Gabor Steingart sieht sein Start-up nicht von Axel Springer dominiert
Prozentrechnen beim Presse-Zampano: Wie viel hat Axel Springer bei Gabor Steingarts Journalismus-Start-up Media Pioneer Publishing zu sagen? Mehr als bisher bekannt, behauptet der Spiegel. Stimmt nicht, widerspricht Steingart. Wer hat Recht?
Laut „Handelsregisterakten“ halte Springer über eine Tochtergesellschaft 46,48 Prozent der Anteile an Media Pioneer, schreibt der Spiegel. Damit sei Springer „größter Anteilseigner“ des Start-ups, das spätestens ab Mai 2020 per Redaktionsschiff auf der Spree durch das Berliner Regierungsviertel kreuzen soll. Dort will Steingart mit seinem Team Newsletter und Podcasts produzieren sowie zu Veranstaltungen einladen. Auf Werbevermarktung will er verzichten, allein ein Club-Modell und „Leseraktien“ sollen es richten. 10 Prozent der Anteile will er auf diese Weise vergeben, sagte Steingart Ende Mai im HORIZONT-Interview.
46,48 Prozent Springer? Bislang hatten Springer und Media Pioneer (MP) stets erklärt, der Konzern halte lediglich 36 Prozent, wundert sich der Spiegel und zitiert Steingart aus dem HORIZONT-Interview: „Springer ist mein Partner, nicht mein
Vormund.“ Steingart selber halte nur 43,52 Prozent an seinem Start-up, so das Magazin. Die übrigen 10 Prozent kontrollierten zwei Firmen, die laut Handelsregister von MP-Geschäftsführer
Ingo Rieper gegründet worden seien. Laut MP halten hier Rieper und Chefredakteur
Michael Bröcker ihre Anteile.
Des Rätsels Lösung liefert der Spiegel eigentlich gleich mit: Zehn Prozentpunkte des ominös größeren Springer-Anteils halte der Konzern „nur vorübergehend und treuhänderisch“, zitiert das Blatt einen MP-Sprecher. Dieser Anteil werde nach der geplanten Umwandlung der GmbH in eine
Aktiengesellschaft „zur Ausgabe an die Leser zur Verfügung“ stehen. „Zu diesem Zweck wird Axel Springer diese 10 Prozent der Anteile zum Nennwert an die Gesellschaft veräußern“, heißt es in einer Mail, die Steingart auf Anfrage am Wochenende an HORIZONT schickte – offensichtlich die Antworten seines Sprechers auf die frühere Spiegel-Anfrage. „Die Gesellschaft“ – gemeint ist wohl MP – werde diese 10 Prozent „dann zu Bedingungen, die zwischen den Hauptgesellschaftern abgestimmt werden müssen, interessierten Lesern zum Kauf anbieten“, heißt es in der Mail. Dies werde ab dem
1. Quartal 2020 stattfinden.
Das alles passt zu Steingarts früheren Ankündigungen. Verwunderlich allerdings ist, warum der fragliche 10-Prozent-Anteil bis dahin ausgerechnet bei Springer
zwischengeparkt wird – und dass beide Partner trotzdem bisher immer nur von 36 Prozent gesprochen haben. Insofern hat der Spiegel mit seinem Hinweis auf diese aktuelle Diskrepanz völlig Recht. Doch die Intonation, dass Media Pioneer in Wahrheit fast eine
Springer-Firma sei, wird hinfällig, wenn der Konzern die besagten 10 Prozent in ein paar Monaten tatsächlich abstößt. Das wird zu verfolgen sein.
Doch schon jetzt gilt laut MP: „Es gibt
keinen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen durch Axel Springer.“ Der Konzern sei, wie kommuniziert, „strategischer Partner“. MP werde dominiert von Steingart (
Autorenwerft GmbH mit 43,52 Prozent) und den beiden Führungskräften Rieper und Bröcker (zusammen 10 Prozent) mit insgesamt 53,52 Prozent der Anteile, heißt es in der Mail. Und weiter: „Die Axel Springer unbeschränkt und dauerhaft zur Verfügung stehenden Anteile entsprechen demnach
36,48 Prozent aller Anteile.“
rp