re:publica 2017

Veranstalter freuen sich über Rekord bei Besucher und Frauenquote

Die diesjährige re:publica stand unter dem Motto "Love Out Loud"
re:publica/Gregor Fischer
Die diesjährige re:publica stand unter dem Motto "Love Out Loud"
1000 Redner und 500 Stunden Programm: Auf der re:publica wurden wieder alle Facetten der digitalen Gesellschaft ausgeleuchtet. Im Herbst wollen die Netzaktivisten nach Dublin und Thessaloniki weiterziehen.
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Besucherrekord, hohe Frauenquote und 500 Stunden Programm: Zum Abschluss der re:publica haben die Organisatoren eine positive Bilanz gezogen. "Wir sind glücklich, vor der ganzen Debatte um Hate Speech oder Fake News das Motto "Love out Loud" ausgerufen zu haben", sagte Mitveranstalter Markus Beckedahl am Mittwoch. "Damit haben wir den Zeitgeist getroffen." Bei den Besucherzahlen wurde mit mehr als 9000 Gästen aus 70 Ländern erneut ein Rekord verbucht. Im Vorjahr waren es 8000 gewesen.


Drei Tage lang debattierten Netzaktivisten, Blogger, Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Künstler in Berlin über Fragen der digitalen Gesellschaft. Am Mittwoch stellte sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einem netzpolitischen Dialog. Er bekräftigte, dass die Bundesregierung in Sicherheitsbelangen nicht auf digitale Hintertüren setze. Am Vortag traf Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf Befürworter des Bedingungslosen Grundeinkommens und präsentierte ihre Idee eines persönlichen Erwerbstätigenkontos.

Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) rief Gründer auf, stärker mit der etablierten Industrie - die Deutschland auszeichne - zusammenzuarbeiten: "Wir wollen beim Thema Industrie 4.0, wie wir das nennen, also 'Internet of Things', ganz vorne sein". Ob der Auftritt von gleich drei Kabinettsmitgliedern der anstehenden Bundestagswahl geschuldet war, wird sich zeigen. "Ich bin gespannt, wie viele im kommenden Jahr hier sein werden", sagte Beckedahl. Zu erstaunten Reaktionen bei Twitter führte, dass ausgerechnet der Internetminister Alexander Dobrindt (CSU) nicht den Weg zu re:publica gefunden hatte.

Einen beeindruckenden Appell für Pressefreiheit gab es gleich zum Beginn am Montag: Der türkische Journalist Can Dündar berichtete von einer Gruppe Kollegen, die seit 190 Tagen in der Türkei im Gefängnis säßen, nur weil sie ihrem Beruf nachgegangen seien. "Es gibt kein Recht und keine Pressefreiheit in diesem Land", sagte Dündar. Auch Journalisten und Aktivisten aus Ungarn, Ägypten und Polen berichteten von zum Teil schweren Einschränkungen der Pressefreiheit.
Friedenspreisträgerin Carolin Emcke lieferte eine «Reflexion über Liebe und Empathie, on- und offline» und begeisterte mit Sätzen wie: "Wer dem Hass mit Hass begegnet, hat sich schon verformen lassen." Publizistin Miriam Meckel beschäftigte sich mit der Verschmelzung von Mensch und Technik und beschrieb, wie Pillen, Elektroden und Implantate den menschlichen Geist erobern. Und der russische Oppositionelle und ehemalige Schach-Champion Garri Kasparow warnte vor Versuchen Moskaus, nach den US-Wahlen im vergangenen Jahr auch die Bundestagswahl im Herbst zu beeinflussen.

Insgesamt ging es in den fast 500 Stunden Programm um alle Facetten der digitalen Gesellschaft: Künstliche Intelligenz, die Macht der Algorithmen und den digitalen Wahlkampf, Big Data und Datenschutz, Virtuelle Realität und autonomes Fahren - und natürlich immer wieder über Fake News und Hass im Netz.

Er glaube, dass die Appelle, sich mehr zu engagieren - sich etwa für mehr Solidarität und gegen Hass im Netz starkzumachen, angekommen seien, sagte Beckedahl. Besonders stolz sind die Organisatoren auf die Frauenquote, die zumindest bei den mehr als 1000 Sprechern bei 47 Prozent lag. "Wir geben nicht auf, irgendwann erreichen wir noch die 50 Prozent", sagte der Mitgründer.
Die re:publica wurde 2007 von den Machern der Blogs Netzpolitik.org und Spreeblick ins Leben gerufen. Was als Treffen der Blogger-Szene begann, ist inzwischen eine große Gesellschaftskonferenz. "Ich bin ganz froh dass wir nicht mehr in einer kleinen Blase diskutieren müssen", sagte Beckedahl. Die Themen seien in der Masse angekommen und wir versuchen, möglichst viele einzubinden.

Nach der Premiere 2016 wird es im September erneut einen kleinen Ableger im irischen Dublin geben. Wenige Tage später trifft sich die Internetszene zur ersten re:publica in Thessaloniki in Griechenland. dpa

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