"Wir haben das nicht kommen sehen"

WDR-Mediagroup-Chef Loeb kritisiert Werbebeschränkung

Michael Loeb, Geschäftsführer der WDR Mediagroup
WDR Mediagroup
Michael Loeb, Geschäftsführer der WDR Mediagroup
Michael Loeb, Geschäftsführer der WDR Mediagroup, rechnet mit erheblichen finanziellen Einbußen durch das vergangene Woche beschlossene Werbeverbot im WDR-Hörfunk und befürchtet negative Auswirkungen für die ganze Gattung Radio.
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Jahrelang haben die Privatsender darauf gedrängt, dass die Werbung im öffentlich-rechtlichen Hörfunk eingeschränkt wird. Seit wann haben Sie gewusst, dass die Landesregierung vorpreschen und die Werbung im WDR reduzieren wird?
Loeb:
Wir haben das ehrlich gesagt nicht kommen sehen. Im Koalitionsvertrag stand das zwar drin, aber die letzten Aussagen zu dem Thema lauteten stets, dass Werbebeschränkungen im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages besprochen werden, auch weil man die Sender nicht ohne Kompensation schädigen wolle. Dass die nordrhein-westfälische Landesregierung nun doch einen Alleingang plant, haben wir erst zum Jahresanfang gehört.

Was hat diesen plötzlichen Stimmungswechsel ausgelöst?
Das wissen wir leider auch nicht. Irgendetwas muss am vorvergangenen Wochenende passiert sein. In den Konsultationen, in denen wir unsere Argumente vorgebracht haben, hatten wir den Eindruck, dass diese auch ernst genommen werden. Dieser Schwenk kam für uns völlig überraschend. 

Das WDR-Gesetz sieht nun vor, dass ab 2017 nur noch auf zwei Wellen geworben wird, ab 2019 nur noch auf einer. Welche wird das ein?
Das ist noch völlig offen.

Wirtschaftlich wäre es am sinnvollsten, wenn zuerst WDR 4 werbefrei würde und im zweiten Schritt WDR 2, sodass am Ende 1 Live erhalten bliebe, oder?
Wie gesagt, darüber entscheiden nicht wir. Vielleicht sind bei 1 Live auch die Zielgruppen zu spitz und WDR 2 macht mehr Sinn. 

Mit welchen wirtschaftlichen Folgen rechnen Sie?
Mit erheblichen, denn es ist ja eine sehr scharfe Beschränkung. Die 60 Minuten dürfen wir im Monatsschnitt nicht überschreiten. Radio ist aber ein kurzfristiges Medium, so dass wir große Kampagnen, die kurzfristig hereinkommen, unter Umständen gar nicht fahren können. Das dürfte dann auch Auswirkungen auf die ganze Gattung haben. 

Die WDR-Sender sind eine tragende Säule der nationalen Deutschland-Kombi der AS&S Radio. Werden Sie in der Kombi bleiben, auch wenn Sie weniger Fläche haben?
Die Beschränkung bei uns wird auf jeden Fall Folgen für die AS&S haben. Denn wenn wir nur noch 60 Minuten haben, fehlt uns die Reichweite, um die Deutschland-Kombi aufzufüllen. Sie wird damit gegenüber der RMS Super-Kombi deutlich an Werbedruck verlieren. Im Moment zieht unsere Reichweite andere Werbegesellschaften der ARD-Sender mit. Das ist dann vorbei. Die Kürzungen bei uns werden bei allen zu erheblichen Umsatzrückgängen führen.

Des einen Leid ist des anderen Freud – die Lokalradios könnten davon aber profitieren.
Ich glaube nicht, dass das Geld dann zu Radio NRW fließen wird. Denn die Kunden, die bei uns buchen, wollen ja andere Kontakte und Zielgruppen als die, die sie schon im Privatfunk erreichen. Ein und denselben Kontakt häufiger zu erreichen, bringt ja nichts. Ich glaube, dass das Geld ab 2019 eher in andere Gattungen fließen wird. Die grundsätzlichen Probleme des Lokalfunksystems werden dadurch auf jeden Fall nicht gelöst. Statt mehr Geld, wird es auf die Dauer weniger Geld für sie geben. Am Ende wird durch die Verknappung das Gegenteil dessen erreicht, was die Politik erreichen wollte. Interview: pap



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