Katarina Barley und der Digitalunternehmer Florian Heinemann auf der OMR-Bühne
Enteignung? Niemand hat diese Absicht, beruhigt Justizministerin Katarina Barley die OMR-Gemeinde. Und die Phantasien ihres Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert? Ach, das sei eben die Jugend. Dabei hat auch die SPD-Frau ein paar Folterwerkzeuge im Gepäck – wenn es gegen die GAFAs geht. Stichworte: Daten-Enteignung, Kartellfesseln und Interoperabilität.
Die digitalisierte Welt und Wirtschaft brauchen europäische statt nationale Lösungen, sagt Barley, die passenderweise als Spitzenkandidatin der SPD nach der Europawahl ins Brüsseler EU-Parlament wechselt. Und folgt man ihrem Auftritt beim OMR-Festival, hat sie speziell mit Google, Amazon, Facebook, Apple und Co (GAFA) dort einiges vor. Etwa im Kartellrecht: Hier müssten die Wettbewerbsbehörden neben dem Umsatz auch die Datenschätze der Player berücksichtigen und die Marktmacht, die aus der Kombination von Daten entstehen könne.
Mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) habe man die GAFAs immerhin schon beeindrucken können, bemerkt Barley. Doch bevorzugt die
DSGVO – wie fast jede Regulierung – nicht die großen Konzerne, die sich mit Lobbying einbringen und den Regulierungsaufwand besser stemmen können, fragt Digitalinvestor
Florian Heinemann (Project A). Stärkt die DSGVO also nicht die GAFA-Dominanz? Klar, die Umstellung habe gerade kleineren Firmen Mühe gemacht, räumt die Noch-Ministerin ein – doch nun könne das Regelwerk zum „Standortvorteil für europäische Unternehmen“ werden, da außereuropäische Wettbewerber, die nach Europa expandieren wollen, all dies erst einmal nachholen müssten.
Katarina Barley und Florian Heinemann
Und wem sollen die
Daten gehören? Weder den GAFAs (Modell USA) noch dem Staat (Modell China), plädiert Barley. Sondern: dem Nutzer und der Allgemeinheit. Sozusagen Daten-Enteignung im Dienste der Wirtschaft (Wettbewerber und Startups würden jubeln), der Wissenschaft und der öffentlichen Nutzung, etwa für Stadtplanung und Gesundheitswesen. Barley ruft die OMR-Gemeinde dazu auf, an Technologien für die
Anonymisierung und Pseudonymisierung zu arbeiten – solche brauche man für die Pläne zur Datenkollektivierung.
Sie selber habe Googles
Tracking beim Surfen abgestellt – und danach eine Zeitlang viel Werbung für Bademode in Übergröße angezeigt bekommen, vielleicht als „Revanche-Foul“, schmunzelt Barley. Fragt sich nur, ob jetzt, da sie nun irgendwelche (und nicht mehr verhaltensbezogene) Werbung angezeigt bekommt, ihr Surferlebnis wirklich besser ist.
Was die Justizministerin auf jeden Fall möchte: Ihren Kindern Nachrichten auf deren
Whatsapp-Account schicken, obwohl sie selber dort gar nicht unterwegs ist. Man könne ja auch SMS über Providergrenzen hinweg verschicken. Interoperabilität heißt das Stichwort. Die GAFAs dürften sich „nicht abschotten und müssen ihre Schnittstellen öffnen – auch das erhöht die Chancen für kleinere Wettbewerber“, so Barley.
rp