AGF Forum

Ines Imdahls Plädoyer gegen Werbe-Stalking und Extrem-Targeting

Ines Imdahl
rheingold salon
Ines Imdahl
Die Werbewirkungsforschung bei Onlinemedien ist auf einem Irrweg. Statt sich darauf zu konzentrieren, wie man unterhaltende Werbung macht, wird daran gearbeitet, Werbung zu machen, die weniger nervt. "Wir bekommen Werbe-Stalking und Extrem Targeting", kritisiert Ines Imdahl, Gründerin und Geschäftsführerin des Rheingold-Salons, in ihrer Keynote beim diesjährigen AGF Forum der Arbeitsgemeinschaft Videoforschung in Frankfurt.
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Konsumenten müssten umworben werben, damit sie sich auf die Produkte einlassen. "Werbe-Stalking ist aber nicht umwerben", stellt Imdahl klar. In der Folge sind die Menschen davon genervt, dass sie von Produktwerbung verfolgt werden, die sie nicht interessiert.


Dafür, warum den Menschen Werbung gezeigt wird, die gar nicht relevant ist, hat Imdahl mehrere Erklärungsansätze. Der wichtigste: Zielgruppen werden häufig falsch definiert oder Personas, die die Käufertypen repräsentieren sollen, falsch konstruiert. Wenn das echte Käuferpotenzial sich aber von dem unterscheidet, das mit Werbung erreicht wird, kann sie auch nicht greifen.

Der zweite Grund, warum Onlinewerbung häufig Reaktanzen auslöst: Die Menschen werden in ihrer Verfassung gestört. Onlinewerbung fordert häufig dazu auf, zu kaufen, also mit dem, was man eigentlich gerade im Netz macht, aufzuhören, wie einen Text zu lesen oder sich mit Freunden auszutauschen. In der Folge steigen die Adblockerraten.

Influencer machen einen riesengroßen Fehler, wenn sie glauben, dass sie den Alltag von Produkten bestimmen lassen können.
Ines Imdahl
Und wenn die Menschen doch kaufen, muss das nicht unbedingt eine positive Reaktion sein. Imdahl spricht von "negativer Conversion", wenn die Nutzer etwas kaufen, obwohl sie eigentlich nur einen Artikel lesen wollten. "Leute machen etwas, was sie eigentlich nicht wollten und haben das Gefühl, sie müssten sich davor schützen. Das überträgt sich auf die Marke", warnt sie. "Diese erzwungene Konversion hat langfristig negative Auswirkungen aufs Image."

Der dritte Punkt, vor dem Imdahl warnt, ist die Inszenierung von "Produktpornos". Gemeint sind Filme, in denen die Produkte im Mittelpunkt stehen, statt die Geschichten. Besonders im Influencer Marketing gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie Produkte inszeniert werden, ohne dass es dahinter eine Geschichte gibt, die die Follower auch anspricht. "Influencer machen einen riesengroßen Fehler, wenn sie glauben, dass sie den Alltag von Produkten bestimmen lassen können", so Imdahl.

Das Fazit der Tiefenpsychologin: "Targeting ist kein Allheilmittel. Conversion kann auch negativ sein. Produkte sind keine Helden, sie sollten eine Funktion in echten Geschichten haben." pap




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