Social-Media-Beraterin Ann-Katrin Schmitz: "Viele Marken trauen sich zu wenig, auch auf ihren eigenen organischen Präsenzen."
Wenn es um Influencer und Social Media geht, lassen sich Markenartikler gern von Ann-Katrin Schmitz beraten. Die 28-Jährige kennt die Erfolgsgeheimnisse aus eigener Erfahrung und wird darüber beim HORIZONT Kongress sprechen. Im Vorab-Interview verrät sie, welche aktuellen Trends die Szene bestimmen, was Unternehmen immer noch falsch machen und wer auf ihrem Podcast werben darf.
Frau Schmitz, die Pandemie ist auf dem Rückzug, die Welt kehrt zur Normalität zurück. Ist das für Influencer überhaupt eine gute Nachricht? Die sozialen Medien haben ja stark davon profitiert, dass die Menschen zu Hause bleiben mussten.
Für viele ersetzen sie tatsächlich mittlerweile die klassischen Medien. Das ist aber ein nachhaltiger Trend. Nutzerzahlen und Engagement steigen weiterhin kontinuierlich, von Facebook abgesehen. Daher erwarte ich keinen Knick durch das Corona-Ende.
Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein? Vieles spricht dafür, dass der Influencer-Markt langsam aber sicher gesättigt ist.
Das muss man aus zwei Perspektiven betrachten. Die Werbewirkung der Influencer hat tatsächlich abgenommen, wenn auch nicht dramatisch. Das liegt nicht zuletzt an den zahlreichen Rabattschlachten, die mithilfe der Influencer entfacht werden. Zu viele Rabattcodes entwerten die Formate, und das merken die Nutzer dann auch. Das Influencer Marketing hat aber seinen Peak noch nicht erreicht. Influencer werden zunehmend zu eigenen Marken mit eigenen Codes und Wertesystemen. Das hat im Bereich Fashion & Beauty angefangen, es geht weiter mit Food und Dienstleistungen. Influencer haben den Vorteil, E-Commerce-Trends wie Social Shopping oder Liveshopping schneller erkennen und adaptieren zu können. Andere bauen eigene Redaktionsteams und machen den etablierten Medien Konkurrenz.
In welchen Bereichen steckt noch das meiste Zukunftspotenzial?
Im Gaming-Bereich, aber auch in den Nischen, im Special Interest, Angeln, Handwerk, was auch immer. Hier entwickeln sich häufig sehr schnell Communities, die für Marken interessant sein können. Die Influencer haben zwar keine großen Reichweiten, können aber oft schon von ihren Social-Media-Aktivitäten leben.
Wenn Facebook ein neues Format wie Reels launcht, dann sollte man dort frühzeitig mit eigenen Inhalten experimentieren.
Ann-Katrin Schmitz
Raten Sie Markenartiklern dazu, Exklusiv-Deals mit Influencern abzuschließen und sie so dauerhaft an die Marke zu binden?
Das ist eine schöne Idee, das kann man auch weiterhin probieren. Ich persönlich empfehle Unternehmen aber eher, ihre eigenen Mitarbeitenden zu Influencern auszubilden. Vor allem LinkedIn ist als Netzwerk eignet sich dazu, positiv über das eigene Unternehmen zu sprechen.
Sie betreiben mit Ihrer Partnerin Farina Opoku seit 2014 den Social-Media-Kanal Novalanalove für Beauty, Fashion und Lifestyle. Was sind in diesem Bereich aktuell die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
Nur ein hübsches Gesicht reicht nicht mehr. Gefragt ist echter Mehrwert, also informative, inspirierende oder unterhaltende Inhalte. Wichtig ist auch, die Entwicklungen auf den Plattformen aufmerksam zu beobachten und frühzeitig neue Trends zu adaptieren, also den Early-Adopter-Status zu nutzen. Wenn Facebook ein neues Format wie Reels launcht, dann sollte man dort frühzeitig mit eigenen Inhalten experimentieren. Das muss am Anfang gar nicht perfekt sein. Schnell reagieren, nicht zu lange warten! Auf jeden Fall sollte man auf Videos setzen, weil die Plattformen das mit Sichtbarkeit honorieren, und auf Stories. Und dann testen, wann und in welcher Frequenz man am besten neue Beiträge veröffentlicht.
Welche Wochentage und welche Uhrzeiten bringen denn den größten Erfolg?
Das kann man pauschal nicht sagen. Am besten spiegelt man sein eigenes Social-Media-Nutzungsverhalten, denn meist spricht man ja eine Zielgruppe an, die einem selbst ähnelt. Für mich ist die beste Zeit morgens auf dem Weg zur Arbeit und abends, wenn ich auf der Couch sitze.
Welche KPIs sind im Influencer Marketing aktuell dominant? Was wollen die Werbungtreibenden erreichen?
Am wichtigsten ist nach wie vor die klassische Engagement Rate, also das Verhältnis von den Follower-Zahlen zu den einzelnen Content-Pieces, Likes, Kommentare, Shares und Sales. Story-Views werden auch immer wichtiger.
Was sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen in der Zusammenarbeit mit Influencern machen?
Es ist unklug, nicht auf langfristige Partnerschaften zu setzen, bei denen die Influencer wirklich zu „Brand Ambassadors“ werden. Diese können dann auf Dauer viel besser und authentischer über eine Marke sprechen. Zudem erlebe ich leider immer noch zu enge Briefings, viele Marken trauen sich zu wenig, auch auf ihren eigenen organischen Präsenzen. Häufig dauert auch alles zu lang. Was Sales-Kampagnen angeht: Hier wird oft zu platt in Richtung Verkauf kommuniziert. Rabattaktionen werden inflationär und synchron über viele Influencer ausgespielt. So erzieht man die Kunden zu Sparern, die ohne Rabattcode gar nicht mehr kaufen. Zudem überschneiden sich die Reichweiten häufig, wenn man mit verschiedenen Influencern etwa ein bestimmtes Beauty-Produkt bewirbt.
Ann-Katrin Schmitz
Ann-Katrin Schmitz gründete 2014 gemeinsam mit Farina Opoku den Beauty, Fashion & Lifestyle-Blog „NovaLanaLove“, dessen Management und Vermarktung sie betreut. Seit 2017 ist sie zudem selbstständige Beraterin für Marken, Medienhäuser und Agenturen und Dozentin für Medienmanagement, Unternehmenskommunikation und Journalismus an der HMKW Frankfurt. Seit 2019 betreibt sie darüber hinaus ihren eigenen Blog „Baby Got Business“, in dem sie sich mit Gesprächspartnern zu Themen wie Self-Branding, Female Entrepreneurship und Social Media austauscht.
Wie hat TikTok den Markt verändert? Werden Budgets in diese Richtung umgeschichtet?
Das kann ich nicht beobachten. Die Ausgaben für Social-Media-Marketing steigen allgemein, weil Gelder eher aus den klassischen Medien abgezogen werden. TikTok ist interessant, aber vielen Marken unterm Strich doch zu wild, so dass sie sich lieber zurückhalten. Folglich verdienen die Creator hier mit den gleichen Engagement Rates weniger, weil die Preise noch nicht so hoch sind.
Sie betreiben seit 2019 auch einen B2B-Podcast namens „Baby Got Business“, der sich um Self-Branding, Female Entrepreneurship und soziale Medien dreht. Was hat Sie daran gereizt?
Ich habe den Podcast ursprünglich ins Leben gerufen, um als Beraterin bekannt zu werden und neue Kunden zu akquirieren. Nach und nach ist der Podcast aber stark gewachsen, im Gegenzug trat die Beratung in den Hintergrund. Heute steht eine große Community dahinter, die Lust auf Austausch und Lernen hat.
Welche Werbekunden sind für Sie interessant? Im aktuellen Podcast ist Ikea mit dem Thema Büroeinrichtung präsent.
Mein Anspruch war es zunächst gar nicht, den Podcast zu monetarisieren. Werbung ist aber ein netter Nebenverdienst. Allerdings sage ich 80 Prozent der Anfragen ab, weil die Marken einfach passen müssen. Sie sollten etwas mit dem Business-Kontext des Podcasts zu tun haben.
Wird das Thema Podcast noch größer werden?
Ja. Der gesamte Bereich ist im Wachstum und nicht mehr aus der Medienwelt wegzudenken. Es gibt nun schon die ersten Apps, die auf sogenannte „Short-Casts“ setzen. Sie bieten 12- bis 15-minütige Zusammenfassungen von längeren Podcasts – für Menschen, die Zeit sparen wollen. Die Zusammenfassungen werden von den Podcastern selbst aufgesprochen. Ich persönlich finde es allerdings schade, wenn Menschen nicht mehr die Zeit für längere Inhalte finden.
Der HORIZONT Kongress
Der HORIZONT Kongress findet am 13. und 14. Oktober 2021 im Gesellschaftshaus im Palmengarten in Frankfurt statt. Die Veranstaltung löst den bisherigen Deutschen Medienkongress ab. Ein umfangreiches Clean & Safe-Konzept sorgt für die Sicherheit der Gäste vor Ort. Gleichzeitig lässt sich der Kongress live als Stream im Internet verfolgen. Einer der Höhepunkte ist die Verleihung des HORIZONT Award an die Männer und Frauen des Jahres 2020. Alle Informationen gibt es auf der
Website des HORIZONT Kongresses. Der Preis für die Teilnahme zum Early-Bird-Tarif beträgt 799 Euro (zzgl. MwSt.). Inbegriffen sind die Teilnahme am HORIZONT Kongress, am Get-together auf dem HORIZONT Kongress und an der Live-Übertragung zum HORIZONT Award. Live-Streaming-Tickets sind zum Preis von 349 Euro (zzgl. MwSt.) erhältlich. Darin enthalten sind der Zugang zu den Vorträgen per Live-Stream, die Teilnahme an Q&A und Umfragen sowie der Download-Zugang zu allen freigegebenen Präsentationen der Referenten und Sponsoren nach der Veranstaltung. Veranstalter des HORIZONT Kongress 2021 sind HORIZONT und dfv Conference Group.