Aus der ARD-Mediathek ist die Reportage mittlerweile verschwunden (Bild: Screenshot)
Im vergangenen Jahr sorgte der SWR mit der Reportage "Hungerlohn am Fließband" für ein großes Medienecho: Reporter Jürgen Rose hatte mehrere Woche undercover im Daimler-Stammwerk Untertürkheim als Leiharbeiter gearbeitet - und dabei festgestellt, dass seine Tätigkeit zu der von regulär angestellten Mitarbeitern nicht eindeutig genug abgegrenzt sei. Nun könnte der Film für die Sendeanstalt ein juristisches Nachspiel haben.
Einem Bericht der "Stuttgarter Zeitung" zufolge soll der SWR 250.000 Euro Ordnungsgeld bezahlen, falls die Reportage noch einmal gezeigt werde. Ersatzweise sei Ordnungshaft am Intendanten - also Peter Boudgoust - zu verhängen. Einer Daimler-Sprecherin zufolge, die von der "StZ" zitiert wird, habe der SWR journalistische Sorgfalt und Fairness "in eklatanter Weise verletzt". Nicht nur, dass das Material aufgrund des im Werk geltenden Film- und Fotografier-Verbots unrechtmäßig zustande gekommen sei. Der Filmbericht suggeriere "unrechtmäßiges Handeln" und stelle die Situation verzerrt dar.
Welche Situation ist gemeint? Rose hatte für die Reportage bei einer Zeitarbeitsfirma angeheuert und wurde an eine Logistikfirma verliehen, die per Werkvertrag mit Daimler verbunden ist. Anschließend wurde der Reporter im Werk Untertürkheim eingesetzt und habe die gleichen Arbeiten ausführen müssen wie reguläre Daimler-Mitarbeiter. Zu einem Stundenlohn, der die Aufstockung des Gehalts durch Hartz IV rechtfertigte. "Damit werde die Produktion des Luxusherstellers durch Steuergelder querfinanziert",
schrieb das "Handelsblatt" seinerzeit.
Diese Konstruktion wäre jedoch rechtlich bedenklich: "Hinsichtlich der Art und Weise der konkreten Tätigkeit gab es zahlreiche Indizien, dass es sich eigentlich um unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung handelt",
wie der Arbeitsrechtler Stefan Sell kritisiert. Daimler hatte den Vorwürfen bereits unmittelbar nach Ausstrahlung der Reportage widersprochen: "Wir bekennen uns ohne Wenn und Aber zu den geltenden Regelungen in Bezug auf Werkverträge und den Einsatz von Fremdarbeitskräften. Verstöße sind für uns nicht akzeptabel. Wir würden diese auch umgehend abstellen", zitierte das "Handelsblatt" Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth.
Nun wird die Sache offenbar vor Gericht ausgefochten: Der "StZ" zufolge findet am 8. Mai ein erster Verhandlungstermin vor dem Stuttgarter Landgericht statt. Bis dahin übt sich der SWR in Zurückhaltung: Sowohl aus
der ARD-Mediathek als auch
von Youtube wurde die Reportage mittlerweile entfernt.
ire