigkeit von Marktforschung angesichts von Big Data durch Internet-Suchen infrage, sondern bringt die Zuhörer Back to the Roots. Was steht ganz am Anfang jeder Forschung? Der Fragebogen. Und nicht nur über die Fragen, sondern auch über das Design muss man sich Gedanken machen. Der Internetkonzern, der einfach einen Suchschlitz in die Mitte einer Webseite platziert, leistet sich einen Usebility-Experten, der genau Auskunft geben kann, ob für ein Formular eine oder zwei Spalten besser sind, ob der Text idealerweise oben oder mittig stehen sollte.
Gemeinsam mit Edward Appleton von Happy Thinking People, Lorenz Gräf von Startup-Inkubator Startplatz und Thomas Schäfer von Ipsos hat Callegaro später über die Notwendigkeit von Innovationen unter Moderation von Sabine Menzel von L’Oreal und Horst Müller-Peters diskutiert. Dabei wurde klar, dass Innovation eigentlich das neue Wort für Forschung & Entwicklung ist und natürlich muss diese gefördert werden, sei es durch interne Abteilungen in großen Instituten oder die Einbindung von Startups. Neue Methoden, ob für Befragungen oder fußend auf Beobachtungen müssen ständig ausprobiert und evalutiert werden.
Besonders deutlich schlägt die GOR die Brücke zwischen Forschung und Anwendung beim Best Practice Award. Hier stellen Institute ihre Lösungen gemeinsam mit Kunden vor. Sechs Vorträge zeigten ihre Forschungsansätze: von Beacons über Chatbots bis Social Media.
Gewinner des Awards sind Yannick Rieder und Thomas Perry von Q | Agentur für Forschung gemeinsam mit Sabine Feierabend vom Südwestfunk. Das Team hat das Web wie eine Goldmine betrachtet und nach Ideen für neue Inhalte durchsucht. Der Award wurde bei der Party in der Kneipe Zum scheuen Reh am Abend verliehen, wo das Netzwerken zwischen den Forschern aus allen Feldern bei Burger und Kölsch in gemütlicher Enge fortgesetzt wurde. GOR in Köln? Gerne wieder.