Rainer Esser: "Lieber mit als über Google reden"
Als Google vergangene Woche seine Digital News Initiative vorstellte, war die Überraschung groß. Obwohl die Verlage mit Google zum Teil auf Kriegsfuß stehen, waren bereits zum Start des 150 Millionen Euro schweren Projekts zur Förderung des digitalen Journalismus namhafte Titel wie "FAZ" und "Zeit" dabei. Nach wenigen Tagen schlossen sich weitere Dickschiffe wie "Spiegel", "Süddeutsche Zeitung" und die Bauer Media Group der Initiative an. Warum die "Zeit" den Schulterschluss mit Google sucht, erklärt Verlagsgeschäftsführer Rainer Esser im Gespräch mit HORIZONT Online.
Herr Esser, warum beteiligen Sie sich an der Digital News Initiative? Die Digitalisierung eröffnet unserer Branche viele neue Chancen, gleichzeitig fordert sie uns mehr denn je heraus. Gefragt sind kreative Ideen und offene Kommunikation zwischen allen Parteien. Die Digital News Initiative kann eine gute Plattform sein, um auf europäischer Ebene in einen Dialog zu treten und Google die Anliegen europäischer Medienhäuser zu vermitteln.
Um guten Onlinejournalismus zu machen, brauchen wir Google nicht.
Rainer Esser
Bedeutet die Digital News Initiative, dass funktionierender digitaler Journalismus ohne Google nicht mehr möglich ist? Nein, überhaupt nicht. Um guten Onlinejournalismus zu machen, brauchen wir Google nicht. Aber die partnerschaftliche Zusammenarbeit bietet uns die Chance, auch risikoreichere Projekte anzugehen und gemeinsam Neues auszuprobieren. Dass Google ein einflussreicher Akteur im digitalen Ökosystem ist, lässt sich nicht leugnen. Wir glauben deshalb, dass es besser ist, mit Google zu reden als immer nur über Google zu reden.
Was erwarten Sie sich von der Kooperation mit Google? Google ist ein sehr dynamisches Technologieunternehmen, von dem die europäischen Verlage viel lernen können. Wir freuen uns auf den gemeinsamen Austausch und sind gespannt, welche Ideen und Innovationen daraus entstehen können. Gleichzeitig hoffen wir, dass wir durch die Gespräche eine Art Europäisierung der Google-Agenda erwirken können. Noch stehen wir aber ganz am Anfang des Dialogs. Google muss sich als guter Partner zeigen und sich intensiv mit unseren Anforderungen auseinandersetzen, damit es sich für die gesamte News-Branche lohnt. Wir bleiben auf Dauer nur dann Mitglied einer Initiative wie der DNI, wenn die Ergebnisse stimmen.
Welches Signal soll Ihrer Ansicht nach von der Initiative an die europäische Verlagsbranche ausgehen, die zu einem Gutteil im Clinch mit Google liegt? Wie gesagt: Wir glauben, dass es sich lohnt, einen konstruktiven Dialog mit Google zu führen. Und wir würden uns freuen, wenn auch andere europäische Medienhäuser sich diesem Dialog anschlössen. Aber jeder einzelne Verlag muss am Ende für sich selbst entscheiden, wie er mit den Herausforderungen der digitalen Welt umgeht. Im Übrigen werden wir uns natürlich auch weiterhin kritisch mit Google auseinandersetzen und nicht aufhören, Googles Aktionen zu hinterfragen.
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