Dass die fünf neuen KG-Chefs auf ihrer konstituierenden Sitzung am Montag mit Neubacher einen Redaktionsvertreter an ihre Spitze gewählt haben, überrascht nicht – dies entspricht (bis auf wenige Ausnahmen, zuletzt 2013 bis 2016) der jahrzehntelangen Tradition beim Spiegel. Auch dass sich das Quintett auf Neubacher – und nicht auf seinen Redaktions- und KG-Kollegen Michael Fröhlingsdorf – geeinigt hat, verwundert kaum, schließlich hatte Ersterer bei der Wahl aus den Reihen der Redaktion noch 27 Stimmen mehr erhalten als Fröhlingsdorf.
Was dagegen auffällt (selbst wenn dies schon mal vorkam): Zum 1. September 2020, zur Hälfte der dreijährigen Amtszeit dieser KG, übergibt Neubacher das Zepter an den Personaler
Carsten Türke. Bis dahin amtiert dieser als Vize der KG-Führung. Als Grund für den Tausch zur Halbzeit darf man vermuten, dass Türke nicht nur aus den Reihen der Kaufleute die meisten Stimmen (39 mehr als sein KG-Kollege
Johannes Varvakis) erhalten hatte – sondern auch unternehmensweit: Türke vereint 182 Stimmen auf sich, Redaktionssieger Neubacher „nur“ 159, obwohl die Redaktion 38 Wähler mehr stellte. Doch hier waren fünf Kandidaten angetreten, auf die sich alle Stimmen verteilten; bei den Kaufleuten waren es nur drei. Die Dokumentation vertritt
Anika Zeller.
Alexander Neubacher, 50, ist seit 1999 beim Spiegel. Der Diplomvolkswirt startete dort als Wirtschaftsredakteur, war danach Reporter im Hauptstadtbüro und ist seit zwei Jahren Leitender Redakteur von
Spiegel Plus, dem
digitalen Produkt- und Preismodell des Magazins. Carsten Türke, Jahrgang 1967, kam nach einer kaufmännischen Ausbildung und BWL-Studium 1997 zum Spiegel. Seit 2001 ist er dort stellvertretender
Personalleiter.
Einflussreich ist der Posten des KG-Vorsitzenden vor allem deshalb, weil er es ist, der die stillen Teilhaber – rund 700 Spiegel-Mitarbeiter –, denen 50,5 Prozent am Verlag gehören, auf den Gesellschafterversammlungen vertritt, also mit
Gruner + Jahr (25,5 Prozent) und den Augstein-Erben (24 Prozent) verhandelt. Und weil er bei der Meinungsbildung innerhalb der KG-Führung meist eine wichtige, weil moderierende Rolle einnimmt. Warum von dem neuen Macht-Quintett beim Spiegel in den kommenden Jahren so viel abhängt und was die Fünf wollen, das hat HORIZONT Online
vor zwei Wochen ausführlich beschrieben.
rp