„Ich bin jünger als die meisten der Anwesenden hier Marketingefahrung haben", gibt Bahr zu. Doch genau das ist auch sein USP. Er weiß, wie die Zielgruppe – er selbst – tickt. Viele Unternehmen, so Bahrs Hauptkritikpunkt, wollen die jungen Zielgruppen ansprechen, ohne sich wirklich mit ihnen auszutauschen. Aber nicht alles, was in den Medien als Trend dargestellt werde, sei bei den Jugendlichen wirklich relevant oder auch nur bekannt. „Wenn eine Marke es schafft, ihre Markenwerte in eine interessante Story zu übertragen, dann funktioniert es. Am Ende zählt immer die Geschichte." Eine gute Story funktioniere auf allen Plattformen und Medien.
HORIZONT Award: Die besten Bilder von der Preisverleihung
Bahr nennt als Beispiel das „World Record Egg“. So hieß Anfang Januar ein Account, der ein schlichtes Hühnerei als einziges Bild gepostet hatte. Darunter steht: „Lasst uns zusammen einen Weltrekord aufstellen und der meistgelikte Post auf Instagram werden." Die simple Story funktionierte: 50 Millionen Likes hatte das Ei zuletzt. Der Beitrag war darüber hinaus Gesprächsthema in allen Medien. "Selbst meine Großmutter hat mich danach gefragt", sagt Bahr. Das Ei hat in der Tat auf allen Medien funktioniert, selbst im guten alten Print. "Ich würde nicht sagen, dass die klassischen Medien nicht mehr von den Jungen genutzt werden", so Bahr. Bis auf Facebook, das sei tatsächlich out, bestätigt Bahr: „Es spielt sich eigentlich alles auf Snapchat und Instgram ab." Für die 12- bis 14-Jährigen sei auch TikTok, das ehemalige Musical.ly, interessant.
Dörte Spengler Ahrens, Katarzyna Mol-Wolf und Tarek Müller mögen sich Bahrs Empfehlungen zu Herzen nehmen. Zumindest haben sie in der Vergangenheit schon ziemlich vieles richtig gemacht. Die drei sind die Frauen und der Mann des Jahres 2018, die die Jury in diesem Jahr mit dem HORIZONT Award auszeichnet. Der Award wird jährlich im Rahmen des Deutschen Medienkongresses verliehen. Dieses Jahr bereits zum 36. Mal. Die Abendveranstaltung eröffneten
Angela Wisken, Sprecherin der Geschäftsführung der dfv Mediengruppe, und DFV-Geschäftsführer
Markus Gotta. Durch die Preisverleihung führte HORIZONT-Chefredakteur
Uwe Vorkötter.
Die
Agenturfrau des Jahres 2019 ist
Dörte Spengler-Ahrens. Seit vielen Jahren arbeitet sie für Jung von Matt – die Agentur, die soeben auch das HORIZONT Kreativranking 2018 gewonnen hat. Sie stehe für die Kraft von Ideen und Kreativität, urteilt die Jury, sie beweise ein sicheres Gespür für populäre Kampagnen. Spengler-Ahrens hat nationale und internationale Erfolge mit Arbeiten für Zalando, Netto, Otto erzielt. "Vor allen Dingen aber würde Dörte Spengler nie etwas von Mitarbeitern verlangen, was sie nicht selber bereit wäre zu tun", hebt Jurymitglied Thomas Strerath und ehemaliger Kollege von Spengler-Ahrens in seiner Laudatio hervor.
Mit der Medienfrau des Jahres,
Katarzyna Mol-Wolf, teilt die Kreative die Überzeugung, dass Frauen stärker gefördert werden müssen, auch durch verbindliche Quoten – obwohl beide ihre Positionen gänzlich ohne Quotenregelung erreicht haben. Mol-Wolf, Verlegerin des Frauenmagazins Emotion, ist die
Medienfrau des Jahres. Im Jahr 2009 hat sie per Management Buy-out den Titel Emotion von Gruner + Jahr übernommen. Das dafür nötige Geld – 1 Million Euro – trieb sie innerhalb von acht Wochen fast gänzlich von Fremdkapitalgebern auf. Seitdem hat sie weitere Titel lanciert (Hohe Luft, Slow, Psychologie) und Vermarktungsmandate wie Cicero, Monopol und Impulse gewonnen. Und aus der 1 Million Anfangsinvestition sind inzwischen 10 Millionen Umsatz geworden. Der Jury imponierten der Mut und die Beharrlichkeit, mit der die Medienfrau 2018 ihren Verlag als unabhängige Alternative zu den großen Medienhäusern der Republik aufgebaut hat.
Unternehmergeist hat auch der
Marketing-Mann des Jahres bewiesen.
Tarek Müller, gehört zu den Gründern der Otto-Tochter About You. Zuvor hatte er bereits eine ganze Reihe von Onlineshops gegründet, den ersten bereits mit 16 Jahren. Sein Mathelehrer, so sagt der Preisträger, hatte damals nicht an ihn geglaubt: "Das Internet stirbt sowieso", so der Kommentar des Pädagogen. Zum Glück kam alles anders. Das Internet starb nicht. Der Online-Fashionshop About You peilt inzwischen einen Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro an und ist zum Wachstumstreiber im Otto-Konzern geworden. Und About You ist eines von derzeit 10 Unicorns in Deutschland, Startups also, die mit 1 Milliarde Euro bewertet werden. Und die Entwicklung geht immer weiter. Müller, der für Marketing & Brands zuständig ist, entwickele nicht nur immer wieder neue Geschäftsideen für About You, sondern beeindrucke auch durch clevere Marketing-Aktivitäten, heißt es in der Jurybegründung.
vg