Marina Owssjannikowa

Russische Journalistin appelliert nach Protest im Live-TV an Landsleute

Die Protestaktion von Marina Owssjannikowa sorgte letzten Montag für viel internationales Aufsehen
Screenshot Twitter
Die Protestaktion von Marina Owssjannikowa sorgte letzten Montag für viel internationales Aufsehen
Die TV-Journalistin Marina Owssjannikowa, die vor einer Woche in den Hauptnachrichten des russischen Ersten Kanals ein Protestplakat gegen den Krieg in der Ukraine in die Kamera gehalten hatte, rief ihre Landsleute gestern in einer Live-Sendung zu kritischem Denken auf. In einem Interview per Videoschalte mit dem US-Sender ABC vertrat die für ihren Protest zu einer Geldstrafe verurteilte Owssjannikowa die Überzeugung, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung gegen den Angriffskrieg Putins sei.
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"Die Menschen in Russland sind wirklich gegen den Krieg. Es ist Putins Krieg, nicht der Krieg des russischen Volkes", so Owssjannikowa in dem Interview. Owssjannikowa sagte einer ABC-Übersetzung zufolge, nach dem Angriff auf die Ukraine habe sie weder schlafen noch essen können. Was in ihrem Sender gezeigt worden sei, "war sehr anders als das, was in Wirklichkeit passierte". Mit ihrer Aktion habe sie der Welt zeigen wollen, "dass Russen gegen den Krieg sind". Zugleich habe sie ihren Landsleuten deutlich machen wollen, dass sie angesichts der Propaganda "kritisch denken und die Informationen, die ihnen präsentiert werden, kritisch analysieren müssen".


Die Redakteurin des russischen Staatsfernsehens hatte am Montagabend in den Hauptnachrichten des Ersten Kanals ein Protestplakat gegen den Krieg in der Ukraine in die Kamera gehalten. Auf dem Plakat war auch zu lesen, dass die Zuschauer "hier belogen" werden. Zudem bezeichnete Owssjannikowa den russischen Angriff auf die Ukraine in einem separat aufgenommenen Video als Verbrechen. In russischen Staatsmedien ist es untersagt, von einem Krieg zu sprechen. Die Staatsführung nennt das Vorgehen im Nachbarland eine "militärische Spezialoperation" zur "Entmilitarisierung" und zur "Entnazifizierung" der Ukraine.

Owssjannikowa war für ihre Aktion bereits am Dienstag zu einer Geldstrafe von 30 000 Rubel (rund 226 Euro) verurteilt worden. Möglicherweise droht ihr aber noch eine weitere Strafe: Es seien Ermittlungen wegen der angeblichen Verbreitung von Lügen über Russlands Streitkräfte aufgenommen worden, meldete die Staatsagentur Tass unter Berufung auf eine Quelle bei den Ermittlungsbehörden. Befürchtet wurde, dass Owssjannikowa nach dem neuen Mediengesetz belangt werden könnte, das bis zu 15 Jahre Haft vorsieht. dpa

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