Das BGH hat entschieden: Bauer verliert den jahrelangen Rechtsstreit gegen Presse-Grosso
Und alles bleibt so, wie es jahrzehntelang war – zumindest vorerst: Die Bauer Media Group verliert den seit nunmehr fast fünf Jahren tobenden Rechtsstreit mit dem Bundesverband Presse-Grosso um dessen zentrale Konditionenverhandlungen in letzter Instanz. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat jetzt zwei anderslautende Urteile vorheriger Gerichte aufgehoben und Bauers Klage damit endgültig abgewiesen. Was bedeutet das?
Es geht um die Frage, inwieweit der Grosso-Verband, also die Lobby-Organisation der Presse-Zwischenhändler, mit den Verlagen weiterhin einheitliche Konditionen und Marktstandards für alle rund 60 Grossisten vereinbaren darf. Dieses sogenannte zentrale Verhandlungsmandat des Verbandes hatte die Branche – und gerade auch Bauer als mächtiger verlagsseitiger Verhandlungsführer – über Jahrzehnte erfolgreich praktiziert.
Doch Anfang 2011 hatte Bauer vor dem Landgericht Köln gegen diese Praxis geklagt, wohl weil man sich von
Einzelverhandlungen mit den Grossisten künftig bessere Konditionen versprach. Ein Jahr später hat Bauer Recht bekommen: Die Richter sahen ein wettbewerbsrechtlich unzulässiges Preis- und Konditionenkartell. Der Grosso-Verband hatte daraufhin Berufung eingelegt; diese hat das OLG Düsseldorf im Februar 2014 abgeschmettert und Bauer somit erneut Recht gegeben: Das Verhandlungsmonopol des Verbandes bezwecke eine
horizontale Wettbewerbsbeschränkung, da es einen Rabatt- und Konditionenwettbewerb zwischen den Grossisten und den Verlagen verhindere, so die Richter vor einem Jahr.
Eine Revision des Urteils vor dem BGH hatte das OLG nicht zugelassen. Dagegen hat der Grosso-Verband eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt;
dieser wurde Anfang dieses Jahres stattgegeben. Daraufhin hat der BGH den Fall auf Fehler beim Verfahren und bei der Anwendung deutscher und europäischer
Gesetzesnormen der vorherigen Instanzen geprüft - und aus seiner Sicht solche gefunden (
hier mehr dazu). Deshalb wurden die früheren Pro-Bauer-Urteile nun aufgehoben.
Der Verlag könnte oder müsste nun also erneut klagen – entweder
zivilrechtlich mit einer anderen Begründung als bisher oder
verfassungsrechtlich, mit einem Gang vors Bundesverfassungsgericht, etwa, um das zugrunde liegende Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) anzugreifen. Dann ginge alles nochmal von vorne los.
Andreas Schoo, Konzerngeschäftsleiter bei Bauer, kommentiert vorerst denkbar knapp: "Wir sehen das Urteil als eine Fehlentscheidung an und werden Konsequenzen in den nächsten Tagen prüfen." Jetzt gilt also erstmal wieder oder weiterhin: Vom Grosso-Verband gesteuerte zentrale Vereinbarungen zwischen Verlagen und Grossisten sind möglich. Und der Verband darf seine Mitglieder weiterhin auffordern, individuelle Verhandlungen mit Bauer
zu verweigern, was unbequemen Preiswettbewerb ausschaltet.
Daher begrüßt der Verband das Urteil. Es sei „ein Meilenstein für unsere bunte deutsche Medienlandschaft und sichert den freien Marktzutritt für alle Verlage zu vergleichbaren Bedingungen“, erklärt Grosso-Präsident
Frank Nolte. Nun herrsche wieder Rechtssicherheit.
rp