Neue EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien

Was die Reform für TV-Sender, Streaming-Anbieter und Werbungtreibende bedeutet

Mit der Reform will die EU vor allem Kinder schützen
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Mit der Reform will die EU vor allem Kinder schützen
Video-Plattformen wie Youtube oder Netflix müssen sich in der EU künftig an striktere Regeln bei Jugendschutz und Werbung halten. Das Europaparlament gab am Dienstag mit großer Mehrheit grünes Licht für eine entsprechende Reform der EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien. Die überarbeiteten Vorschriften gelten wie bisher für Rundfunkanstalten, werden aber auf Online-Video-Dienste ausgeweitet - als Reaktion auf die veränderten Mediengewohnheiten.
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Wenn formal noch die EU-Mitgliedstaaten zugestimmt haben, muss jedes Land die Vorgaben in eigene Gesetze gießen, die bis voraussichtlich Herbst 2020 in Kraft getreten sein müssen. "Es ist uns gelungen, ein ausbalanciertes Regulierungsumfeld für den gesamten audiovisuellen Sektor zu schaffen", sagte die medienpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten, Petra Kammerevert in einer ersten Stellungnahme. 

Maßnahmen gegen Hetze und Gewalt im Netz

Den neuen Regeln zufolge müssen Online-Plattformen schnell reagieren, wenn Nutzer gefährliche oder anstößige Videos melden. Für solche Meldungen müssen Facebook, Youtube und Co leicht zu handhabende Mechanismen bereitstellen. Die EU-Staaten können gegen Betreiber vorgehen, die gegen die Vorschriften verstoßen. Upload-Filter, die Inhalte schon beim Hochladen aussortierten, sind nicht vorgesehen.

Weder Eltern und Kindern noch den Medienmachern kann man länger verständlich machen, warum im Fernsehen andere Regelungen gelten als bei der Online-Verbreitung.
Petra Kammerevert
Die Staaten müssen außerdem durchsetzen, dass gefährliche Inhalte auf Plattformen kenntlich gemacht werden, Alterskontrollen eingeführt werden und Eltern Möglichkeiten an die Hand bekommen, selbst zu steuern, was ihre Kinder sehen können und was nicht. Es sei in den vorgeschlagenen Regeln geglückt, das Kinder- und Jugendschutzniveau in Fernsehen und Internet anzugleichen, erklärte Kammerevert, die die neuen Vorschläge maßgeblich mit ausgearbeitet hat. "Weder Eltern und Kindern noch den Medienmachern kann man länger verständlich machen, warum im Fernsehen andere Regelungen gelten als bei der Online-Verbreitung."

Was bedeutet die Reform für die Werbung?

Die neue Richtlinie soll dafür sorgen, dass Kinder möglichst wenig schädliche Werbung sehen - also zum Beispiel Werbespots für zuckrige Getränke, ungesunde Lebensmittel oder Alkohol. Produktplatzierungen oder gar Teleshopping-Sendungen sollen in Kinderprogrammen, auch im Internet, grundsätzlich verboten werden. An anderer Stelle muss Werbung immer als Werbung gekennzeichnet werden. Das gilt zum Beispiel auch, wenn ein Schmink-Tutorial mit kommerziellem Interesse auf Youtube hochgeladen wird. Werbespots für Tabakprodukte - auch für E-Zigaretten - bleiben verboten. Ein Verbot von Alkoholwerbung ist nicht vorgesehen.

Die Werbezeitenbegrenzung fällt

An anderer Stelle werden die Zügel beim Werben allerdings gelockert: Die bislang geltende Regel "höchstens zwölf Minuten Werbung pro Stunde" wird mit der neuen Richtlinie abgeschafft. Stattdessen sollen Sender in der Zeit zwischen 18 und 24 Uhr 72 Minuten Werbung frei verteilen dürfen - dabei aber das Programm höchstens alle 30 Minuten unterbrechen.

Und wie soll die europäische Medienszene geschützt werden?

Video-Abruf-Dienste wie Netflix und Amazon Prime müssen künftig sicherstellen, dass mindestens 30 Prozent ihres Programms in Europa produziert wurden. Beim Fernsehen bleibt es bei 50 Prozent. hor/dpa

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