Zunächst die Erfolgsgeschichten: Nachrichtenformate, Sondersendungen und Talkshows zum Mega-Thema dieser Tage erreichten zuletzt
Rekord-Einschaltquoten, bei öffentlich-rechtlichen wie auch bei privaten Sendern in der Primetime. Entgegen dem Trend der vergangenen Jahre seien in den letzten Tagen besonders die Nutzungszahlen der linearen Fernsehprogramme gestiegen, sagt
Kerstin Niederauer-Kopf, Chefin der
AGF Videoforschung, im Deutschlandfunk: "Momentan stellen wir eher einen Lagerfeuereffekt fest."
Ein Beispiel vom Sonntag: 9,9 Millionen Menschen schalteten im Ersten die "Tagesschau" ein; mit den Ausstrahlungen in den dritten Programmen und auf 3 Sat waren es dann 17,4 Millionen. Bei Anne Will ging es im Anschluss an den "Tatort" natürlich ebenso um die Corona-Krise. Mit 6,1 Millionen Zuschauern erzielte die Talkshow damit die höchste Reichweite seit der Bundestagswahl. Auch die ZDF-"Heute"-Nachrichten um 19 Uhr erreichten mit 5,9 Millionen Zuschauern einen neuen Jahresbestwert.
Bei den Zielgruppen zwischen 14 und 49 Jahren waren neben der "Tagesschau" die Sat-1-Nachrichten mit 1,4 Millionen Zuschauern das meistgesehene Nachrichtenformat des Tages. Die Sat-1-Sondersendung "Bild Corona Spezial", produziert von Axel Springers Boulevardtitel, erreichte zuvor 1,3 Millionen Zuschauer.
Doch gerade auch
Netflix und Co dürften in dieser Zeit eine deutlich stärkere Nutzung verzeichnen. Inwieweit sich das zugleich aufs Geschäft – also auf neue Abos – auswirkt, bleibt abzuwarten. Der Dienst möchte dazu auf Anfrage nichts sagen. Wahrscheinlich deswegen, um nicht als Krisengewinnler dazustehen.
Verlierer ist indes die
Kinobranche – schon vor den Saalschließungen in vielen Städten wurden Filmstarts reihenweise abgesagt. Unter diesen Umständen werde man "die Kontaktziele nicht im gewünschten Kampagnenzeitraum generieren können", sagt
Stefan Kuhlow, CEO von
Weischer Cinema. Daher müsse man wohl manche Kampagnen verlängern oder verschieben, in enger Abstimmung mit den Kunden, denen keinerlei finanzielle Nachteile entstehen würden.
Und auch die
TV-Sender werden Corona schmerzlich spüren – bei ihren Werbeerlösen, vor allem ab dem 2. Quartal. So muss die RTL-Gruppe schon jetzt von ersten Werbestornierungen und Auswirkungen auf Produktionen berichten. Bei Pro Sieben Sat 1 wird das nicht anders sein. Und die kleineren Sender? "Kurzfristig merken wir noch nichts, aber wir gehen davon aus, dass wir das bald spüren werden. Daran kommen wir wohl nicht vorbei", sagt
Stephan Karrer, Geschäftsführer des RTL-Zwei-Vermarkters
El Cartel Media.
Speziell die Öffentlich-Rechtlichen können nach der Verschiebung der Fußball-EM auf 2021 für dieses Jahr "unseren Teil der Vereinbarung mit den Kunden nicht erfüllen", sagt
Hans-Joachim Strauch, Geschäftsführer
ZDF Werbefernsehen. Diese Buchungen werden gegenstandslos. Hintergrund: Spots bei der EM oder auch den Olympischen Spielen sind fest und zu gesonderten Konditionen gebucht, sie lassen sich also nicht einfach um ein paar Wochen verschieben. Unterdessen bittet die
Allianz Deutscher Film- & Fernsehproduzenten die TV-Sender um eine "verantwortungsvolle Vorgehensweise" bei anstehenden Produktionen. "Die Produzenten dürfen mit den Risiken und immensen Zusatzkosten abgebrochener oder nicht begonnener Produktionen nicht alleine gelassen werden", daher brauche es nun einen "gemeinsamen Schutzschirm der auftraggebenden Sender" im Sinne der Liquidität ihre Inhalte-Dienstleister.
rp/kan/dh